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Über das Dandytum ist das noch immer gültige Kultbuch zu einem faszinierenden Thema. Es ist aber auch ein klassisch gewordener Essay: raffinierte biografische Darstellung und Gesellschaftsanalyse in einem, enthält es zugleich eine eigene Dandy- Philosophie. Der erstmals vollständig auf Deutsch erscheinende Text ist voll von Beobachtungen und Aperçus, die ewig Gültigkeit haben. Die vorliegende Ausgabe des zwischen 1845 und 1879 durch mehrmalige Überarbeitung entstanden Essays enthält nicht nur die Biographie George »Beau« Brummells, der mehr als jeder andere die Vorstellung davon geprägt hat,…mehr

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Produktbeschreibung
Über das Dandytum ist das noch immer gültige Kultbuch zu einem faszinierenden Thema. Es ist aber auch ein klassisch gewordener Essay: raffinierte biografische Darstellung und Gesellschaftsanalyse in einem, enthält es zugleich eine eigene Dandy- Philosophie. Der erstmals vollständig auf Deutsch erscheinende Text ist voll von Beobachtungen und Aperçus, die ewig Gültigkeit haben. Die vorliegende Ausgabe des zwischen 1845 und 1879 durch mehrmalige Überarbeitung entstanden Essays enthält nicht nur die Biographie George »Beau« Brummells, der mehr als jeder andere die Vorstellung davon geprägt hat, was ein Dandy ist und der Lord Byron zu der Bemerkung veranlaßte, lieber Brummell gewesen zu sein als Napoleon. Sie enthält auch den noch nie ins Deutsche übertragenen Essay über den Marquis de Lauzun, einen »Dandy bevor es Dandys gab«, dessen tragisch-groteske Liebesgeschichte mit einer Dame aus dem französischen Hochadel nach Barbeys Worten »einen Roman von Stendhal aufwiegt«. Obwohl Barbey d¿Aurevilly behauptete, selbst kein Dandy zu sein, wurde er als solcher wahrgenommen. Unzählige Klatschartikel und Karikaturen haben seine extravaganten Krawatten, Mäntel, Hüte und Manschetten festgehalten. Seine aristokratische Erscheinung war in Paris ebenso legendär wie seine Schlagfertigkeit und die oft vernichtende Schärfe seines Urteils. Der Anhang des Bandes versammelt Zeugnisse von Schriftstellern, die Barbey d¿Aurevilly begegnet sind und ihn als Dandy beschrieben haben.

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Autorenporträt
Jules Barbey d¿Aurevilly (1808-1889) verfasste Romane, Erzählungen, Kritiken und Essays. Bewunderer loben seinen geschliffenen Stil und erfreuen sich an seiner faszinierenden Persönlichkeit. Feinde werfen ihm seine Intoleranz und reaktionäre Haltung vor.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.10.2006

Die befriedigte Eitelkeit macht den Gecken
Frech, aber nicht vulgär: Jules Barbey d'Aurevilly setzt dem Dandytum ein Denkmal / Von Wiebke Hüster

Ein Dandy soll sich nicht nur gut anziehen und sehr gut bewegen, er soll auch etwas im Kopf haben und das geistvoll in einer Runde ausdrücken können. Stumm und dumm darf ein echter Dandy auf keinen Fall sein.

Was ist ein Dandy? Jemand, der sich zur Verschlankung seiner Silhouette in ein Korsett aus Satin zwängt? Weit gefehlt. Ein Dandy war Fürst von Kaunitz erst, als er durch ein Spalier puderquastenbewaffneter Diener schritt, die er an einem zuvor berechneten Parcours an einer Flucht von Zimmern entlang aufgestellt hatte, um seine Perücke farblich aufzufrischen. Er eilte durch die Räume, sie bestäubten sein Haar, bis am Ende der Distanz die gewünschte Schattierung erreicht war.

Um ein Dandy zu sein, darf es einem also weder an Einfällen noch an Dienern mangeln. Reichtum ist Voraussetzung, ohne Geld kommt man mit dem Dandytum nicht sehr weit, aber das Bankkonto allein lehrt niemanden, was denn so erstrebenswert, vorbildlich und zugleich unnachahmlich sei an einer Existenz, deren vornehmstes Ziel es ist, zu gefallen, geliebt, gefürchtet und bewundert zu werden als ein König ohne sichtbares Reich oder ein Künstler ohne ein anderes Werk als er selbst. Was also macht den Dandy? Sich allein um "allmächtige Nichtigkeiten, durch die man nicht nur die Frauen in der Hand hat", zu kümmern.

