Gustav Perle ist ein zurückhaltender Mann. Er wuchs in den 1940er-Jahren allein bei seiner Mutter Emilie in ärmlichen Verhältnissen im schweizerischen Matzlingen auf - und schon damals hat er gelernt, nicht zu viel vom Leben zu wollen. Als Anton in seine Klasse kommt, ein Junge aus einer
kultivierten jüdischen Familie, hält mit ihm auch das Schöne in Gustavs Leben Einzug. Anton spielt Klavier und…mehrGustav Perle ist ein zurückhaltender Mann. Er wuchs in den 1940er-Jahren allein bei seiner Mutter Emilie in ärmlichen Verhältnissen im schweizerischen Matzlingen auf - und schon damals hat er gelernt, nicht zu viel vom Leben zu wollen. Als Anton in seine Klasse kommt, ein Junge aus einer kultivierten jüdischen Familie, hält mit ihm auch das Schöne in Gustavs Leben Einzug. Anton spielt Klavier und seine Familie nimmt Gustav sonntags mit zum Eislaufen. Emilie sieht das nicht so gerne, lebt sie doch in der Überzeugung, dass die Bereitschaft ihres verstorbenen Mannes, jüdischen Flüchtlingen zu helfen, letztlich ihr gemeinsames Leben ruiniert hat. Doch Anton ist alles, was Gustav braucht, um glücklich zu sein.
Das Buch ist in drei Teile eingeteilt. Im ersten Teil, ab 1947, wird über die Jungen Gustav und Anton erzählt. Wie sie sich in der Vorschule kennenlernen und sich anfreunden. Im zweiten Teil, vor Gustavs Geburt, wird dargestellt, wie Emilie ihren Mann kennenlernt und was alles geschieht, bevor Gustav geboren wird. Diesen Teil fand ich den interessantesten, weil man viele Informationen bekam, die man im ersten Teil hinterfragt hat. Im dritten Teil geht es um die Erwachsenen, 40- und 50-jährigen Gustav und Anton, was sie erreicht haben, wie sie ihr Leben verbringen.
Gustav tut einem schon im ersten Teil dieses Romans leid. Er buhlt um die Liebe seiner Mutter, tut alles dafür, doch Emilie kann ihrem Sohn nicht die Liebe schenken, die er sich so ersehnt. Sie ist eine kaltherzige und emotionslose Frau, vermutlich da sie selbst in einer kalten und lieblosen Atmosphäre bei einer Mutter aufwuchs, die niemals ein Kind haben wollte. Einen Vater für Emilie gab es nicht, ihr Erzeuger hat früh das Weite gesucht und hinterließ eine verbitterte und wütende Frau, die Mutter von Emilie.
"Dennoch dachte er sehr oft an seine Kindheit. Und jedes Mal ergriff ihn eine Traurigkeit, die absolut und umfassend zu sein schien - als könne kein Kummer der Welt ihn noch einmal so heftig treffen. Diese Traurigkeit legte sich wie ein grauer Dämmer um seine alte Kindheitsvorstellung, dass er selbst unsichtbar sei: die quälende Erinnerung daran, dass der Knabe Gustav immerzu versucht hatte, sich ins Licht zu rücken, damit seine Mutti ihn besser sah. Aber sie hatte ihn nie wirklich gesehen. Sie hatte sich für die Person, die er war, im Grunde blind gestellt."
Gustav lernt in der Vorschule Anton kennen. Die beiden freunden sich an und Gustav liebt Anton, wie er selbst betont. Anton möchte ein ruhmreicher und erfolgreicher Pianist werden, seine Eltern und Gustav unterstützen ihn in vollem Maße, aber Anton kann nicht vor großem Publikum spielen, seine Nerven versagen. Anton benutzt Gustav eigentlich auch nur für seine eigenen Zwecke, er ist kein liebender und guter Freund. Aber Gustav hält an Anton fest, auch als dieser in eine andere Stadt geht, um endlich doch noch Erfolg zu haben.
Der Schreibstil war anspruchsvoll und nicht immer ganz flüssig, dennoch war die Geschichte um Gustav interessant, melancholisch und mitfühlend geschrieben. Sie hat mich sehr nachdenklich gemacht und traurig darüber, dass Menschen ihr Leben lang nach Liebe buhlen, die nicht vorhanden ist und viele Menschen einfach nicht das geben können, was andere sich von ihnen wünschen.
Fazit:
Ein sehr schöner, melancholischer und interessanter Roman, der mich sehr berührt und nachdenklich hinterlassen hat.