Nina ist ein ganz normaler Teenie. Aber viele aus ihrem Umfeld lassen sie etwas anderes spüren. Denn Nina sitzt seit anderthalb Jahren nach einem Reitunfall im Rollstuhl. Eigentlich kommt sie mit der Situation ganz gut zurecht. Das, was nervt, sind die mitleidigen Blicke, die unüberwindbaren Hindernisse auf Straßen und in Gebäuden und die Überfürsorge ihrer Mutter. Zu allem Überfluss wird ihr dann auch noch an der neuen Schule von ihren Mitschülern Fabian und Max das Leben schwer gemacht. Doch nach einem sportlichen Kräftemessen kommt alles anders: Fabian ist ohne seine Clique richtig nett zu Nina und er beginnt sogar, sie für das Skateboard-Fahren zu begeistern. Gemeinsam entdecken sie auf YouTube die Welt von WCMX: Skaten im Rollstuhl. Nina ist Feuer und Flamme! Heimlich übt sie mit Fabian für den nächsten Wettkampf. Der Kick ist super, die Anerkennung durch die anderen Skater großartig – bis Nina ihren Rollstuhl schrottreif fährt … • Ruth Byrne gelingt ein kleines Meisterstück – authentisch erzählt mit viel Tempo • Ein spannendes Sportlerbuch • Großartige Unterhaltungsliteratur für Teenies, aber kein Mainstream! • »Skaten im Rollstuhl bedeutet Freiheit und hat mir nach meinem Unfall sehr geholfen. Ich glaube, dass dieses Buch und diese Geschichte auch anderen helfen kann, den Rollstuhl zu akzeptieren.« David Lebuser (Professioneller Rollstuhlskater)
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.04.2022Eine Hürde, kein Hindernis
Ruth Anne Byrne schildert ein Leben im Rollstuhl
Erst wird der Weg etwas abschüssig, dann folgen ein, zwei unauffällige Stufen, und weiter geht es ganz normal: Was für die meisten Menschen problemlos zu bewältigen ist, stellt Personen mit Gehbehinderung vor große Schwierigkeiten. In Ruth Anne Byrnes Kinderbuch "Ungebremst" schafft es die dreizehnjährige Nina bloß wegen zwei kleiner Stufen in der Gasse nicht mehr allein zur Schule. Nach einem Reitunfall vor anderthalb Jahren reagieren die Nerven von ihrem unteren Rücken an abwärts nicht mehr. Doch Nina ist nicht gewillt, sich davon aufhalten zu lassen. Auch nicht von den blöden Witzen über ihre Situation im Rollstuhl, die ihre Mitschüler Fabian und Max so lustig finden: "Wie ist das eigentlich so, wenn man auf Augenhöhe nur Hinterteile sieht?" Nina möchte das Leben eines ganz normalen Teenies führen.
Sie hat wie viele Jugendliche ein volles Programm, geht zum Basketball-Training und zur Therapie. Auf die Unterstützung ihrer Eltern kann sie zählen. Familie Sprung ist extra umgezogen, weil Nina auf eine barrierefreie Schule wechseln musste. Und damit sie sich mehr um die Tochter kümmern kann, hat ihre Mutter die Arbeitszeit reduziert. Ruth Anne Byrnes Darstellung der Eltern wirkt ein wenig hölzern und stereotyp - die Mutter kümmert sich im Alltag rund um die Uhr um Nina und erscheint durch ihre besorgten Nachfragen häufig strenger als der großzügige Vater. Eigentlich kommen beide aber gut miteinander aus. Auch mit dem großen Bruder Daniel versteht sich Nina zum Glück bestens, und an der neuen Schule hat sie mit Fiona schnell eine gute Freundin gefunden.