In einem Buch, dessen Erstausgabe 1844 aus einer Handvoll Exemplaren bestand, die an Freunde des Verfassers verteilt wurden und das mehrere freundliche Rezensionen erhielt, sind alle diese charmanten und bösen Nichtigkeiten aufgezählt. Jules Amédée Barbey d'Aurevillys dann 1861 in höherer Auflage gedruckter Band "Über das Dandytum und George Bryan Brummell" ist eine kleine Theorie des Stutzers. Der Autor hätte sich verwahrt gegen diese Übersetzung seines Gegenstandes ins Deutsche, denn seine erste These lautet: Der Dandy ist unübersetzbar, weil er ein Produkt der englischen Gesellschaft ist. Er grenzt ihn ab gegenüber dem französischen Beau. Auf den Gedanken, in Deutschland nach vergleichbaren männlichen Stil-Ikonen, wie es heute heißt, zu suchen, wäre er wohl nie gekommen. Als hätte es einer weiteren Rechtfertigung dieser Unterlassung bedurft, dauerte es bis 1908, bevor Barbey d'Aurevillys Aufsatz hierzulande erschien. Nun hat man sich erinnert, daß Nachhilfe in Fragen der Gesellschaft und ihrer Moden von französischer Seite nie veralte und der deutschen Erstausgabe eine neue folgen lassen. Gernot Krämer hat das Buch mit zeitgemäßer Eleganz aus dem glänzend spöttischen Französisch übertragen, mit Anmerkungen und einem interessanten Anhang versehen sowie um den Essay "Barbey d'Aurevilly oder das heroische Gespenst" von André Maurois ergänzt.

Darin lernt der Leser Barbey d'Aurevilly kennen als französischen Byron - vom Temperament, nicht vom Schicksal her betrachtet. Maurois weckt Sympathien für einen armen Lohnschreiber und Verehrer einer untergegangenen Eleganz der Manieren, dessen Romanen größere Erfolge zu Unrecht versagt blieben. Er war, sagte Paul Bourget, "mit seinen Fähigkeiten in die falsche Epoche geraten". Aus Stolz und Hochmut zog er sich vor dem ausbleibenden Ruhm in die Einsamkeit des Dandytums zurück. "Er ist in einen Gehrock gekleidet, dessen Schöße seine Hüften verbreitern, als sei darunter eine Krinoline, und trägt eine Hose aus weißer Wolle, bei der es sich anscheinend um eine Flanell-Unterhose mit Fußriemen handelt. In diesem lächerlichen und päderastischen Kostüm steckt ein Herr mit excellenten Manieren, der seine Worte flötet wie jemand, der es gewohnt ist, mit Frauen zu sprechen", schreibt Edmond de Goncourt, den d'Aurevilly dreißig Jahre zuvor einmal furchtbar verrissen hatte, 1885 nach einem Abendessen im privaten Kreis.

Niemand aber, darin stimmen die Literaten überein, habe Barbey d'Aurevilly wegen seiner anachronistischen Kostümierung lächerlich gefunden, so faszinierend war er im Gespräch. Das kann man lesend nachvollziehen. Die Eitelkeit des Dandys, philosophiert er, sei, anders als die exklusiven Gefühle der Liebe und Freundschaft, die sich nur an eine Person richten, auf alle bezogen. Die befriedigte Eitelkeit macht zum Gecken. Nur in England existiere eine "Kraft der Originalität", die aus der Eitelkeit das Dandytum erstehen läßt. Der Dandy ist ein Produkt der englischen Gesellschaft, ihrer Langeweile, ihrer Enge, ihrer Konventionen. Der Dandy will provozieren, nicht rebellieren, er ist frech, nicht vulgär, "er spielt mit der Regel und respektiert sie doch". Als sein Paradebeispiel führt Barbey d'Aurevilly George Bryan Brummell ein, einen zeitweiligen gesellschaftlichen Beherrscher der besten Kreise Englands und Freund des Prinzen von Wales. Er verkörpert die Idee des Dandys deshalb am reinsten, weil er sich ganz auf ihre Durchführung konzentriert und dabei nicht durch zuviel Leidenschaft, unerschöpflichen Reichtum oder wahres Genie abgelenkt wurde.

Den Dandy macht nicht der Anzug, sondern wie er ihn trägt, nicht seine Sätze sind zu überliefern, sondern nur der Geist seiner brillanten Konversation zu erinnern wie ein Duft oder ein Klang. Er ist nonchalant, frech bis zur Majestätsbeleidigung, leichtfertig und gleichmütig. Er erobert die Herzen, ohne daß seines je höher schlüge. Brummell hatte alle in seiner Hand. "Er besaß diese bezaubernde und seltene Vertrautheit, die an alles rührt und nichts entweiht."

