War die deutsche Minderheit in Polen zwischen den Kriegen in erster Linie ein Instrument reichsdeutscher Außenpolitik und gegenüber dem polnischen Staat stets illoyal? Verfolgten die polnischen Behörden eine restriktive Politik mit dem Ziel der "Entdeutschung" des Landes? Beide Fragen wurden allzu häufig bejaht, wurde doch die Geschichte der deutschen Minderheit in Polen bislang meist von ihrem Ende her gedacht - aus der Perspektive von Krieg, Besatzung und anschließender Vertreibung. Das Schulwesen der Zwischenkriegszeit bietet die Möglichkeit, diese verengte Sichtweise zu durchbrechen und das Beziehungsdreieck Polen - deutsche Minderheit - Deutsches Reich in neuem Licht zu sehen. Das Bildungswesen stellte dabei eines der Kernprobleme der Minderheitenpolitik dar: Der Staat sah in der Schule ein Mittel, um sich der Loyalität seiner Jugend zu vergewissern, die Minderheit eine Institution, um ihre Sprache und Kultur zu pflegen. Deutsche Pädagogen formulierten wiederholt den Anspruch, Treue zum "Volkstum" und Loyalität gegenüber dem Staat in Einklang bringen zu wollen. Dennoch blieb die Rolle der deutschen Schulen eine zwiespältige: Einerseits waren sie Ort der ethnisch-nationalen Selbstvergewisserung und ideologischen Einflussnahme, andererseits waren sie eine "Anpassungsschleuse", die die Eingewöhnung in den polnischen Staat erleichterte.
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