Wenn alle auf Sommerfrische gehen – warum nicht auch das Kabarett? Schließlich braucht es auch an heißen Tagen sein Publikum: Und so begannen die Kabarettisten etwa an der Wende zum zwanzigsten Jahrhundert, den situierten, gutbürgerlichen Leuten aus der Stadt aufs Land nachzureisen. Es ist ein bisher sowohl von der wissenschaftlichen Forschung als auch von der Memoirenliteratur größtenteils ausgeblendetes Kapitel, das die Leiterin des Österreichischen Kabarettarchivs, Iris Fink, und der Autor, Schauspieler und Rundfunkjournalist Roland Knie hier beispielhaft aufgearbeitet haben: Warum welche Unterhaltungskünstler in welchen Sommerfrischen, Kurorten, Kurtheatern oder sonstigen Sommerbühnen auftraten; und in welchem historischen und soziokulturellen Kontext sich solch urbane Phänomene in ländlicher Umgebung doch recht nachhaltig einnisten konnten. In loser Kapitelfolge, wie sich´s beim Kabarett gehört, geht es auf den Spuren der Sommerfrischler von Wien nach Graz und Bad Gleichenberg, zu den Kärntner Seen und, natürlich, ins Salzkammergut, zum Kaiser und zum "Weißen Rössl" mit seinen parodistischen Folgen. Der zeitliche Bogen spannt sich von der ersten Überbrettl-Parodie um 1900 über die Wiener Kleinkunstbühnen der Dreißigerjahre bis zu den späten Sommerfrischen-Späßen des Maxi Böhm, viele heute Vergessene und vieles nach wie vor Bemerkenswerte einschließend. Kurzum: Eine sowohl nachdenkliche als auch unterhaltsame, vor allem aber authentische "Überlandpartie", wie sie Hermann Leopoldi und Betja Milskaja ja schon 1931 so eindrücklich besingen.