Mit diesen Thesen und Impressionen wird deutlich, auf welche Weise die Lektüre Barbey d'Aurevillys reich belohnt. Nicht nur durch Scherze, Bonmots, Definitionen, Bilder aus einem anderen Jahrhundert, kurz, den Anhauch einer fernen Zeit mit unvorstellbar differenzierteren Sitten und Geschmäckern ("Bleibe in einer Gesellschaft, solange du noch keinen Eindruck gemacht hast. Wenn du ihn gemacht hast, geh" - berühmte Dandy-Regel). Sondern durch die Lehre, daß es sich lohnt, die Geschichte zu studieren, bevor man intellektuelle oder habituelle Moden nachahmt in dem Glauben, sie seien originell. So kannte das neunzehnte Jahrhundert unseren vergammelten Grunge-Look bereits: "Eines Tages - wird man es für möglich halten? - haben die Dandys sogar den Einfall gehabt, sich schäbig anzuziehen. Das war genau zu Brummells Zeit." Dazu ließen sie die Stoffe ihrer Anzüge bearbeiten, bis sie abgeschabt aussahen.

Glück, Zufall, Liebe und ein Mann, der im Gesellschaftsspiel "der hellste Stern dieses berühmten Clubs ist" - so wissend um den Platz, den er selbst nie einnehmen durfte, schreibt d'Aurevilly über sein Idol. Am Ende geht es auch mit Brummell, dem Mann ohne offizielle Mätresse, dem prächtigen Champagnertrinker und großen Spieler, nicht gut aus. Die Augen fliegen über die Seiten, während man die Erzählung seines Lebens verfolgt, wie er es sich mit dem Prinzen verdirbt, durch seine Spielsucht in solche Schulden stürzt, daß er nach Frankreich flüchten muß, und wie er dort einsam und arm stirbt. Und sein Erzähler, der französische Dandy-Literat? Er zeigt sich in der dem Essay nachgestellten Erzählung vom französischen Hof "Ein Dandy, ehe es Dandys gab" noch einmal etwas frivoler, wenn er schildert, wie die gequälte Bourbonenprinzessin ihrem Verführer Lauzun verfällt.

Dem Leser aber steht noch Brummells Ende vor Augen. Er stellt sich den alten Barbey d'Aurevilly vor, der spürt, wie die Zeit an ihm vorübergeschritten ist, so wie Léon Bloy ihn beschreibt: "Die Kleider, die er bis zu seinem Tode trug, waren nach seinen präzisen Angaben gefertigt und folgten der Mode einiger Dandys zu einer bestimmten, längst verflossenen Minute der Geschichte, die sich, wie ich annehme, zwischen dem dritten Duell des Hauptmanns d'Arpentigny und dem Tod des großen Balzac ereignet hatte."

Man braucht dieses Buch so sehr wie Hauskleidung mit einem Kopftuch und Wollhosen mit Fußriemen. Warum man ihm trotzdem freundliche Aufnahme wünscht? Vielleicht auch weil der Verfasser, wie Léon Daudet schreibt, "voller Nachsicht und Güte gegen die fleißigen und ärmlichen kleinen Schreiber, die ihren beschwerlichen Weg im Journalismus gingen", war.

Bleibt eine Frage: Wieso bloß schreibt man die Dandys auch im Plural mit y?

Jules A. Barbey d'Aurevilly: "Über das Dandytum". Aus dem Französischen von Gernot Krämer. Verlag Matthes & Seitz Berlin, Berlin 2006. 176 S., geb., 19,80 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Hocherfreut zeigt sich Wiebke Hüster über die Wiederentdeckung dieses Klassikers über das Dandytum von Jules Barbey d'Aurevilly. Die schöne Ausstattung des Bandes mit seinen Anmerkungen und dem aufschlussreichen Anhang haben ihr ebenso gefallen wie Gernot Krämers gelungene Übersetzung des Texts. Besonders lobt sie den beigefügten Essay von Andre Maurois, der dem Leser den Autor, einem erfolglosen Schriftsteller, veritablen Dandy und mitreißenden Gesprächspartner, näher bringt. Von dessen mit Impressionen, Scherzen und Bonmots gespickten Ausführungen über das Dandytum ist Hüster sichtlich entzückt. Sie vermitteln ihres Erachtens nicht nur den Hauch einer "fernen Zeit mit unvorstellbar differenzierten Sitten und Geschmäckern", sondern lehren auch, dass es sich lohne, die Geschichte zu studieren, "bevor man intellektuelle oder habituelle Moden nachahmt in dem Glauben, sie seien originell".

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