Waterstones' Books of the Year Nick McDonell's electrifying novel tells the story of a fictional drug called Twelve and its devastating effects on the beautiful rich and desperate poor of New York City.From page one, this novel pulsates towards its apocalyptic climax. Twelve is cool, cruel and utterly compulsive. Twelve has been adapted for film by Hollywood director Joel Schumacher starring Chace Crawford, Emma Roberts, and 50 Cent. Praise for Twelve 'As fast as speed, as relentless as acid' -- Michiko Kakutani, New York Times 'The hype is all true' --Sunday Telegraph 'Bret Easton Ellis territory...an extraordinary assured debut' --Harper & Queen 'McDonell is an authentic talent and, long after the storms of hype have died away, his novel will endure as a snapshot of his generation' --Observer 'Consistently brilliant... One of the most exciting new writers around' --Independent on Sunday 'A brilliant satirical debut' --Time Out 'A compulsive elegy to wasted, privileged youth, lives up to the hype... lean, elegant and bleakly witty' --Elle
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.07.2003Mit Speed, ohne Tempo
„Zwölf” – der Roman des Teen-Autors Nick McDonell
Es ist kein glücklicher Vorsatz für ein Buch, cool sein zu wollen. Cool sein heißt, sich zu Lebzeiten so unverletzbar zu machen, als wäre man schon tot – eigentlich, aus Angst vor dem Tod vorzeitig zu sterben. Immerhin könnte man eine Welt, in der diese deprimierende Verirrung grassiert, literarisch gestalten. Aber ihren Habitus in die Technik ihrer Beschreibung einfach zu übernehmen, sozusagen cool in cool zu malen, führt in die hoffnungslose Erstarrung; es liefert ein Panoptikum aus Schaufensterpuppen. Was lässt sich da zur Charakterisierung einer neu auftretende Figur sagen? „An diesem Abend trägt sie eine dunkle Hose, die direkt unterhalb der Hüfte sitzt, damit der Bund ihres Slips zu sehen ist, auf dem Calvin Klein steht. Der gerippte Pullover, den sie trägt, betont ihren Körper, zeigt aber keine Haut, außer wenn sie sich streckt, denn dann rutscht der Pullover hoch und man kann ihren Nabel sehen. Sie ist nicht dick, aber sie ist auch nicht spindeldürr. Sie sieht gesund aus.” Nicht dick, aber auch nicht spindeldürr und dabei gesund, diese Eigenheit teilt sie leider mit sämtlichen anderen Girls in Nick McDonells Buch „Zwölf”. Es gibt darin rund ein Dutzend Hauptpersonen, die pausenlos interagieren: „Nachdem Sean Andrew Saras Handynummer gegeben hat –” wie soll man alle diese Zombies nur auseinanderhalten?
Den Plot nachzuerzählen, lohnt sich kaum. White Mike (er wird wirklich jedes einzelne Mal so genannt, als wäre er ein Indianerhäuptling aus dem 19. Jahrhundert) hat die Highschool hinter sich, verspürt aber keine Lust zum Studium oder sonst etwas. Stattdessen betätigt er sich, obwohl er selbst clean bleibt, als Drogenhändler; eine besondere Rolle spielt die neue Droge „Zwölf”, die dem Buch den Titel gibt. Nicht dass er es nötig hätte: Er und alle seine Freunde entstammen selbstverständlich stinkreichen Familien, wo schwarze und hispanische Hausangestellte unauffällig das Frühstück richten, und wer gerade 20000 Dollar braucht, geht schnell mal das mütterliche Collier versetzen. Eltern fehlen ansonsten im Bild fast völlig; die Kids bleiben unter sich, als wären die Peanuts zehn Jahre älter und härter geworden. Affektive Anwandlungen kennen sie zwar auch gelegentlich, aber nur als Regression; in tiefer Verzweiflung umschlingen sie dann ihren sündteuren Riesenteddy.
Über eine ziemlich mühselige Verwirrung der Handlungsstränge landen zum Schluss alle bei einer gigantischen Silvester-Party – einfach zu dem Zweck, dass einer von ihnen plötzlich eine Maschinenpistole zieht und alles niedermäht. Dieses Ende, obwohl einigermaßen überraschend, sei hier dennoch ohne Gewissensbisse verraten. Denn trotz der Rasanz, mit der die Szenen vorüberjagen, bleibt es dem Buch strukturell unmöglich, so etwas wie Spannung aufzubauen. Eine Sache planmäßig voranzutreiben, sich auf etwas zu freuen, und sei es ein Blutbad, wäre ein Mangel an Coolheit. Dialoge gehen darum so: „,Ich hab gehört, dass er ein ziemlicher Wichser ist.‘ ,Bei denen finden die besten Partys statt, hab ich gehört.‘ ,Was?‘ ,Die hier ist eigentlich gar nicht so schlecht. Aber die anderen sind alle gleich wieder da.‘ Sie grinst und Andrew lacht. ,Egal.‘ ,Egal?‘ ,Genau.‘” „Egal” ist auch das letzte Wort, das der Amokläufer zu seiner Umwelt spricht, ehe er loslegt. Irgendwie ist das dann auch egal.
