Alfred Brendel nannte Peter Gülke einmal "den sehr seltenen Fall eines praktischen Musikers, der zugleich Musikwissenschaftler ist und dazu ein Literat von hohen Graden". Gülkes neues Buch ist dementsprechend primär aus der Perspektive des Praktikers, des "denkenden Dirigenten", verfasst. Es kreist um die Grundsatzfrage nach der Verwandlung komponierter, geschriebener Musik in Klang durch die Kunst der Interpretation. Zentrales Thema ist die Betonung erlebter statt nur gelesener, "architektonisch" verstandener Musik. Es wird anhand vielfältiger eigener Erfahrungen des Dirigenten Gülke, aber auch anderer Interpreten und in der konkreten Darstellung von Kompositionen behandelt. Dabei bietet Gülke immer wieder faszinierende Perspektivenwechsel an, etwa indem er zeigt, wie sehr hochartifizielle Musik von purem Klangdenken durchzogen sein kann oder wie die Grenzen zwischen Komposition und Interpretation verschwimmen, wenn improvisatorische Elemente von Komponisten aufgegriffen und in Noten verwandelt werden. Insofern lotet das Buch auch den Weg von der musikalischen Aktion zur Komposition aus.
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