Who wants to live forever?
Drei Männer verschwinden spurlos auf der MS Rjúkandi, einer Nordatlantikfähre. Zwei Frauen machen sich auf den Weg, um nach ihren verschollenen Freunden zu suchen – und sie besteigen das Schiff nach Island in der festen Überzeugung, bald wieder zu Hause zu sein. Aber schon in den ersten Tagen an Bord fallen ihnen merkwürdige Dinge und die seltsame Atmosphäre auf: Die Crew ist überirdisch gutaussehend, der Kapitän scheint bei aller Erhabenheit und Coolness stets einen Sack voll Schuld mit sich herumzuschleppen, und was zur Hölle ist eigentlich mit der Barfrau los?
In unnachahmlicher Lakonie erzählt Simone Buchholz von Freundschaft und Liebe, von der Endlichkeit des Lebens und der Unendlichkeit des Ozeans, und von Iva und Malin, die sich plötzlich in einer Parallelwelt ohne Ausgang wiederfinden, in der alles, was sie im Leben für wichtig hielten, plötzlich nicht mehr zählt.
Drei Männer verschwinden spurlos auf der MS Rjúkandi, einer Nordatlantikfähre. Zwei Frauen machen sich auf den Weg, um nach ihren verschollenen Freunden zu suchen – und sie besteigen das Schiff nach Island in der festen Überzeugung, bald wieder zu Hause zu sein. Aber schon in den ersten Tagen an Bord fallen ihnen merkwürdige Dinge und die seltsame Atmosphäre auf: Die Crew ist überirdisch gutaussehend, der Kapitän scheint bei aller Erhabenheit und Coolness stets einen Sack voll Schuld mit sich herumzuschleppen, und was zur Hölle ist eigentlich mit der Barfrau los?
In unnachahmlicher Lakonie erzählt Simone Buchholz von Freundschaft und Liebe, von der Endlichkeit des Lebens und der Unendlichkeit des Ozeans, und von Iva und Malin, die sich plötzlich in einer Parallelwelt ohne Ausgang wiederfinden, in der alles, was sie im Leben für wichtig hielten, plötzlich nicht mehr zählt.
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Unter dem Hashtag Segelsexbuch firmiert das Buch auf Twitter, ein Buch voller Wünsche und (Alb-)Träume, klärt uns Rezensentin Eva Behrendt auf. Und voller Meer und Schiffe. Protagonistin Iva begibt sich mit ihrer Freundin Malin auf eine Reise mit einer Autofähre, um deren vermissten Freund zu suchen. In diese Rahmenhandlung mischen sich bald fantastische Elemente, inklusive Jungbrunnen, der nach anfänglicher Begeisterung doch zum gruseligen Albtraum wird, fährt die Kritikerin fort. "Unsterblichkeit als Horrorvision" ist für die Rezensentin ein spannendes Konzept, das ihr dann aber in Buchholz' Roman noch nicht ganz auserzählt scheint, ein bisschen mehr Tiefe hätte ihr gefallen. Sie lobt dafür die Sprache der Autorin, die sei jung und echt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.12.2022Kreuzfahrt
ins Glück
Nach dem #Bärensexbuch ist vor dem
#Segelsexbuch: Wie Hashtags Simone Buchholz’
Roman und einen kanadischen Klassiker
erfolgreich machten
VON CHRISTIANE LUTZ
Sexmäßig war in diesem Literaturjahr einiges los – zumindest wenn man auf Twitter der Literatur-Blase folgte. Da kursierte im Frühjahr der Hashtag „Bärensexbuch“, und im Herbst folgte dann „Segelsexbuch“. Was konnte damit genau gemeint sein? Jedenfalls hatte man sofort Bilder im Kopf, auch solche, die man gar nicht unbedingt haben wollte. Außerdem entstand der klare Eindruck: Der Hashtag ist eine Adelung.
