Warum soll der Freitod gegen Gottes Gesetz verstoßen, da er in der Welt geschieht und doch kein "erschaffenes Wesen ... die Ordnung der Welt stören" kann? Und wie soll die Seele unsterblich sein, wo doch "alles zwischen Seele und Körper gemeinsam" ist, also "die Existenz des einen von der Existenz des anderen" abhängt? Zwei scharfsinnige, ja ketzerische Beiträge des schottischen Philosophen zu existentiellen Fragen.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.06.2018NEUE TASCHENBÜCHER
Gottlos? David Hume
über den Freitod
So stellt man ihn sich vor, den Aufklärer: unbestechlich geltenden Dogmen widersprechend. Der Philosoph David Hume wagte es Mitte des 18. Jahrhunderts, „den Menschen wieder in sein ihm angeborene Freiheit einzusetzen, indem wir sämtliche üblichen Argumente gegen den Freitod überprüfen“. Sein Hauptgedanke lautet: Die Selbsttötung greife nicht in die göttliche Vorsehung ein, weil sie doch selbst Teil dieser Vorsehung sein müsse. Der Suizid ist ein Eingriff in die Natur? Dann wäre es, schreibt Hume, auch „gottlos, Häuser zu bauen, den Boden zu bestellen oder den Ozean zu befahren“. In seinem Einsatz für die Vernunft ignoriert Hume zwar ethische Einwände gegen den Selbstmord wie die Verpflichtung gegenüber den Angehörigen oder die Absolutheit der Menschenwürde, wie sie Humes Bewunderer Immanuel Kant postulieren wird; lesenswert ist seine Argumentation dennoch. Der Essay „Of Suicide“ wurde zu Humes Lebzeiten nicht gedruckt, ebenso wenig wie sein Angriff auf die Unsterblichkeit der Seele: „Nichts in dieser Welt währt unendlich.“ Jetzt gibt es beide in neuer deutscher Übersetzung mit Erklärungen. JOHAN SCHLOEMANN
David Hume: Über den Freitod. Über die Unsterblichkeit der Seele. Aus dem Englischen von Holger Hanowell.
Reclam Verlag, Stuttgart 2018. 64 Seiten, 6 Euro.
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Gottlos? David Hume
über den Freitod
So stellt man ihn sich vor, den Aufklärer: unbestechlich geltenden Dogmen widersprechend. Der Philosoph David Hume wagte es Mitte des 18. Jahrhunderts, „den Menschen wieder in sein ihm angeborene Freiheit einzusetzen, indem wir sämtliche üblichen Argumente gegen den Freitod überprüfen“. Sein Hauptgedanke lautet: Die Selbsttötung greife nicht in die göttliche Vorsehung ein, weil sie doch selbst Teil dieser Vorsehung sein müsse. Der Suizid ist ein Eingriff in die Natur? Dann wäre es, schreibt Hume, auch „gottlos, Häuser zu bauen, den Boden zu bestellen oder den Ozean zu befahren“. In seinem Einsatz für die Vernunft ignoriert Hume zwar ethische Einwände gegen den Selbstmord wie die Verpflichtung gegenüber den Angehörigen oder die Absolutheit der Menschenwürde, wie sie Humes Bewunderer Immanuel Kant postulieren wird; lesenswert ist seine Argumentation dennoch. Der Essay „Of Suicide“ wurde zu Humes Lebzeiten nicht gedruckt, ebenso wenig wie sein Angriff auf die Unsterblichkeit der Seele: „Nichts in dieser Welt währt unendlich.“ Jetzt gibt es beide in neuer deutscher Übersetzung mit Erklärungen. JOHAN SCHLOEMANN
David Hume: Über den Freitod. Über die Unsterblichkeit der Seele. Aus dem Englischen von Holger Hanowell.
Reclam Verlag, Stuttgart 2018. 64 Seiten, 6 Euro.
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