Magisterarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Weltgeschichte - Allgemeines und Vergleiche, Note: 1,3, Universität Augsburg (Institut für Europäische Kulturgeschichte), Sprache: Deutsch, Abstract: Das mechanistisches Konzept vom Menschen als Dampfkessel, der regelmäßig ein "Ventil" braucht, um "Dampf abzulassen", weil "sich Wut aufgestaut" hat, ist ein fester Bestandteil der Alltagssprache. Das Instinkt-Modell der Aggression des Verhaltensforschers Konrad Lorenz scheint sich als Teil des allgemeinen Weltbildes etabliert zu haben. Das Populärwissenschaftliche Buch "Das sogenannte Böse" (1963), in dem Lorenz sein Konzept vom Aggressionstrieb vorlegte, wurde in den Jahren nach seinem Erscheinen stark beachtet, rege besprochen und gleichermaßen gelobt wie kritisiert. Die Frage nach den Gründen für den Erfolg des Buches wurde bisher noch nicht gestellt. Einen ersten Schritt zur Erforschung der ideengeschichtlichen Voraussetzungen und Folgen der Lorenz'schen Aggressionstheorie in den 1960er- und 1970er-Jahren in der Bundesrepublik Deutschland möchte nun diese Arbeit gehen. Dabei stützt sie sich vorwiegend auf Quellen der wissenschaftlichen Rezeption des Buches. Daneben werden auch exemplarische Buchbesprechungen der allgemeinen Publizistik ausgewertet. Um die Rezeption des "Sogenannten Bösen" kulturgeschichtlich einordnen zu können, werden auch die geistesgeschichtlichen Rahmenbedingungen der Phase 1963 bis 1973 erläutert: die global-politischen Hauptmerkmale, die Positionen der Anlage-Umwelt-Debatte, biografische Informationen über den Autor und die Kernaussagen seines Buches sowie die Entstehungsgeschichte der Verhaltensforschung. Das Hauptziel dieser Arbeit liegt zwar in der Darstellung und Zusammenschau der Rezensionen aus den unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen: vornehmlich aus den Geistes- und Sozialwissenschaften sowie der Naturwissenschaft. Jedoch ermöglichten die Quellen eine Analyse der mehrdimensionalen Funktionen, die das Buch zu erfüllen in der Lage war: als interdisziplinärer Angriff der Biologie auf die Psychologie, als Ausdruck einer anti-aufklärerischen Tendenz zur Substitution einer Gottesvorstellung durch Wissenschaftsgläubigkeit, als naturwissenschaftlicher Erklärungsansatz sowohl für die NS-Verbrechen als auch für die feindliche Blockbildung im Kalten Krieg sowie als ideologisches Kampfmittel gegen den Kommunismus.
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