Ein Bertold Brecht-Zitat zum Einstieg, das ist schon mal gut!
Mainheim, 1972: Umweltprobleme und 'coming of age' von Caro, Minka und Guy, dem vietnamesischen Jungen (Sohn eines Generals, er und die Mutter entkamen dem Vietnamkrieg). Die Bürgermeistertochter, die Schokoladenprinzessin und quakende
Frösche. Caro, die gerne mit Guy schwimmen geht, doch vor Minka das nicht zugibt. Und wie sie auf…mehrEin Bertold Brecht-Zitat zum Einstieg, das ist schon mal gut!
Mainheim, 1972: Umweltprobleme und 'coming of age' von Caro, Minka und Guy, dem vietnamesischen Jungen (Sohn eines Generals, er und die Mutter entkamen dem Vietnamkrieg). Die Bürgermeistertochter, die Schokoladenprinzessin und quakende Frösche. Caro, die gerne mit Guy schwimmen geht, doch vor Minka das nicht zugibt. Und wie sie auf einmal am Hessendamm sind, der neu gebauten Straße, stellen sie dort fest, dass die Kröten überfahren werden. Sie retten die Kröten, sperren die Straße ab. Eine Aktion zusammen mit ihrer Lehrerin, die auch in einem Auto saß, was die Jugendliche stoppten... Schließlich gehen die zwei Mädchen und Guy, der vietnamesische Junge, wieder schwimmen.
Es ist die Zeit des 'konstruktiven Mißtrauenvotums' gegen Kanzler Willy Brandt. Die Zehnjährigen können mit dem Begriff nichts anfangen, aber diskutieren es. Gekränkt geht Guy zum (neuen) Sprungbrett, weil ihn die Mädchen nicht mitdiskutieren lassen. Er springt und weil mit dem neuen Brett alles anders ist, fällt er gegen den Betonrand, verletzt sich und geht unter. Von den beiden Mädchen in letzter Minute gerettet, wird Guy zum Krankenhausfall. Im Städtchen Mainheim wird der Vorfall zum Gerede, der Bürgermeister und der Schokoladenfabrikdirektor werden durch ‚den Kakao gezogen‘.
Gleichzeitig kommen neue vietnamesische Mädchen in das Kinderheim des Ortes an, unter ihnen Claire. Dort werden Versuche an ihnen durchgeführt. Caro bekommt ein Kaninchen (aus einer Tierversuchsfarm). Das Schicksal von Tieren auf Versuchsfarmen wird problematisiert. Die später von ihren Lebensgefährten ermordete Petra Kelly, eine Ikone der Grünenbewegung, tritt auf und eine neue Regierung wird gebildet, indem der charismatische Willy Brandt abgewählt wird.
Die Charaktere der Minka (später dann ‚Mitglied in einer Kommune‘ und Parteimitglied der Grünen), Caro, die Journalistin wird, die super intelligente Claire und der sympathische Guy, sind sehr feinfühlig gewählt und dargestellt.
Durch den Roman „Unser kostbares Leben“ werden die Erinnerungen an die super aktiven 1970er Jahre wieder hervor gekramt. Die Politik mit ihren damals unverwüstlichen Netzwerken und Seilschaften, die sich gegen progressive Strömungen stellte. Wie wir im Südwesten das einzige Kernkraftwerk, das nie gebaut werden durfte, verhindert haben. Wie wir damals schon viel über Umweltzerstörung lernten und viele von uns bis heute aktiv sind um den Blauen Planeten zu retten. Die Friedensdemonstrationen. Unser Glaube daran, dass es möglich wäre vieles zu ändern. Das Buch des ‚Club of Rome‘. Ein Ministerpräsident mit Nazi-Vergangenheit wird durch das Volk abgesetzt. Stammheim...
Auch die Experimente an Heimkindern mit Psychopharmaka, wie im Buch beschrieben, ist etwas, was eben auch erst in jüngster Zeit diskutiert wird, ähnlich wie die Millionenfache Verschickung von ärmeren Kindern in der Nachkriegszeit als Gesundheitsmaßnahme getarnt, jedoch nur Geschäftemacherei.
Das Buch war mein Wunschbuch, weil es Teil meiner eigenen Geschichte ist. Eine dicke Leseempfehlung, es ist sehr gut zu lesen und voller Dynamik. Das Titelbild ist schlicht – drei Mädchen sitzen mit dem Rücken zum Betrachtenden auf der Motorhaube eines Autos der Zeit - und trotzdem ein Hingucker.
'Unser kostbares Leben', Katharina Fuchs, Droemer Verlag (Katharina Sulzbach hat unter ihrem Mädchenname Fuchs mehrere Bücher zu der Lebensgeschichte ihrer Großmütter und ihrer Mutter geschrieben, die es alle auf die Bestseller Liste des Spiegels geschafft haben)