Oh wie schön ist Florida! Goodbye Deutschland, Die Auswanderer, Meine neue Heimat - fast jeder TV-Kanal bringt die mehr oder meist minder gelungenen Reportagen über ausreisewillige Deutsche. Wer jetzt genug vom Zuschauen von unzulänglich geplanten Auslandsaufenthalten, selbstverschuldeten Autofehlkäufen in Kanada oder sonst wo und nerviger Häuser- und Jobsuche hat, sollte den Fernseher abschalten und zum Buch greifen. Meine VIER JAHRE FLORIDA enthält endlich alles das, was eine Fernsehkamera nicht erfassen kann: Die Geschichten in der Fremde, die das Leben wirklich schreibt. Und die passieren bekanntlich nie vor eingeschalteter Kamera. DER TRAUM VON FREIHEIT Ein eigenes Motel in Florida, das war der Traum des Autors. Freier Unternehmer sein unter Sonne und Palmen im Land der unbegrenzten Möglichkeiten, ohne alle diese so typisch deutschen Vorschriften, die jeden Geschäftsvorgang bis ins letzte Detail regeln. Ein klassischer Traum also von Freiheit und selbstbestimmtem Leben. Die Vorbereitungen sind gründlich. Als ehemaliger Banker gründet der Autor eine eigene Aktiengesellschaft für dieses Vorhaben - ohne große externe Beratung und mit geringem Geldaufwand. Schon dies ist eine spannende Story, ebenso der Kauf des Rio Beach in Daytona, der Stadt der Auto- und Hunderennen. Doch der eigentliche Charme, den dieses Buch ausmacht, sind die nun folgenden Alltagsepisoden. Sie strukturieren in kleinen Einheiten die Erzählung. Auch ausgesprochene Wenigleser werden mit Vergnügen wenigstens ein Kapitel vor dem Schlafengehen lesen, und das mit Gewinn! Haben wir nicht alle einmal in unserer Jugend von einer Greencard geträumt? Alles wäre im Land der Freiheit, im positiven Sinn natürlich, vorstellbar gewesen: Vom Tellerwäscher zum Millionär, auf dem eigenen Grundstück könnte man tun und lassen, was man selber für richtig hält.... Von wegen! Wehe, an der Fassade des Motels blättert etwas Farbe ab. Oder es fällt gar eine Beleuchtung aus! Schon sind per Gerichtsbeschluss je nach Lust und Laune zwischen $ 20 und 250 Strafe pro Tag möglich. Es fällt der Hammer, der nächste Fall. Und dann die Gäste. Zerlegt einer die Zimmereinrichtung, belehrt einen die alamierte Polizei, dass sie nichts machen könne, schließlich habe der Randalierer das Zimmer gemietet und könne machen, was er wolle. Da denkt man über Freiheit plötzlich ganz anders. Die Geschichten zeigen, wie man an willkürlich ausgelegten Vorschriften und unterschiedlichen Behörden sowie lokaler Politik verzweifeln kann und trotzdem weiterkämpft. Das bedeutet natürlich für den Leser zugleich Staunen und auf Grund der Absurdität ungeahnte Situationskomik. Die Handlung des Buches lebt von den Menschen, die in allen diesen Episoden den roten Faden bilden, denn ob Motelalltag oder Freizeit beim abendlichen Bier, alle Herausforderungen werden gemeinsam erlebt. Schon die mitwirkenden Charaktere, die es ja wirklich gibt, machen das Lesen spannend und informativ. Es sind die kleinen Leute der USA, die hier agieren und reagieren, streiten und gemeinsam feiern. So z.B. der Polizist, der als Zweitjob im Motel an Wochenenden arbeitet oder der Gärtner, der auf Bewährung draußen ist und beim kleinsten Vergehen noch 1000 Jahre Knast absitzen müsste - und der natürlich den Fehler seines Lebens begeht. Welcher, wird hier nicht verraten. Wer nach der Lektüre aufbricht, in Florida sein Glück zu machen, kennt nun den Unterschied zwischen bekanntem Urlaubsparadies und rauer Wirklichkeit als Unternehmer eines Motels. Und er wird einiges an Deutschland wieder zu schätzen wissen, was vorher unerträglich schien. Da die Lektüre ausgesprochen Spaß macht, dürfte dies nicht das schlechteste Nebenergebnis für den Leser sein.
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