Beide Schlagwörter hat sich die Berliner Buchhändlerin Magda Birkmann ausgedacht. „Segelsexbuch“ steht für den Roman „Unsterblich sind nur die anderen“ von Simone Buchholz, in dem sie eine durchgeknallte Hochseegeschichte mit Fantasy-Elementen erzählt, was sehr viel weniger schlimm ist, als es sich anhört. Im Gegenteil, es ist ein extrem unterhaltsamer Roman. Drei Männer sind verschwunden, und ihre Freundinnen Iva und Malin machen sich auf die Suche nach ihnen. Dabei landen sie auf dem Schiff MS Rjúkandi, das, und von da an hebt die Story ab, ganz offensichtlich verwunschen ist. Gefangen in einem ewigen Kreislauf schippert es zwischen der Nordseeküste und Island hin und her, Kursabweichung ausgeschlossen.
Alle Menschen sitzen auf dem Schiff fest, so will es ein Deal mit sämtlichen Göttinnen der Meere (die auch alle auftauchen). Dafür ist den Passagieren außerordentliche Attraktivität beschieden, sie feiern rauschende Feste mit ihren gesunden Körpern und sind unerhört sorglos. Und sie segeln. Ständig. „Ich bin noch nie wirklich gesegelt, und schon gar nicht bei diesem Seegang“, sagt Iva, als man sie einlädt, mitzumachen. „Vertrau mir“, sagt eine von der Crew, „du wirst es lieben“. Hier segelt jeder mit jedem, es gibt sogar ein eigenes Deck dafür. Wofür „segeln“ synonym gebraucht wird, muss man nun wirklich nicht erklären.
Die Community war bereits geschult, als die ersten auf Twitter und Instagram über das „Segelsexbuch“ munkelten. Man wusste: Dahinter musste sich etwas Frivoles verbergen, vielleicht sogar Wildes. Gerade erst war die Begeisterung für das „Bärensexbuch“ etwas abgeebbt, die im Frühjahr durch die Timelines geschwappt war. Die Magie lag da in der verstörenden Kombination der Begriffe Bär, Sex und Buch: Sie steht für den in diesem Jahr neu aufgelegten Roman „Bär“ von Marian Engel, einer herausragenden Autorin der kanadischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Im Original erschien „Bear“ erstmals 1976, der Roman wurde ein umstrittener Bestseller, in Deutschland interessierte sich niemand so recht dafür, die erste übersetzte Ausgabe erschien 1986 im Frauenbuchverlag.
Die Buchhändlerin Magda Birkmann hatte während der Pandemie 2020 im englischsprachigen Twitter von „Bear“ gehört. Mit dem Hashtag „Bärensexbuch“ labelte sie ihre Begeisterung und begründete einen Mythos, wenn man so will. Das wiederum bekam die Autorin Kristine Bilkau mit, las das Buch, staunte und überzeugte ihre Verleger bei Random House von einer Neuauflage, für die sie selbst ein euphorisches Nachwort schrieb.
Auch wenn der Hashtag natürlich arg verkürzt, so stimmt doch so viel: „Bär“ erzählt von einer Frau, die Sex mit einem Bären hat. Zumindest versucht sie es. Das Buch ist keine Fabel, auch kein Nature Writing, das die Einheit von Mensch und Natur beschwört. Es ist die eigenwillige Geschichte vom Selbstbestimmungsdrang einer Frau, die keine Lust hat, zu tun, was man von Frauen erwartet. Lou, Archivarin und Einzelgängerin, fährt einen Sommer lang auf eine Insel in der Nähe von Ottawa, um den ihrem historischen Institut vermachten Nachlass eines Colonels zu katalogisieren. Als sie dort ankommt, stellt sie fest, dass zum Nachlass nicht nur ein Haufen Bücher gehören, sondern auch ein Braunbär.
Für Simone Buchholz und ihren Roman war das Revival von „Bär“ durch den Hashtag eine steile Vorlage. Mit „Unsterblich sind nur die anderen“ schipperte sie in den wohltemperierten Gewässern mit, die durch das Bärensexbuch erschlossen waren. Denn alle, die es begeistert gelesen hatten, wollten jetzt auch das Segelsexbuch lesen. Gespannt, ob es ähnlich einnehmend sein würde, ähnlich sinnlich. Kurz nach seinem Erscheinen rangierte der Hashtag „Segelsexbuch“ dann ein paar Momente oben in den deutschen Twittertrends.