So zu schreiben, so aus einem Guss von Stoff und Stil, ist der wohl unvermeidliche Fehler eines sehr jungen Autors, der sich blind in das stürzt, was ihm am nächsten liegt. Siebzehn sei er gewesen, als das Manuskript fertig war, verkündet der Waschzettel wie eine unerhörte Sensation. Tatsächlich jedoch kehrt der Typus des Wunderkinds, diese leicht perverse Gier nach literarischem Frischfleisch, in Abständen immer wieder, und es kommen auch immer ganz ähnliche Produkte heraus. Haben wirklich schon alle „Die Geheimnisse von Pittsburgh” vergessen? Offenbar.
Das Ganze spielt in einem eigentümlich schalltoten Vakuum. Nicht einmal dem Sperrfeuer der Uzi gelingt es, hörbar zu werden. Was das Buch aber den Leser stumm anfleht mitzuhören, wohl wissend, dass es ohne diese Klangspur verloren ist, das ist die Musik, zu der diese Kids leben. Immer wieder werden einzelne Rock-Verse eingeblendet; und auch wenn man die zugehörigen Songs nicht kennt, versteht man sofort, welche Tragfähigkeit diese einzelnen Zeilen erlangen, sobald an ihrer schmalen Schulter die Schwinge der Musik ansetzt: „Sweet dreams and flying machines in pieces on the ground”, oder: „Oh why do I live this life / hey / must be the money”. Nur in solchen musikbeflügelten Zeilen, allesamt geklaut, gelangen Coolness und wahres Gefühl zum verhohlenen Einklang; hinter der verspiegelten Sonnenbrille rinnt die Träne nieder. Diesen unverzichtbaren Fond, diesen kosmischen Grundton gestaltet das Buch indes nicht – wie könnte es auch! –, den möchte der Leser schon bitte selbst mitbringen. „Du bist geboren in der Hauptstadt der Welt und es gibt kein Entrinnen, das ist so, weil alle wollen, dass es so ist.” Als Literatur bedeutet das bloß ein Stück Existenzialkitsch; als Rock könnte es tragisch werden. Lasst es Rock sein! Der Lakonismus McDonells ist in Wahrheit auf schmarotzerische Weise sentimental. Da Buch und Verfasser diesen Vorwurf vermutlich nicht verstehen würden, so sei er auf andere Weise wiederholt: Uncool ist es.
Der Trab von Nike-Sneakern
Das Buch ist also schlecht, weil es cool sein will; schlechter, weil es das nicht schafft. Am schlechtesten aber wird es, weil dieser immerhin geschmeidige Fisch aus dem Meer des Englischen gehievt und an die Luft des Deutschen gezogen worden ist. Ins falsche Element geraten, lässt er die Flossen hängen und erstickt. Vielleicht stellt es nicht den unsympathischsten Zug der deutschen Sprache dar, dass sie für das wirklich Coole zu sehr in ihrer Umständlichkeit gefangen bleibt. Es ist sozusagen unmöglich, von einem Wort wie „Mädchen” den Tau ganz abzustreifen und ihm völlig die metallische Oberfläche eines „Girls” zu verpassen, wie sie bei Mc Donell auftreten. Auch bekommt das Deutsche es nicht hin, wie das Englische allen komplexen Satzbau, kommalos, in den lockeren Trab von Nike-Sneakern zu verwandeln. Es kann nicht aufhören, die Syntax als eine bauliche Aufgabe zu begreifen, und so steht dann da, die Kühlkette nachhaltig unterbrechend: „Die Geschichte, die sie ihm erzählte, handelte davon, dass sich, wenn über einem Feld in Brasilien ein Schmetterling stirbt und zu Boden stürzt und sich daraufhin eine Maus bewegt oder ein winziger Grashalm krümmt, hier, Tausende Meilen entfernt, alles verändern kann.”