Eines Tages braucht die coole Nervensäge Fabian Ninas Hilfe und verhält sich wie ausgewechselt ihr gegenüber. Der Junge mit den Stirnfransen bis zur Nasenspitze gefällt ihr langsam immer besser. Er ist begeisterter Skater, und sie erfährt, dass es den Sport auch in einer Rollstuhl-Variante gibt: WCMX. Jugendliche auf der ganzen Welt filmen einander beim Wheelchair Motocross und veröffentlichen die Videos auf Youtube. Auch in Deutschland gibt es eine wachsende Szene. Erst zaghaft, dann immer mutiger probiert Nina im Skaterpark Rampe für Rampe aus. Schon bald ist sie mit ihrem türkisfarbenen Rollstuhl, mit Fahrradhelm, Knie- und Ellenbogenschonern hier Stammgast. Bisher unüberwindbare Barrieren im Alltag sieht sie durch das Chairskating jetzt gelassen: "Eine Hürde, aber kein Hindernis!"
Bloß ihre Mutter darf nichts von Ninas neuem Vergnügen wissen. Das geht eine Zeit lang gut, auch ohne Spezialausrüstung, bis Ninas gewöhnlicher Rollstuhl bei einem Sturz zu Bruch geht. Zu gefährlich? Das Mädchen will sich das Skaten nicht verbieten lassen, schon gar nicht jetzt, steht doch in wenigen Wochen dieser WCMX-Wettbewerb in der Nachbarstadt an, von dem Fabian erzählt hat. In ihrer Notlage wird Nina vom Einfallsreichtum ihrer Freunde überrascht.
Ruth Anne Byrnes jugendliche Heldin ist eine sympathische Protagonistin, die sich trotz Rollstuhl keine Sonderbehandlung wünscht. Die spannende Geschichte von "Ungebremst" vermeidet den moralischen Zeigefinger ebenso wie naheliegende Klischee- und Mitleidsfallen. Nina ist eine ganz normale Dreizehnjährige, die Spaß an einem neuen Sport findet, erste zarte Gefühle für ihren Mitschüler entwickelt und außerdem bitte nicht mehr von ihrer Mutter kontrolliert werden möchte. Auf den Wunsch des Teenagers nach mehr Selbständigkeit und auf andere altersübliche Themen wie (Cyber-)Mobbing und Eifersucht ermöglicht Ninas Handicap jungen Lesern einen ungewohnten Blick.
Das Buch schildert unverkrampft den Alltag von Kindern und Jugendlichen im Rollstuhl und beschönigt nichts. Die Geschichte von Nina zeigt, wie radikal sich das Leben durch eine Querschnittslähmung ändert, aber auch, welche Bedeutung die tatkräftige Unterstützung durch Familie, Freunde und Schule hat. Nicht zuletzt Ninas Lebensfreude und ihr Mut machen "Ungebremst" zur charmanten Lektüre. JEANETTE SCHÄFER
Ruth Anne Byrne: "Ungebremst".
Roman. Tulipan Verlag, München 2022. 184 S., geb., 15,- Euro. Ab 11 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Ruth Anne Byrne schildert ein Leben im Rollstuhl
Erst wird der Weg etwas abschüssig, dann folgen ein, zwei unauffällige Stufen, und weiter geht es ganz normal: Was für die meisten Menschen problemlos zu bewältigen ist, stellt Personen mit Gehbehinderung vor große Schwierigkeiten. In Ruth Anne Byrnes Kinderbuch "Ungebremst" schafft es die dreizehnjährige Nina bloß wegen zwei kleiner Stufen in der Gasse nicht mehr allein zur Schule. Nach einem Reitunfall vor anderthalb Jahren reagieren die Nerven von ihrem unteren Rücken an abwärts nicht mehr. Doch Nina ist nicht gewillt, sich davon aufhalten zu lassen. Auch nicht von den blöden Witzen über ihre Situation im Rollstuhl, die ihre Mitschüler Fabian und Max so lustig finden: "Wie ist das eigentlich so, wenn man auf Augenhöhe nur Hinterteile sieht?" Nina möchte das Leben eines ganz normalen Teenies führen.