Ob sich das in den Verkaufszahlen niederschlägt, ist von Suhrkamp nicht zu erfahren. Zu vermuten ist es, die erste Auflage war schnell vergriffen. Der Teamleiter des Onlinemarketings, Demian Sant’Unione, ist bis heute begeistert vom kleinen Hype. „Segelsexbuch“, das hätten sie sich nie getraut, dem Roman anzuheften, das sei auch gar nicht der „Sprech“ des Verlages und „das hätte anbiedernd gewirkt“, sagt er am Telefon: „So einen Candystorm kann man nur aufgreifen und mitnehmen.“ Der Begriff wurde denn auch in die Metadaten des Romans aufgenommen für bessere Suchbarkeit, es gab alternative Umschläge mit dem Romantitel „Segelsexbuch“.
Wirklich vergleichen lassen sich die beiden Romane schwer. Wenn man unbedingt eine Gemeinsamkeit über ihren Social-Media-Ruhm hinaus finden will, dann die: Beide Autorinnen schildern komplett unaufgeregt und unaufdringlich Hingabe und ein weibliches Begehren jenseits heteronormativer Koordinaten. Und das ist jeweils sehr beglückend zu lesen.
Steht im Candystorm: die Autorin Simone Buchholz.
Foto: Christian Charisius/dpa
Simone Buchholz:
Unsterblich sind nur die anderen. Roman.
Suhrkamp, Berlin 2022.
246 Seiten, 18 Euro.
Marian Engel: Bär.
Roman. Aus dem
Englischen von
Gabriele Brößke.
btb, München 2022.
206 Seiten, 20 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
ins Glück
Nach dem #Bärensexbuch ist vor dem
#Segelsexbuch: Wie Hashtags Simone Buchholz’
Roman und einen kanadischen Klassiker
erfolgreich machten
VON CHRISTIANE LUTZ
Sexmäßig war in diesem Literaturjahr einiges los – zumindest wenn man auf Twitter der Literatur-Blase folgte. Da kursierte im Frühjahr der Hashtag „Bärensexbuch“, und im Herbst folgte dann „Segelsexbuch“. Was konnte damit genau gemeint sein? Jedenfalls hatte man sofort Bilder im Kopf, auch solche, die man gar nicht unbedingt haben wollte. Außerdem entstand der klare Eindruck: Der Hashtag ist eine Adelung.
Beide Schlagwörter hat sich die Berliner Buchhändlerin Magda Birkmann ausgedacht. „Segelsexbuch“ steht für den Roman „Unsterblich sind nur die anderen“ von Simone Buchholz, in dem sie eine durchgeknallte Hochseegeschichte mit Fantasy-Elementen erzählt, was sehr viel weniger schlimm ist, als es sich anhört. Im Gegenteil, es ist ein extrem unterhaltsamer Roman. Drei Männer sind verschwunden, und ihre Freundinnen Iva und Malin machen sich auf die Suche nach ihnen. Dabei landen sie auf dem Schiff MS Rjúkandi, das, und von da an hebt die Story ab, ganz offensichtlich verwunschen ist. Gefangen in einem ewigen Kreislauf schippert es zwischen der Nordseeküste und Island hin und her, Kursabweichung ausgeschlossen.
Alle Menschen sitzen auf dem Schiff fest, so will es ein Deal mit sämtlichen Göttinnen der Meere (die auch alle auftauchen). Dafür ist den Passagieren außerordentliche Attraktivität beschieden, sie feiern rauschende Feste mit ihren gesunden Körpern und sind unerhört sorglos. Und sie segeln. Ständig. „Ich bin noch nie wirklich gesegelt, und schon gar nicht bei diesem Seegang“, sagt Iva, als man sie einlädt, mitzumachen. „Vertrau mir“, sagt eine von der Crew, „du wirst es lieben“. Hier segelt jeder mit jedem, es gibt sogar ein eigenes Deck dafür. Wofür „segeln“ synonym gebraucht wird, muss man nun wirklich nicht erklären.
