Magisterarbeit aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Soziologie - Wissen und Information, Note: 1,7, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Institut für Soziologie), Sprache: Deutsch, Abstract: Was traut der Mensch sich zu? Wie definiert er seine Rolle in der Geschichte? Die Debatten über "das Ende der Geschichte", über den "Kampf der Kulturen" und selbstverschuldeten Klimawandel, über die "neue Unübersichtlichkeit", die Individualisierung und das Auseinanderdriften von gesellschaftlichen Sub- und Staatensystemen scheinen das Damoklesschwert über dem menschlichen Selbstbewusstsein schweben zu lassen. Wer will, findet ohne weiteres eine Vielzahl von Indizien, die den Schluss nahe legen, "wir", also die Menschen, hätten den "göttlichen Auftrag" einer vernünftigen Weltbemächtigung und -bestellung verfehlt oder zumindest noch nicht vollendet. Die Suche nach einem Ausweg aus dem Dilemma führt zu einem altbekannten Wettstreit, nämlich dem zwischen den konservativen und den nach Fortschritt eifernden Kräften. Die einen suchen in der Vergangenheit und in tradierten Vorstellungen nach Lösungen, die anderen glauben an einzigartige Herausforderungen, die nur mit neuen Entwürfen gemeistert werden können. Auch heute erhitzen derartig antagonistische Positionen, beispielsweise in Gestalt der Bestrebungen zur Reaktivierung der mittelalterliche Landwirtschaft ("biologischer Landbau") gegen die Umsetzung "fortschrittlichen" Gen-Foods, die Gemüter und liefern den Stoff für nicht selten polemische Auseinandersetzungen. Muss es also weitergehen oder sollte es wie früher sein? Eine erschöpfende Antwort auf diese Frage wird wohl nicht möglich sein. Aber tatsächlich ist zu beobachten, dass in den meisten Abschnitten der Geschichte eines der beiden Topoi den Zeitgeist bestimmt hat. Das menschliche Selbstvertrauen - wie auch sein Selbstmisstrauen - wächst und schwindet im Einklang mit den Blüte- und Wartezeiten der Historie, wobei es insgesamt durch einen in der Vorstellungskraft zunehmend überblickbaren, zeitlichen Horizont eine größere Projektionsfläche bekommt. Damals wie heute wird mit solchen Projektionen - optimistischen wie pessimistischen Visionen - Politik gemacht, also mit gesellschaftlich vermittelten Ideen Gesellschaft geformt. Das vorherrschende Konzept von Zeitlichkeit ist im pragmatischen Ringen um Lösungen als (vielleicht) Voraussetzungsloses oft auch das nicht explizit Miteinbedachte. Es strukturiert das Denken und das Denkbare unbemerkt, stillschweigend, solange es nicht zum Gegenstand von Reflexionen wird (wobei auch diese durch eine vorgeschaltete Zeitkonzeption strukturiert sind). Vielleicht traut sich der Mensch umso mehr zu, je mehr er die Zeit zu beherrschen oder wenigstens zu verstehen glaubt. Als Zirkelkonstruktion, die als Selbstgeschaffenes das Schaffen strukturiert, um dann wiederum das Geschaffene zu verzeitlichen, hat sie jedenfalls einfache wie komplexe Antworten zum Problem "Werden und Vergehen" inspiriert. Außerdem ist die Konzeption, welche der Mensch von Zeit hat, ein mächtiges - wenn nicht das mächtigste - Strukturmerkmal seiner individuellen wie auch sozialen Existenz. Der Letzteren widmet sich diese Arbeit.
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