In Ungarn markierte der Aufstand von 1956 und seine Niederschlagung durch die sowjetischen Truppen einen zeithistorischen Wendepunkt. Nach einer Phase tiefgreifender politischer Erschütterungen entschied sich Generalsekretär János Kádár, die Konsumpolitik zu einem Schwerpunkt seiner Agenda zu machen. Steigende Lebensstandards sollten dem Regime neue Unterstützung schaffen. Annina Gagyiova geht in ihrer Studie der Frage nach, wie sich Konsumpolitik und -praktiken in Ungarn zwischen 1956 und 1989 entwickelt und die Einstellungen der Bevölkerung zum Regime verändert haben. Sie stellt Alltagspraktiken, Aushandlungsprozesse und den kulturellen Kontext von Artefakten in den Vordergrund ihrer Analyse. So kann sie die enge Verbindung von individuellen Praktiken und planwirtschaftlichen Prozessen aufzeigen. Die am Konsum beteiligten Menschen und Institutionen hatten ihren Eigen-Sinn, weshalb sich der Konsum anders entwickelte als von Regierung und Partei erwartet. Diese erste umfassende Arbeit zur Konsumgeschichte der Kádár-Ära arbeitet auf der Basis eines breiten Spektrums historischer Quellen heraus, wie eine sozialistische Konsumkultur gleichermaßen zur Legitimation wie zur Erosion des Staatssozialismus beitrug. Nicht zuletzt zeigt sie, dass es sich bei der sozialistischen Konsumkultur keineswegs nur um eine defizitäre Variante des westlichen Modells gehandelt hat, sondern dass sie eine eigenständige Form des consumerism hervorgebracht hat.
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