Thomas von Aquin ist ohne Zweifel der alles überragende Theologe und Philosoph des Mittelalters. Im 13. Jahrhundert entwickelte sich mit dem Entstehen der ersten Universitäten die "Intelligenz" als relativ autonome und revolutionäre gesellschaftliche Größe. Über den Umweg arabischer Philosophen wurde dem Abendland Aristoteles neu erschlossen. In diesem geistigen Klima schuf der Dominikanermönch Thomas ein umfassendes philosophisches und theologisches System, das völlig neue Denkwege eröffnete. Bei Thomas zeichnet sich bereits jene "anthropozentrische Denkform" ab, die in der europäischen Moderne zum Durchbruch kam. In 29 sogenannten Quaestiones disputatae behandelt Thomas von Aquin hier unter dem Begriff der Wahrheit alle großen Themen seiner Philosophie und Theologie: die Frage nach dem Sein, nach der Erkenntnisfähigkeit des Menschen, nach der Dreieinigkeit Gottes, nach Gnade, Vorsehung, Rechtfertigung und Glaube … Die Schrift geht auf öffentliche akademische Streitgespräche zurück, die Thomas von Aquin in Paris veranstaltete. Die Kunst der scholastischen Disputation, die an vorgebrachten Einwänden die eigenen Thesen schärft und verfeinert, ist hier besonders lebendig nachvollziehbar. Wer sich den "ganzen" Thomas erschließen will, der tut es am besten mit dieser Schrift! Keine Geringere als die Märtyrerphilosophin Edith Stein hat den Text unübertroffen ins Deutsche übersetzt.