Die Community war bereits geschult, als die ersten auf Twitter und Instagram über das „Segelsexbuch“ munkelten. Man wusste: Dahinter musste sich etwas Frivoles verbergen, vielleicht sogar Wildes. Gerade erst war die Begeisterung für das „Bärensexbuch“ etwas abgeebbt, die im Frühjahr durch die Timelines geschwappt war. Die Magie lag da in der verstörenden Kombination der Begriffe Bär, Sex und Buch: Sie steht für den in diesem Jahr neu aufgelegten Roman „Bär“ von Marian Engel, einer herausragenden Autorin der kanadischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Im Original erschien „Bear“ erstmals 1976, der Roman wurde ein umstrittener Bestseller, in Deutschland interessierte sich niemand so recht dafür, die erste übersetzte Ausgabe erschien 1986 im Frauenbuchverlag.
Die Buchhändlerin Magda Birkmann hatte während der Pandemie 2020 im englischsprachigen Twitter von „Bear“ gehört. Mit dem Hashtag „Bärensexbuch“ labelte sie ihre Begeisterung und begründete einen Mythos, wenn man so will. Das wiederum bekam die Autorin Kristine Bilkau mit, las das Buch, staunte und überzeugte ihre Verleger bei Random House von einer Neuauflage, für die sie selbst ein euphorisches Nachwort schrieb.
Auch wenn der Hashtag natürlich arg verkürzt, so stimmt doch so viel: „Bär“ erzählt von einer Frau, die Sex mit einem Bären hat. Zumindest versucht sie es. Das Buch ist keine Fabel, auch kein Nature Writing, das die Einheit von Mensch und Natur beschwört. Es ist die eigenwillige Geschichte vom Selbstbestimmungsdrang einer Frau, die keine Lust hat, zu tun, was man von Frauen erwartet. Lou, Archivarin und Einzelgängerin, fährt einen Sommer lang auf eine Insel in der Nähe von Ottawa, um den ihrem historischen Institut vermachten Nachlass eines Colonels zu katalogisieren. Als sie dort ankommt, stellt sie fest, dass zum Nachlass nicht nur ein Haufen Bücher gehören, sondern auch ein Braunbär.
Für Simone Buchholz und ihren Roman war das Revival von „Bär“ durch den Hashtag eine steile Vorlage. Mit „Unsterblich sind nur die anderen“ schipperte sie in den wohltemperierten Gewässern mit, die durch das Bärensexbuch erschlossen waren. Denn alle, die es begeistert gelesen hatten, wollten jetzt auch das Segelsexbuch lesen. Gespannt, ob es ähnlich einnehmend sein würde, ähnlich sinnlich. Kurz nach seinem Erscheinen rangierte der Hashtag „Segelsexbuch“ dann ein paar Momente oben in den deutschen Twittertrends.
Ob sich das in den Verkaufszahlen niederschlägt, ist von Suhrkamp nicht zu erfahren. Zu vermuten ist es, die erste Auflage war schnell vergriffen. Der Teamleiter des Onlinemarketings, Demian Sant’Unione, ist bis heute begeistert vom kleinen Hype. „Segelsexbuch“, das hätten sie sich nie getraut, dem Roman anzuheften, das sei auch gar nicht der „Sprech“ des Verlages und „das hätte anbiedernd gewirkt“, sagt er am Telefon: „So einen Candystorm kann man nur aufgreifen und mitnehmen.“ Der Begriff wurde denn auch in die Metadaten des Romans aufgenommen für bessere Suchbarkeit, es gab alternative Umschläge mit dem Romantitel „Segelsexbuch“.
Wirklich vergleichen lassen sich die beiden Romane schwer. Wenn man unbedingt eine Gemeinsamkeit über ihren Social-Media-Ruhm hinaus finden will, dann die: Beide Autorinnen schildern komplett unaufgeregt und unaufdringlich Hingabe und ein weibliches Begehren jenseits heteronormativer Koordinaten. Und das ist jeweils sehr beglückend zu lesen.
Steht im Candystorm: die Autorin Simone Buchholz.
Foto: Christian Charisius/dpa
Simone Buchholz:
Unsterblich sind nur die anderen. Roman.
Suhrkamp, Berlin 2022.
246 Seiten, 18 Euro.
Marian Engel: Bär.
Roman. Aus dem
Englischen von
Gabriele Brößke.
btb, München 2022.
206 Seiten, 20 Euro.
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»... sehr beglückend zu lesen.« Christiane Lutz Süddeutsche Zeitung 20221214