Ein besessener Kampf
Ludwig Meyer lebt in einer gutbürgerlichen Familie mit seinen Eltern und seiner Schwester wohlbehütet in Hamburg. Die Mutter kapselt sich zunehmend ab, meidet den Kontakt mit der Familie und entkommt nur knapp einem Suizidversuch. In der damaligen Zeit wurde sie als
gemütskrank eingestuft und ins Krankenhaus eingewiesen. Die nicht wirklich anerkannte Krankheit führte in der…mehrEin besessener Kampf
Ludwig Meyer lebt in einer gutbürgerlichen Familie mit seinen Eltern und seiner Schwester wohlbehütet in Hamburg. Die Mutter kapselt sich zunehmend ab, meidet den Kontakt mit der Familie und entkommt nur knapp einem Suizidversuch. In der damaligen Zeit wurde sie als gemütskrank eingestuft und ins Krankenhaus eingewiesen. Die nicht wirklich anerkannte Krankheit führte in der Klinik zur Unterbringung unter widrigsten Umständen im Keller. Ludwig verschafft sich mit einer List Zugang zum Keller der Klinik und ist entsetzt über den Umgang mit den Patienten. Kurz darauf stirbt seine Mutter Infolge eines Selbstmordversuchs, indem sie sich mit den Fingernägeln die Pulsader aufschneidet. Seit diesem traumatischen Ereignis steht für Ludwig fest, dass er die unwürdige Situation ändern wird und setzt alles daran als "Irrenarzt" die Leitung dieser Abteilung zu bekommen.
Andreas Kollender berichtet in "Von allen guten Geistern" über das spannende und bewegende Leben des Psychiaters und Hochschul-lehrers Ludwig Meyer. Er erzählt die Geschichte in einem sehr lebendigen und angenehm zu lesenden Schreibstil, der mich von Beginn an fesseln konnte. Der Hauptprotagonist wird ausführlich charakterisiert und als nicht sehr selbstbewusster aber besessener Revolutionär beschrieben. Sein scheinbar aussichtsloser Kampf gegen die gesellschaftlichen Normen der damaligen Zeit erzeugt eine besondere Spannung, die über die gesamte Länge des Buches aufrechtgehalten werden kann. Fast ungläubig nimmt der Leser wahr, wie damals mit Gemütskranken bzw. "Irren" umgegangen wurde. Die menschenunwürdige Behandlung erzeugte bei mir Fassungslosigkeit und Wut und ließ den bewundernswerten Kampf von Ludwig Meyer in einem anderen Licht erscheinen. Ich fieberte mit ihm, dass seine Vision in Erfüllung gehen möge und trauerte mit ihm, da er seine große Liebe aufgrund seines Enthusiasmus niemals ausleben konnte. Die Geschichte wirkt auf mich historisch sehr gut recherchiert und hat mir einen guten Einblick in die Geburtsstunden der psychiatrischen Behandlung gegeben.
"Von allen guten Geistern" ist aus meiner Sicht ein rundum gelungener Roman, welcher mich voll und ganz in seinen Bann ziehen konnte und bei dem es mir ausgesprochen schwer fiel, das Buch aus der Hand zu legen. Für mich eine absolute Bereicherung, die ich sehr gerne weiterempfehle und natürlich mit fünf von fünf Sternen bewerte.