Dieses Monster allerdings geht auf das Konto des Übersetzers, ebenso wie die Stilbrüche („Wenn er ein Wichser ist, fällt das auf dich zurück, Timmy”) und die Unentschiedenheit zwischen den Sprachen, die eine Prep School als „Internat” wiedergibt (was die Sache nicht trifft), aber eine simple Turnhalle als „Rec” (was hierzulande keiner versteht).
BURKHARD MÜLLER
NICK McDONELL: Zwölf. Roman. Aus dem amerikanischen Englisch von Thomas Gunkel. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2003. 231 Seiten, 7,90 Euro.
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„Zwölf” – der Roman des Teen-Autors Nick McDonell
Es ist kein glücklicher Vorsatz für ein Buch, cool sein zu wollen. Cool sein heißt, sich zu Lebzeiten so unverletzbar zu machen, als wäre man schon tot – eigentlich, aus Angst vor dem Tod vorzeitig zu sterben. Immerhin könnte man eine Welt, in der diese deprimierende Verirrung grassiert, literarisch gestalten. Aber ihren Habitus in die Technik ihrer Beschreibung einfach zu übernehmen, sozusagen cool in cool zu malen, führt in die hoffnungslose Erstarrung; es liefert ein Panoptikum aus Schaufensterpuppen. Was lässt sich da zur Charakterisierung einer neu auftretende Figur sagen? „An diesem Abend trägt sie eine dunkle Hose, die direkt unterhalb der Hüfte sitzt, damit der Bund ihres Slips zu sehen ist, auf dem Calvin Klein steht. Der gerippte Pullover, den sie trägt, betont ihren Körper, zeigt aber keine Haut, außer wenn sie sich streckt, denn dann rutscht der Pullover hoch und man kann ihren Nabel sehen. Sie ist nicht dick, aber sie ist auch nicht spindeldürr. Sie sieht gesund aus.” Nicht dick, aber auch nicht spindeldürr und dabei gesund, diese Eigenheit teilt sie leider mit sämtlichen anderen Girls in Nick McDonells Buch „Zwölf”. Es gibt darin rund ein Dutzend Hauptpersonen, die pausenlos interagieren: „Nachdem Sean Andrew Saras Handynummer gegeben hat –” wie soll man alle diese Zombies nur auseinanderhalten?
Den Plot nachzuerzählen, lohnt sich kaum. White Mike (er wird wirklich jedes einzelne Mal so genannt, als wäre er ein Indianerhäuptling aus dem 19. Jahrhundert) hat die Highschool hinter sich, verspürt aber keine Lust zum Studium oder sonst etwas. Stattdessen betätigt er sich, obwohl er selbst clean bleibt, als Drogenhändler; eine besondere Rolle spielt die neue Droge „Zwölf”, die dem Buch den Titel gibt. Nicht dass er es nötig hätte: Er und alle seine Freunde entstammen selbstverständlich stinkreichen Familien, wo schwarze und hispanische Hausangestellte unauffällig das Frühstück richten, und wer gerade 20000 Dollar braucht, geht schnell mal das mütterliche Collier versetzen. Eltern fehlen ansonsten im Bild fast völlig; die Kids bleiben unter sich, als wären die Peanuts zehn Jahre älter und härter geworden. Affektive Anwandlungen kennen sie zwar auch gelegentlich, aber nur als Regression; in tiefer Verzweiflung umschlingen sie dann ihren sündteuren Riesenteddy.
Über eine ziemlich mühselige Verwirrung der Handlungsstränge landen zum Schluss alle bei einer gigantischen Silvester-Party – einfach zu dem Zweck, dass einer von ihnen plötzlich eine Maschinenpistole zieht und alles niedermäht. Dieses Ende, obwohl einigermaßen überraschend, sei hier dennoch ohne Gewissensbisse verraten. Denn trotz der Rasanz, mit der die Szenen vorüberjagen, bleibt es dem Buch strukturell unmöglich, so etwas wie Spannung aufzubauen. Eine Sache planmäßig voranzutreiben, sich auf etwas zu freuen, und sei es ein Blutbad, wäre ein Mangel an Coolheit. Dialoge gehen darum so: „,Ich hab gehört, dass er ein ziemlicher Wichser ist.‘ ,Bei denen finden die besten Partys statt, hab ich gehört.‘ ,Was?‘ ,Die hier ist eigentlich gar nicht so schlecht. Aber die anderen sind alle gleich wieder da.‘ Sie grinst und Andrew lacht. ,Egal.‘ ,Egal?‘ ,Genau.‘” „Egal” ist auch das letzte Wort, das der Amokläufer zu seiner Umwelt spricht, ehe er loslegt. Irgendwie ist das dann auch egal.
