Wie konnte sich aus den innerprophetischen Konflikten der vorexilischen Zeit in nachexilischer Zeit eine Ablehnung aller gegenwärtigen und zukünftigen Prophetie zugunsten der Auslegung autoritativer Texte entwickeln? Oder, anders gesagt, was gab den Anlaß für die theologiegeschichtliche Bewegung vom prophetischen Wort zu seiner Auslegung? Armin Lange untersucht für diese Frage wichtige Bibelstellen aus den prophetischen Texten Amos, Micha, Jesaja, Zephanja, Jeremia, Ezechiel und Sacharja sowie aus den Klageliedern. Während aktuelle Prophetie und Tradentenprophetie in vorexilischer Zeit in einem In- und Miteinander existierten, wurde in nachexilischer Zeit die aktuelle Prophetie von der Tradentenprophetie in eine Randexistenz gedrängt. Armin Lange sieht den Grund für diesen Verdrängungsprozeß in den Erfahrungen der spätvorexilischen und frühnachexilischen Zeit. Die Beständigkeit der zionstheologischen Heilsverkündigung trug in den Augen deuteronomistisch geprägter Kreise (so etwa der deuteronomistischen Jeremiaredaktion) eine entscheidende Mitverantwortung für die Katastrophe von 587 v. Chr. Deshalb wurde die aktuelle Prophetie während des Neubaus des Jerusalemer Tempels 520-515 v. Chr. im ganzen in Frage gestellt und die prophetische Prophetenauslegung trat an ihre Stelle. Geboren 1961; 1982-90 Studium der Evangelischen Theologie; 1995 Promotion; 2001 Habilitation; 2002-2004 Associate Professor for Hebrew Bible and Dead Sea Scrolls an der University of North Carolina at Chapel Hill; seit 2005 Professor für das Judentum in der Zeit des Zweiten Tempels an der Universität Wien.
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