Brutaler Mord kratzt an alten Wunden
Der dritte so angekündigte Thriller der Autorin und ehemaligen Staatsanwältin und Polizeiberaterin Jilliane Hoffmann ist eigentlich keiner. Vielmehr ist es eine durchaus spannungsreiche psychologisch-ethische Rechtsgeschichte mit Diskussionspotential, auch
wenn es zu Beginn nach einem schockierend-gruseligen Thriller aussieht.
Ein treuliebender und…mehrBrutaler Mord kratzt an alten Wunden
Der dritte so angekündigte Thriller der Autorin und ehemaligen Staatsanwältin und Polizeiberaterin Jilliane Hoffmann ist eigentlich keiner. Vielmehr ist es eine durchaus spannungsreiche psychologisch-ethische Rechtsgeschichte mit Diskussionspotential, auch wenn es zu Beginn nach einem schockierend-gruseligen Thriller aussieht.
Ein treuliebender und letztlich unauffälliger Arzt, David Marquette , metzelt seine komplette Familie, also Ehefrau sowie drei kleine Kinder, auf brutalste, unmenschliche Art und Weise dahin. Nach der Festnahme verfolgt sein Verteidiger die Argumentationslinie, der Täter sei aufgrund einer Schizophrenie zum Tatzeitpunkt unzurechnungsfähig gewesen. Die junge, aufstrebende und sehr sympathisch und authentisch dargestellte Staatsanwältin Julia Valenciano bekommt eher zufällig die Chance, mit diesem Aufsehen erregenden Fall die Leiter ihrer Profilierung und Karriere eine weitere Stufe hinaussteigen zu können, ziemlich sicher mit der Forderung nach der Todesstrafe für Marquette.
Je länger sie sich jedoch mit dem Massaker befasst, umso unsicherer wird sie in ihrer anfänglich so ganz klaren Einschätzung des Falles. Zudem wird sie in Intervallen mehr und mehr betroffen, keimen doch verstärkt, immer wieder lose in den Verlauf der Geschichte eingestreute Erinnerungen und Empfindungen an ihre eigene Familiengeschichte auf. Auch ihre Familie wurde hingemetzelt, als sie noch ein Kind war – von einem schizophrenen Menschen, ihrem Bruder.
Aufklärend vermittelt die Autorin viele Informationen zur grausamen Krankheit, wirft aber zugleich in ihrer Geschichte durch ihre Figuren Fragen zur Glaubwürdigkeit auf. Auch Julia Valenciano wird von Zweifeln geplagt hin und hergerissen. Ein mysteriöser Anruf, emotionale Schwankungen wegen kurzzeitiger Beziehung zu ihrem Chef und Förderer Rick Beliddo und die totale Anspannung vor ihrem ersten großen Prozess sorgen auch nicht gerade für ihre innere Ruhe.
Unspektakulär, aber stetig baut die Autorin den sich psychologisch klug entwickelnden Plot auf, bis schließlich das durchaus überraschende Ende die Geschichte beschließt. Offen bleibt jedoch die durch das Buch angeregte Fragestellung nach wahrer Schuld und gerechter Sühne einer Täterin oder eines Täters bei so ungewöhnlichen und medizinisch nicht eindeutig nachweisbaren oder messbaren Geisteskrankheiten wie der Schizophrenie.
© 11/2007, Redaktionsbüor Geißler, Uli Geißler, Freier Journalist, Fürth/Bay.