So zu schreiben, so aus einem Guss von Stoff und Stil, ist der wohl unvermeidliche Fehler eines sehr jungen Autors, der sich blind in das stürzt, was ihm am nächsten liegt. Siebzehn sei er gewesen, als das Manuskript fertig war, verkündet der Waschzettel wie eine unerhörte Sensation. Tatsächlich jedoch kehrt der Typus des Wunderkinds, diese leicht perverse Gier nach literarischem Frischfleisch, in Abständen immer wieder, und es kommen auch immer ganz ähnliche Produkte heraus. Haben wirklich schon alle „Die Geheimnisse von Pittsburgh” vergessen? Offenbar.
Das Ganze spielt in einem eigentümlich schalltoten Vakuum. Nicht einmal dem Sperrfeuer der Uzi gelingt es, hörbar zu werden. Was das Buch aber den Leser stumm anfleht mitzuhören, wohl wissend, dass es ohne diese Klangspur verloren ist, das ist die Musik, zu der diese Kids leben. Immer wieder werden einzelne Rock-Verse eingeblendet; und auch wenn man die zugehörigen Songs nicht kennt, versteht man sofort, welche Tragfähigkeit diese einzelnen Zeilen erlangen, sobald an ihrer schmalen Schulter die Schwinge der Musik ansetzt: „Sweet dreams and flying machines in pieces on the ground”, oder: „Oh why do I live this life / hey / must be the money”. Nur in solchen musikbeflügelten Zeilen, allesamt geklaut, gelangen Coolness und wahres Gefühl zum verhohlenen Einklang; hinter der verspiegelten Sonnenbrille rinnt die Träne nieder. Diesen unverzichtbaren Fond, diesen kosmischen Grundton gestaltet das Buch indes nicht – wie könnte es auch! –, den möchte der Leser schon bitte selbst mitbringen. „Du bist geboren in der Hauptstadt der Welt und es gibt kein Entrinnen, das ist so, weil alle wollen, dass es so ist.” Als Literatur bedeutet das bloß ein Stück Existenzialkitsch; als Rock könnte es tragisch werden. Lasst es Rock sein! Der Lakonismus McDonells ist in Wahrheit auf schmarotzerische Weise sentimental. Da Buch und Verfasser diesen Vorwurf vermutlich nicht verstehen würden, so sei er auf andere Weise wiederholt: Uncool ist es.
Der Trab von Nike-Sneakern
Das Buch ist also schlecht, weil es cool sein will; schlechter, weil es das nicht schafft. Am schlechtesten aber wird es, weil dieser immerhin geschmeidige Fisch aus dem Meer des Englischen gehievt und an die Luft des Deutschen gezogen worden ist. Ins falsche Element geraten, lässt er die Flossen hängen und erstickt. Vielleicht stellt es nicht den unsympathischsten Zug der deutschen Sprache dar, dass sie für das wirklich Coole zu sehr in ihrer Umständlichkeit gefangen bleibt. Es ist sozusagen unmöglich, von einem Wort wie „Mädchen” den Tau ganz abzustreifen und ihm völlig die metallische Oberfläche eines „Girls” zu verpassen, wie sie bei Mc Donell auftreten. Auch bekommt das Deutsche es nicht hin, wie das Englische allen komplexen Satzbau, kommalos, in den lockeren Trab von Nike-Sneakern zu verwandeln. Es kann nicht aufhören, die Syntax als eine bauliche Aufgabe zu begreifen, und so steht dann da, die Kühlkette nachhaltig unterbrechend: „Die Geschichte, die sie ihm erzählte, handelte davon, dass sich, wenn über einem Feld in Brasilien ein Schmetterling stirbt und zu Boden stürzt und sich daraufhin eine Maus bewegt oder ein winziger Grashalm krümmt, hier, Tausende Meilen entfernt, alles verändern kann.”
Dieses Monster allerdings geht auf das Konto des Übersetzers, ebenso wie die Stilbrüche („Wenn er ein Wichser ist, fällt das auf dich zurück, Timmy”) und die Unentschiedenheit zwischen den Sprachen, die eine Prep School als „Internat” wiedergibt (was die Sache nicht trifft), aber eine simple Turnhalle als „Rec” (was hierzulande keiner versteht).
BURKHARD MÜLLER
NICK McDONELL: Zwölf. Roman. Aus dem amerikanischen Englisch von Thomas Gunkel. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2003. 231 Seiten, 7,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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'Consistently brilliant. Every subtle, thought-provoking poetic moment in this novel fits on top of the last, creating a narrative as precarious and complex as a tower of building blocks. But this tower doesn't fall... One of the most exciting new writers around' Scarlett Thomas Independent on Sunday