Die deutschen Predigten Meister Eckharts sind ein herausragendes Dokument der spätmittelalterlichen religiösen Literatur. Auf die Frage nach ihrem historischen Publikum hat die Forschung bislang keine befriedigenden Antworten finden können, nicht zuletzt deshalb, weil die Texte selbst sich gegen eine konkrete Verortung sperren. Im Kontext einer kulturwissenschaftlich orientierten Literaturwissenschaft schlägt die vorliegende Arbeit deshalb einen Paradigmenwechsel vor. Mit der Figur des impliziten Adressaten verlagert sie den Blick vom historischen Ort der Predigt auf das in den Texten entworfene Bild ihres Adressaten. In exemplarischen Analysen zeigt sich, dass die Texte in ihrer kommunikativen Dynamik ihr Gegenüber einerseits voraussetzen, andererseits selbst erst hervorbringen. Eckharts Predigten erörtern ihre Lehre nicht nur diskursiv, sondern beziehen sie im Akt der Predigt auf ihren impliziten Adressaten, der mitvollzieht, wovon die Predigt handelt, und sich so selbst als Figur performativer Transformation erweist.
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