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Viele Bräuche, die in vergangenen Zeiten fixer Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens waren und wichtige soziale Funktionen hatten, sind heute kaum mehr bekannt. Dennoch berühren die Bräuche früherer Generationen auch uns heutige Menschen noch stark - sie kommen uns wie Überbleibsel einer archaischen, oft bedrohlichen Welt vor. Bräuche machen Werte sichtbar, sie helfen uns in Momenten tiefgreifender Veränderungen (Rites de Passage). Verschwundene Bräuche erzählen uns, woher wir kommen und wie der Zusammenhalt der Gesellschaft funktioniert hat. Mit diesem umfassenden Lexikon der…mehr

Produktbeschreibung
Viele Bräuche, die in vergangenen Zeiten fixer Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens waren und wichtige soziale Funktionen hatten, sind heute kaum mehr bekannt. Dennoch berühren die Bräuche früherer Generationen auch uns heutige Menschen noch stark - sie kommen uns wie Überbleibsel einer archaischen, oft bedrohlichen Welt vor. Bräuche machen Werte sichtbar, sie helfen uns in Momenten tiefgreifender Veränderungen (Rites de Passage). Verschwundene Bräuche erzählen uns, woher wir kommen und wie der Zusammenhalt der Gesellschaft funktioniert hat. Mit diesem umfassenden Lexikon der verschwundenen Bräuche öffnet sich ein Fenster in die Vergangenheit. Der Blick hindurch kann Neugier und Verständnis für das Alte wecken, kann altes Wissen bewahren, damit es nicht verloren geht. Sepp Forchers eingestreute Erzählungen über Almabtrieb und Kirtage, Raunächte und Nachbarschaftshilfe machen diese umfangreich bebilderte Kulturgeschichte der Rituale zu einem vergnüglichen Lesebuch.
Autorenporträt
Helga Maria Wolf, Dr. phil., wurde 1951 in Wien geboren. Nach dem Studium der Euro-päischen Ethnologie beschäftigte sie sich in zahlreichen Publikationen, Fernseh- und Radiosendungen mit der Geschichte und Kultur ihrer Heimatstadt. Als Herausgeberin des digitalen Wissensnetzes "Austria-Forum" gestaltet sie u.a. "Alltag - Brauch - Cultur. ABC zur Volkskunde Österreichs". 2013 wurde der Autorin der Kulturpreis des Landes Niederösterreich verliehen. Sepp Forcher arbeitete ab 1976 beim Österreichischen Rundfunk. Er wurde durch seine Volkskultursendungen zum Publikumsliebling. Seit 1986 ist er Moderator der Fernsehsendung "Klingendes Österreich", worin er die musikalische Tradition und landschaftliche Schönheit österreichischer und grenznaher Gegenden unverkitscht vorführt. 1999 wurde Sepp Forcher der René-Marcic-Preis für publizistische Leistungen verliehen. 1993 gewann er eine Goldene Romy. Bei Brandstätter sind seine beiden Bücher "Einfach glücklich. Was im Leben wirklich zählt" sowie "Das Glück liegt so nah. Warum wir auf Österreich stolz sein können" erschienen.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.10.2015

