Wir wollen uns hier nicht bei den Vorfahren des Nickel aufhalten, obwohl das gleich im ersten Abschnitt sehr lesenswerte Geschichten sind. Und damit sind wir schon bei Nickel selbst, dem Sohn des Pfarrers aus Sparka, der erst siebzehnjährig in einen großen Krieg geschickt wurde und der sich dann von dort in Richtung seiner Thüringischen Heimat verabschiedete: „Ich bin zu Hause. Kennt ihr Leuchtewitz? Klassefrauen. Und in Sparka, das ist daneben, da wartet mein Vater. Er weiß, wie es weitergeht.“ Wirklich? Es dauert lange, bis er glaubt, was er dann hört. Sie haben den Vater im Steinbruch erschossen, zusammen mit drei geflüchteten Polen, die er in der Kirche versteckt hielt. Die Mutter und die Schwester waren im Pfarrhaus, als die Bombe traf. Am Morgen noch gehörte Nickel zu der Schar, die hofften, denn er lebte und aß aus der Büchse. Jetzt weiß er, der Weg war umsonst, denn der Vater kann ihm nichts mehr sagen. Er vermochte sich nicht rauszuhalten, nachdem er schon die Flaschen an der Friedhofsmauer zerschmissen hatte. Nicht dem Helden fällt der Sieg zu, dem Weisen nicht das Brot und dem Einsichtigen nicht die Gunst. Und Nickel hat es auch mit den Frauen, so im Frühjahr 1946, als die Sache mit Zilla passiert: Zilla geht Nickel aus dem Weg. Sie hat ihn, so denkt sie rachsüchtig, in die Blechbude gebracht, nun soll er sehen, wie er zurechtkommt. Der Erich wird’s ihm schon zeigen. Und schließlich: Wer ist schon Nickel? Nichts als der Sohn vom Pfarrer. Sie wären noch jahrelang voreinander weggelaufen, wenn ihnen nicht jenes Abenteuer zugestoßen wäre, von dem nun berichtet werden soll, macht der Autor verdammt neugierig, was dann passiert. Jedenfalls wird Nickel zum Retter eines Mädchens und kommt dann selber in große Schwierigkeiten und fast um seine Männlichkeit. Es heißt, er sei entmannt worden. Als Nickel später in den Konsum tritt, verstummen die Frauen und blicken verstohlen auf seine Hose. Er kauft etwas, geht hinaus ans Wehr, stützt die Arme aufs hölzerne Geländer der alten Brücke und fasst einen Entschluss: Er wird zeigen, was er hat und was er kann. Er wird Zilla heiraten und sieben Kinder mit ihr zeugen. Ob es wirklich so kommt? Der Roman erschien 1980 erst zehn Jahre nach seiner Vollendung, da Rainer Lindow infolge der Biermann-Affäre mit anderen Autoren und Lektoren den Aufbau-Verlag verlassen musste, wo „Nickel“ ursprünglich erscheinen sollte. Im Eulenspiegel Verlag erlebte der Roman bis 1989 drei Auflagen mit 55.000 Exemplaren.