Texte aus dem chinesischen Altertum und Frühmittelalter sind uns heute fast ausschließlich durch Mittlerfiguren wie Bibliothekare, Herausgeber und Kompilatoren zugänglich. In Geschichts- und Sammelwerken bewahrten sie die Texte nicht nur, sondern wählten aus, bearbeiteten, arrangierten neu und trugen so ihre eigenen Ansichten und Interessen in die Texte hinein. Sie änderten deren Kontexte und Inhalte und überlagerten damit die ursprünglichen Aussagen und Zusammenhänge. So nahmen sie maßgeblich Einfluss auf die Rezeption der Texte durch spätere Leser. Clara Luhn fragt in ihrer Studie, welche Herausforderungen überliefertes Quellenmaterial an die sinologische Forschung stellt. Es wird untersucht, inwieweit die Lesung von Briefen beeinflusst wird, wenn sie in unterschiedliche Werkzusammenhänge eingebunden werden, und wie sich die Bedeutungen einzelner Texte über unterschiedliche Kontexte hinweg verändern. Als Kontexte werden die vier Geschichtswerke Han shu ¿¿, Han ji ¿¿, Hou Han shu ¿¿¿ und Sanguo zhi ¿¿¿, die Anthologie Wen xuan ¿¿ und das Kategorienbuch Yiwen leiju ¿¿¿¿ betrachtet. Innerhalb dieser Kontexte werden ausgewählte Texte einer Sammlung von 22 Briefen analysiert, die um das Jahr 530 n.Chr. In der Genreanthologie Wen xuan als die besten und wertvollsten Texte des Genres shu ¿ der chinesischen Literaturgeschichte zusammengestellt wurden.
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