Studienarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Politik - Geschichte der politischen Systeme, Note: 1,2, Ludwig-Maximilians-Universität München, Veranstaltung: Seminar Jüdische Geschichte, Sprache: Deutsch, Abstract: Im Gegensatz zum Großteil der jüdischen Bevölkerung im Rest Europas, genossen die Juden im Zarenreich keinerlei Bewegungsfreiheit und es blieb ihnen nur der Ansiedlungsrayon als Siedlungsgebiet. Wirtschaftlich schwierig wurde die Lage vieler Juden durch, oft stattfindende, Vertreibungen aus den Städten und Dörfern, weshalb vielen als Fluchtort nur noch das Schtetl blieb. Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann die alte Kohäsionskraft des Schtetllebens zu bröckeln, nicht nur wegen der Migrationen in wohlhabendere Gegenden, sondern auch aufgrund der zunehmenden Säkularisierung in der jüdischen Gemeinde, was sich vornehmlich im Aufstieg politischer Parteien äußerte, besonders der sozialistischen und zionistischen, eben auch in den kleinsten Schtetlech. Es drängt sich, bei der Betrachtung der jüdischen Geschichte Osteuropas und der eminent wichtigen Rolle des Jüdischen Sozialismus, vor allem seit der Gründung des Bundes 1897, die Frage auf, inwiefern das Schtetl, als extrem stabiles soziales System, zwar „alles von außen Kommende zunächst auf seine Koheränzfähigkeit geprüft und dann erst aufgenommen“ hat, aber zugleich als das Sinnbild des unberührt Jüdischen gilt. In der vorliegenenden Arbeit wird die Wesenhaftigkeit des Schtetl, die geistige Nähe oder Distanz der jüdischen Arbeitsethik zur Idee des Sozialismus dargestellt und es wird die Frage beantwortet, inwieweit der jüdische Ethos im Schtetl, dem Sozialismus einfach nur ähnlich war, diesen anzog, oder vielleicht sogar in geistiger Opposition zu jenem stand.