Sie hat wie viele Jugendliche ein volles Programm, geht zum Basketball-Training und zur Therapie. Auf die Unterstützung ihrer Eltern kann sie zählen. Familie Sprung ist extra umgezogen, weil Nina auf eine barrierefreie Schule wechseln musste. Und damit sie sich mehr um die Tochter kümmern kann, hat ihre Mutter die Arbeitszeit reduziert. Ruth Anne Byrnes Darstellung der Eltern wirkt ein wenig hölzern und stereotyp - die Mutter kümmert sich im Alltag rund um die Uhr um Nina und erscheint durch ihre besorgten Nachfragen häufig strenger als der großzügige Vater. Eigentlich kommen beide aber gut miteinander aus. Auch mit dem großen Bruder Daniel versteht sich Nina zum Glück bestens, und an der neuen Schule hat sie mit Fiona schnell eine gute Freundin gefunden.
Eines Tages braucht die coole Nervensäge Fabian Ninas Hilfe und verhält sich wie ausgewechselt ihr gegenüber. Der Junge mit den Stirnfransen bis zur Nasenspitze gefällt ihr langsam immer besser. Er ist begeisterter Skater, und sie erfährt, dass es den Sport auch in einer Rollstuhl-Variante gibt: WCMX. Jugendliche auf der ganzen Welt filmen einander beim Wheelchair Motocross und veröffentlichen die Videos auf Youtube. Auch in Deutschland gibt es eine wachsende Szene. Erst zaghaft, dann immer mutiger probiert Nina im Skaterpark Rampe für Rampe aus. Schon bald ist sie mit ihrem türkisfarbenen Rollstuhl, mit Fahrradhelm, Knie- und Ellenbogenschonern hier Stammgast. Bisher unüberwindbare Barrieren im Alltag sieht sie durch das Chairskating jetzt gelassen: "Eine Hürde, aber kein Hindernis!"
Bloß ihre Mutter darf nichts von Ninas neuem Vergnügen wissen. Das geht eine Zeit lang gut, auch ohne Spezialausrüstung, bis Ninas gewöhnlicher Rollstuhl bei einem Sturz zu Bruch geht. Zu gefährlich? Das Mädchen will sich das Skaten nicht verbieten lassen, schon gar nicht jetzt, steht doch in wenigen Wochen dieser WCMX-Wettbewerb in der Nachbarstadt an, von dem Fabian erzählt hat. In ihrer Notlage wird Nina vom Einfallsreichtum ihrer Freunde überrascht.
Ruth Anne Byrnes jugendliche Heldin ist eine sympathische Protagonistin, die sich trotz Rollstuhl keine Sonderbehandlung wünscht. Die spannende Geschichte von "Ungebremst" vermeidet den moralischen Zeigefinger ebenso wie naheliegende Klischee- und Mitleidsfallen. Nina ist eine ganz normale Dreizehnjährige, die Spaß an einem neuen Sport findet, erste zarte Gefühle für ihren Mitschüler entwickelt und außerdem bitte nicht mehr von ihrer Mutter kontrolliert werden möchte. Auf den Wunsch des Teenagers nach mehr Selbständigkeit und auf andere altersübliche Themen wie (Cyber-)Mobbing und Eifersucht ermöglicht Ninas Handicap jungen Lesern einen ungewohnten Blick.
Das Buch schildert unverkrampft den Alltag von Kindern und Jugendlichen im Rollstuhl und beschönigt nichts. Die Geschichte von Nina zeigt, wie radikal sich das Leben durch eine Querschnittslähmung ändert, aber auch, welche Bedeutung die tatkräftige Unterstützung durch Familie, Freunde und Schule hat. Nicht zuletzt Ninas Lebensfreude und ihr Mut machen "Ungebremst" zur charmanten Lektüre. JEANETTE SCHÄFER
Ruth Anne Byrne: "Ungebremst".
Roman. Tulipan Verlag, München 2022. 184 S., geb., 15,- Euro. Ab 11 J.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensentin Jeanette Schäfer bewundert den Lebensmut der Protagonistin in Ruth Anne Byrnes Kinderbuch über ein Mädchen im Rollstuhl. Dass Byrne ihre starke Heldin als ganz normalen Teenager darstellt, Klischees und den moralischen Zeigefinger vermeidet und der Leserin dennoch eine etwas andere Perspektive auf Themen wie Mobbing und Eifersucht ermöglicht, findet Schäfer gut, auch wenn die vorbildlichen Eltern im Buch auf sie doch ein bisschen stereotyp wirken.
© Perlentaucher Medien GmbH
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