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Erstmals in Buchform: Vier Danksagungen von Marie-Luise Scherer für zuerkannte Preise, vor allem aber vier Prosakunststücke, in denen sie über ihr Leben erzählt. Marie-Luise Scherer hat ihr Schreiben einmal als Silbenarbeit bezeichnet; jeder Satz müsse passen wie ein Handschuh. Dieser höchste Anspruch an Beobachtungsgenauigkeit und Formulierungskunst mag eine Ursache dafür sein, dass wir heute so wenige Texte von ihr haben. Allerdings sind diejenigen, die sie denn doch zur Veröffentlichung freigegeben hat, auf allergrößte und anhaltende Bewunderung gestoßen. Leser, Schriftstellerkollegen,…mehr

Produktbeschreibung
Erstmals in Buchform: Vier Danksagungen von Marie-Luise Scherer für zuerkannte Preise, vor allem aber vier Prosakunststücke, in denen sie über ihr Leben erzählt. Marie-Luise Scherer hat ihr Schreiben einmal als Silbenarbeit bezeichnet; jeder Satz müsse passen wie ein Handschuh. Dieser höchste Anspruch an Beobachtungsgenauigkeit und Formulierungskunst mag eine Ursache dafür sein, dass wir heute so wenige Texte von ihr haben. Allerdings sind diejenigen, die sie denn doch zur Veröffentlichung freigegeben hat, auf allergrößte und anhaltende Bewunderung gestoßen. Leser, Schriftstellerkollegen, Literaturpreisjurys zeigten sich gleichermaßen fasziniert. So hat Marie-Luise Scherer in den letzten Jahren gleich mehrere renommierte Literaturpreise erhalten. Sie nutzte die Dankesreden, die ihr abverlangt wurden, für Prosastücke über die Menschen, die für ihr Leben wichtig waren und sind: über die Großeltern, die Eltern, familiäre häusliche Verhältnisse. Sie widmet sich dem sonst oft Übersehenen, unbedeutend Scheinendem, dem Kreatürlichen, den Tieren. Wie sie das zur Sprache bringt, ist einzigartig. Vier dieser Danksagungen nicht nur an die Preisgeber, sondern vor allem an die, von denen die Rede ist, versammelt dieser Band. Große Literatur.
Autorenporträt
Marie-Luise Scherer, geb. 1938 in Saarbrücken, arbeitete lange Jahre als Journalistin in Berlin. Legendären Ruf erwarb sie sich mit literarischen Reportagen im »Spiegel", für den sie über 25 Jahre als Autorin arbeitete. Hans Magnus Enzensberger versammelte die Texte für einen Band in der Anderen Bibliothek unter dem Titel »Der Akkordeonspieler". Marie-Luise Scherer wurde ausgezeichnet u. a. mit dem Ludwig-Börne-Preis (1994), dem Italo-Svevo-Preis (2008), dem Heinrich-Mann-Preis (2011) und dem Kunstpreis des Saarlandes (2012).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.06.2014

Die Affen im Zoo von Havanna
„Unter jeder Lampe gab es Tanz“ – Die ungewöhnlichen Preisreden der Reporterin Marie-Luise Scherer
Marie-Luise Scherer ist eine sehr langsame Schreiberin. Über die Frage, ob sie eine Strickjacke besser als blau oder als bläulich bezeichnen sollte, kann sie eine ganze Nacht zubringen. Und es ist möglich, dass eine eigentlich nur zur Lockerung hingeschriebene, haikuhafte Sentenz – „Frühsommerlicher Morgen, das Zwitschern der Vögel, ihr Frohsinn beschämt mich“ – auch schon der ganze Ertrag eines Arbeitstages gewesen ist. Da ist es nicht weiter erstaunlich, dass sie sich auch beim Verfassen von Dankesreden schwer tut.
  Aber sie kommt nicht darum herum, denn Literaturpreise hat Marie-Luise Scherer für ihre zumeist im Spiegel erschienenen kunstvollen Reportagen immer wieder erhalten. Vier dieser Danksagungen liegen nun in einem angemessen schmalen Bändchen mit dem seltsamen Titel „Unter jeder Lampe gab es Tanz“ vor. Das sind Marginalien, nicht mehr, und doch geben sie Auskunft über die Ästhetik dieser bedächtigen Autorin, die sich selbst einmal als „Silbenarbeiterin“ bezeichnet hat.
  Glücklicherweise geht es nicht um die Namensgeber der jeweiligen Preise, nicht um Italo Svevo, Heinrich Mann oder Ludwig Börne oder um das Verhältnis der Preisträgerin zu ihnen, wie das verbreitet üblich und meistens auch ziemlich langweilig ist. Scherer verweigert die klassische Preisrede, um sie auf ihre umwegige Art schließlich doch zu liefern. Sie erzählt von Affen im Zoo von Havanna, die wie Bettler agieren, von einem Handwerker, der ihr Bücherregal bestaunt und fragt, ob sie das alles gelesen habe, und immer wieder von Vater, Mutter und Großeltern. Das Nebensächliche in den Mittelpunkt zu rücken, hat bei ihr Methode. Das Unzusammenhängende fügt sie so ineinander, dass die Bruchstücke sich gegenseitig kommentieren. Sie führt nichts Fertiges vor, sondern Denken, Sehen und Erinnern als offene Bewegung.
  Und immer wieder geht es auch um das mühsame Schreiben, das zu ihrem Bedauern nicht so funktioniert wie das Malen. Sie vermisst die lässige Schraffur, das verwischte Aquarell, den verwässerten Pinselstrich, wenn sie sich in die strenge Linearität der Schrift gezwungen fühlt, wo unausweichlich Wort auf Wort folgt. Und doch beherrscht Marie-Luise Scherer sehr wohl die Kunst, im Schreiben Bilder entstehen zu lassen und Szenerien mit wenigen Strichen zu skizzieren. Das beweist sie auch in ihren Preisreden. Sie kann gar nicht anders.
JÖRG MAGENAU
  
  
  
  
  
Marie-Luise Scherer: Unter jeder Lampe gab es Tanz. Wallstein Verlag, Göttingen 2014. 80 Seiten, 14,90 Euro. E-Book 11,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Die Journalistin Marie-Luise Scherer braucht für ihre Reportagen zwar immer furchtbar lange, weil sie jede einzelne Formulierung wieder und wieder umwendet und sorgfältig prüft, dafür werden ihre Arbeiten dann auch regelmäßig mit Preisen belohnt, weiß Jörg Magenau. Entsprechend viele Dankesreden musste Scherer schon halten, die für den Band "Unter jeder Lampe gab es Tanz" jetzt zusammengetragen wurden, berichtet der Rezensent. Anders als die üblichen Reden, die sonst gerne zu solchen Anlässen gehalten werden, sind Scherers Danksagungen wirklich schön und unterhaltsam, findet Magenau. Von "Affen im Zoo von Havanna" erzählt sie darin, von ihrem Bücherregal, ihrer Familie und ihrem Schreiben - wie in ihren Reportagen rückt sie das "Nebensächliche in den Mittelpunkt", erklärt der Rezensent.

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