Halloween und arme Seelen
Bräuche stammen aus der mythischen Vorzeit – von wegen.
Ein neues Buch schildert, wie Rituale neu entstehen und vergehen, wenn sich die Gesellschaft verändert
VON HANS KRATZER
München – Kaum ist auf dem Oktoberfest das letzte Hendl abgefieselt, bewegt sich der Kalender schon pfeilgerade in Richtung Allerheiligen und Advent. Auf den Bierdunst der Wiesn folgen die Herbstnebel, die bunten Lichter ermatten in jener regennassen Finsternis, die scheinbar unverrückbar von archaisch anmutenden Bräuchen und Ritualen begleitet wird. Doch dann hat sich vor gut zwei Jahrzehnten das amerikanische Kommerz- und Gruselfest Halloween in das bayerische Herbstbrauchtum hineingezwängt. Laut, schrill und schräg läutet es den Totenmonat November ein, während die stillen christlichen Feste Allerheiligen und Allerseelen spürbar an Kraft und Zuspruch verlieren.
  „Bräuche fallen nicht vom Himmel, sie kommen auch nicht aus der Volksseele. Sie werden erfunden, wenn man sie braucht“, sagt die Ethnologin Helga Maria Wolf, die sich mit verschwindendem Brauchtum und untergehenden Ritualen beschäftigt und gerade ein Buch über dieses Phänomen geschrieben hat. Wolf kommt zu dem Ergebnis, dass sich Bräuche dynamisch weiterentwickeln, verschwinden und zum Teil wieder revitalisiert werden. Ihr Buch schärft das Bewusstsein dafür, dass althergebrachte Dinge keinesfalls schon immer da waren. „Kein Brauch hat sich von mystischer Vorzeit bis in die Gegenwart erhalten“, sagt Wolf ganz selbstverständlich. Vor einigen Jahrzehnten hat der Münchner Volkskundler Hans Moser die wissenschaftliche Welt mit solchen Sätzen noch stark irritiert. Er räumte nämlich mit jenen antiquierten Vorstellungen auf, wonach die Bräuche allesamt in grauer Vorzeit entstanden und von einem allgemein waltenden Volksgeist in ewiger Kontinuität über uns gekommen seien. Anders ausgedrückt: Geschichte bedeutet Veränderung, Prozess, Wandel, und das gilt für Bräuche ganz genauso. Das zeigt beispielhaft das Fensterln, ein alter Liebesbrauch, der heute als Kommerzgaudi fortgeführt wird, was aber den Genderisten nicht gefällt, wie kürzlich bei einem Fensterln-Wettbewerb an der Uni Passau zu beobachten war.
  Meistens gehen Rituale verloren, wenn die Grundlage wegfällt. Das Gautschen, die Initiation der Buchdrucker und Schriftsetzer, verlor im digitalen Zeitalter sofort seine Bedeutung. Andere verschwundene Bräuche hatten agrarischen Charakter und waren an hierarchische Strukturen gebunden. Sie waren fixer Bestandteil der bäuerlichen Gesellschaft und erfüllten wichtige soziale Funktionen in einer Zeit, in der sogar noch die Hüterbuben mithelfen mussten, die Existenz der Familie zu sichern. Wolf nennt in ihrem Lexikon unter anderem die Heischebräuche. Sie entsprachen einem überlieferten Recht, für gewisse Leistungen Geld oder Lebensmittel zu erbetteln. Vereinzelt wird auf dem Land noch der Klopferbrauch gepflegt. Die Donnerstage im Advent gelten als die Klöpfelsnächte. Einst gingen Kinder und Dienstboten in diesen Nächten verkleidet zum Klöpfeln. Sie klopften an den Türen der Bauernhöfe an, sangen ein Lied und baten um eine milde Gabe. Das Klöpfeln war eine wichtige Versorgungsquelle für Arme. Der Name Kletzenklopfer rührt daher, dass unter den Gaben oft Kletzenbrote waren (Kletzen sind gedörrte Birnen). Heute ist an seine Stelle der aggressive Bettelbrauch an Halloween getreten (Süßes oder Saures!).
  Die meisten Bräuche sind also relativ jung, auch der Coca-Cola-Weihnachtsmann, der im Begriffe ist, den Nikolaus zu verdrängen. Und nun bekommt er sogar selber Konkurrenz – vom Weihnachtshasen, der neuesten Erfindung der Konsumindustrie. Das zeigt, dass sich Bräuche veränderten gesellschaftlichen Verhältnissen sofort anpassen. Die einzige Beständigkeit ist ihre Wandlungsfähigkeit, aber nur deshalb können sie überhaupt überleben.
  Die Globalisierung hat diesen dynamischen Prozess extrem beschleunigt. Deshalb etablieren sich hierzulande zunehmend Bräuche aus anderen Kulturkreisen, auch wenn es manchmal nur so scheint. „Eine Wurzel des amerikanischen Festes Halloween führt eindeutig zum europäischen Armen-Seelen-Glauben des Hochmittelalters“, schreibt Helga Maria Wolf. Auf dem Flinserlfasching in Bad Aussee dominieren wiederum venezianische Masken, sie wurden von Kaufleuten importiert. Dass sich im österreichisch-süddeutschen Alpenraum vieles ähnelt, etwa der Brauch, Totenköpfe zu bemalen, liegt daran, dass der Kosmos der katholischen Kirche den Festkalender prägte. Dazu kommen Konstanten wie Lichterbräuche im Winter oder magische Handlungen, wenn es um den Erhalt des Besitzes (Blitzschutz durch Antlasseier) oder Bewahren und Steigern des Ernteertrages ging (Einstecken des Palmbaums, Flurprozession). Unverkennbar weist gerade das weite Feld des Aberglaubens fließende Grenzen zum kirchlich vermittelten Glauben auf.
  Häufig verbindet man mit Brauchtum Vorstellungen einer heilen Welt. Doch das Lexikon listet genügend Bräuche auf, die nicht nur schön waren. Die Habergeiß zum Beispiel war ein beliebter, aber furchtbarer Kinderschreck und als solcher ein Abbild der rauen und oft rücksichtslosen Welt unserer Vorfahren. Gleichzeitig sind moderne Bräuche meistens Abbilder der heutigen Orientierungslosigkeit. Etwa, wenn im Bayerischen Wald aus Eventgründen Almabtriebe inszeniert werden, die es dort nie gegeben hat, noch irritierender sind die inkludierten Bullriding-Meisterschaften.
Helga Maria Wolf u. Sepp Forcher, Verschwundene Bräuche, Das Buch der untergegangenen Rituale, Brandstätter Verlag, 2015, 34,90 Euro
Der Weihnachtsmann
bekommt jetzt Konkurrenz
vom Weihnachtshasen
Aus vergangenen Tagen: Bemalte Totenköpfe wurden früher in den Beinhäusern der Friedhöfe ausgestellt. Unten von links:
Das Gautschen ist ein Initiationsbrauch der Buchdrucker und Schriftsetzer. Der Flinserlfasching von Bad Aussee ist venezianisch geprägt.
Um 1930 gab es noch Hirtenbuben, die Grasmäntel trugen. Damals war auch das Fensterln populär, ein Liebesbrauch, der heute als
Gaudi-Event fortgeführt wird, aber aus Gendersicht hoch umstritten ist.
Fotos: Leonhard Foeger /Reuters, Brandstätter (4)
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Bräuche stammen aus der mythischen Vorzeit - von wegen. Das neue Buch "Verschwundene Bräuche" schildert, wie Rituale neu entstehen und vergehen, wenn sich die Gesellschaft verändert.
Hans Kratzer, Süddeutsche Zeitung

Mit "Verschwundene Bräuche" öffnet Helga Maria Wolf ein Fenster in die Vergangenheit. Der Blick hindurch kann Neugier und Verständnis für das Alte wecken, kann altes Wissen bewahren, damit es nicht verloren geht.
Passauer Neue Presse

"Verschwundene Bräuche" ist der Titel des Lexikons, in dem hunderte Rituale beschrieben werden, die in Österreich praktiziert wurden.
Presse am Sonntag