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August-Wilhelm Scheers selbstbewußte Schilderung eines Traums
August-Wilhelm Scheer: Unternehmen gründen ist nicht schwer . . . Verlag Springer, Berlin 2000, 261 Seiten, 39,90 DM.
August-Wilhelm Scheer, Leiter eines Forschungsinstituts, Universitätsprofessor, Unternehmer und politischer Berater, hat sich wieder zu Wort gemeldet - diesmal jedoch nicht mit einem wissenschaftlichen Buch, sondern mit einem sehr persönlichen Lesebuch oder "Story Telling", wie es im Vorwort heißt. Er schildert offen und keineswegs emotionslos die Erfahrungen - Erfolge und Enttäuschungen - im Spannungsfeld seiner verschiedenen Positionen.
Der Leser erfährt dabei auch viel über den Menschen August-Wilhelm Scheer. Im Mittelpunkt des Buches steht die - bemerkenswert freimütige - Darstellung der Realisierung seines deutschen "American Dream" mit allen Höhen und Tiefen, die er und seine Weggefährten dabei erlebt haben. Scheers langgehegter Traum war es, aus dem von ihm aufgebauten Institut für Wirtschaftsinformatik der Universität des Saarlandes ein international bekanntes börsennotiertes Unternehmen auszugründen. Einen wichtigen Sieg hat er dabei mit dem Börsengang seiner IDS Scheer AG am 11. Mai 1998 erkämpft.
Die Geschichten um diesen Fall werden fast wie im Tagebuch geschildert. Trotz der erfolgreichen Börseneinführung ist Scheers Traum indessen noch keineswegs ausgeträumt. Der Autor wagt die überaus mutige Prognose, daß sein Unternehmen im Jahr 2006, wenn er 65 Jahre wird, auf der ganzen Welt 6000 Mitarbeiter haben werde. Es wäre interessant zu wissen, ob er diese Prognose, die er beim Verfassen des Buches gegen Ende der Euphoriephase der sogenannten Neuen Ökonomie abgab, heute - nach den zur Wirklichkeit gewordenen Albträumen vieler Hochtechnologie-Unternehmen - wiederholen würde.
Die Erlebnisse des agilen Autors und all jenes, was in den vergangenen Monaten vielen jungen Unternehmen widerfahren ist, bestätigen seine zentrale Aussage: Unternehmen gründen ist nicht (oder zumindest nicht übermäßig) schwer, Unternehmen erfolgreich machen dagegen sehr. Gerade nach dem Platzen der Spekulationsblase auf dem Neuem Markt und an der Nasdaq haben viele hoffnungsvoll gestartete Hochtechnologie-Unternehmen die bittere Erfahrung gemacht, daß sie schneller von der harten Realität eingeholt wurden, als ihnen recht sein konnte - und daß neu gegründete Unternehmen in vielen Fällen das Gegenteil von Geldvermehrungsmaschinen sind.
Scheers Lesebuch wendet sich an verschiedene Zielgruppen: an Unternehmensgründer, denen Mut gemacht werden soll, an Studenten, die sich über das Unternehmerdasein informieren wollen, an die wissenschaftliche "Community" und schließlich auch an Politiker. Die wissenschaftliche Gemeinschaft, mit der den Autor eine kaum verkennbare Haßliebe verbindet, soll stärker zum unternehmerischen Handeln in den Forschungsinstituten motiviert werden. Die Bildungspolitiker will er ermutigen, seit langem überfällige, unbequeme Entscheidungen zur Reform der Universitäts- und Forschungslandschaft in Deutschland zu treffen, um die Voraussetzungen für erfolgreiche Unternehmensgründungen zu verbessern.
In seinem ersten Interview 1984 hat der Saarbrücker Professor gesagt: "Ich möchte Generalunternehmer für Reorganisation sein." Sein neues Buch belegt, daß ihm dieser Wunsch in den vielen Jahren seines Schaffens offenbar zum (niemals endenden) Programm geworden ist. Diese im wörtlichen Sinne selbstbewußt verfaßte Schrift ist über die Einzelfallbeschreibung hinaus ein engagierter, lesenswerter Diskussionsbeitrag zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Deutschland. August-Wilhelm Scheer hat vor allem erkannt, daß es hierzulande viel zu reorganisieren gibt, damit die Ideen der teuren Forschungsinfrastruktur rasch und effizient in Produkte, Dienstleistungen und letztlich in Arbeitsplätze umgesetzt werden.
ROBERT FIETEN
(Management-Forschungs-Team, Köln)
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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