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Greg hat von seiner Mutter ein Tagebuch geschenkt bekommen. Und das, obwohl Tagebücher doch eigentlich nur was für Mädchen sind! Oder etwa doch nicht? Greg jedenfalls beginnt einfach mal darin zu schreiben und zu zeichnen: über seine lästigen Brüder, seine Eltern, seinen trotteligen Freund Rupert, den täglichen Überlebenskampf in der Schule, ein echt gruseliges Geisterhaus und über den verbotenen Stinkekäse ...
Greg hat von seiner Mutter ein Tagebuch geschenkt bekommen. Und das, obwohl Tagebücher doch eigentlich nur was für Mädchen sind! Oder etwa doch nicht? Greg jedenfalls beginnt einfach mal darin zu schreiben und zu zeichnen: über seine lästigen Brüder, seine Eltern, seinen trotteligen Freund Rupert, den täglichen Überlebenskampf in der Schule, ein echt gruseliges Geisterhaus und über den verbotenen Stinkekäse ...
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.11.2015Peter Pans listiger Bruder
Serielle Kunst: "Gregs Tagebuch" ist eine der erfolgreichsten Kinderbuchserien der Welt. Gerade ist der zehnte Band erschienen. Eine Begegnung mit dem Autor Jeff Kinney.
Diesmal droht ihm sein wütender Vater nicht wie sonst gern mit dem Drill der Militärschule. Diesmal ist er zum Glück verreist, als seinem Sohn das Unglück mit dem Auto passiert, in dem sich Greg versteckt, versehentlich die Handbremse löst und den Wagen so in den Graben bugsiert. Aber weil der Vater schon bald zurückkommen wird, meldet sich Greg doch noch zur Klassenfahrt in die wegen ihrer spartanischen Ausstattung gefürchtete "Schweiß-und-Fleiß-Farm" an. Nach einer Woche, so kalkuliert er, wird der Zorn des Vaters über die verbeulte Stoßstange verraucht sein. Und begibt sich damit in eine Hölle, aus der ihn dann erst sein Vater wieder rettet, ohne es recht zu wollen.
Die Kinderbuchserie "Diary of a Wimpy Kid" (auf Deutsch: "Gregs Tagebuch"), geschrieben und gezeichnet von dem amerikanischen Autor Jeff Kinney, ist beispiellos auf dem aktuellen Buchmarkt für junge Leser. Nicht nur wegen der Absatzzahlen: Von den bisherigen Bänden, einschließlich des gerade erschienenen zehnten, wurden weltweit 160 Millionen verkauft, davon etwa dreizehn Millionen in Deutschland. Das sind zwar noch nicht die Dimensionen der "Harry Potter"-Serie, deren Gesamtauflage 450 Millionen beträgt, aber die ist vor acht Jahren an ihr vorläufiges Ende gekommen, während "Gregs Tagebuch" noch aufholen kann.
Vor allem aber ist die Serie ein Phänomen der Leseförderung. Eltern, Buchhändler und Lehrer berichten von eigentlich wenig buchaffinen Kindern, die über diese Bände doch noch zum Lesen kommen. Ein Grund liegt sicher darin, dass "Gregs Tagebuch" eine Mischung aus Comic und erzähltem Text ist, was Kinney durchaus kalkuliert einsetzt: "Die Kinder schwimmen im Text", sagt er im Gespräch, "und dann finden sie in den Bildern eine Insel." Ziemlich viele Inseln, pro Doppelseite unterbrechen drei bis vier Zeichnungen des Autors den Lesefluss. Dabei illustrieren sie nur in den seltensten Fällen das, was man gerade gelesen hat, sondern erzählen die Geschichte weiter: Der Tagträumer Greg malt sich dort beispielsweise aus, wie er eine ungünstige Situation für sich ins Gegenteil wenden kann, oder er spinnt umgekehrt bildkräftig aus, welchen Schrecken er aus einer bestimmten Konstellation erwartet.
Das Konzept wurde vielfach kopiert, seit Kinney nach achtjähriger Arbeit daran 2007 den ersten Band von "Gregs Tagebuch" publizierte - eigentlich sollte es ein Comic-Roman für Erwachsene über seine eigene Kindheit werden, aber er ließ sich vom Verleger überzeugen, dass die eigentliche Zielgruppe für diesen Humor und diese Erzählweise jünger sei. Kinney, der als sein großes Vorbild den legendären Dagobert-Duck-Zeichner Carl Barks nennt, beließ es aber beim Namen der Hauptfigur, die dem eigenen auffällig ähnelt: Greg Heffley.
Und er gab seiner Serie eine Reihe von Stacheln mit, die mit seiner pointenorientierten Erzählweise eine für die Kinderliteratur seltene Symbiose eingehen: Sein Held, gebeutelt von je einem älteren und einem jüngeren Bruder, erzählt seine Geschichte aus einem Universum ausgesprochen unzuverlässiger Erwachsener. Nicht nur Gregs Vater predigt Enthaltsamkeit und lässt sich von seinem Sohn nachts im Keller beim Diebstahl von Süßigkeiten erwischen. Auch Gregs Mutter führt einerseits einen Feldzug gegen elektronische Geräte und stattet andererseits ihren Sohn zur besseren Überwachung mit einem GPS-Chip aus. Gregs Großvater führt sich wie ein Teenager auf, der die sturmfreie Bude zum Feiern nutzt und dafür von Gregs Vater in die Ecke gestellt wird. Und gar die Lehrer: Verspricht einer, dass es bei der Aufklärung einer Untat nur darauf ankomme, dass sich der Schuldige dazu bekenne, es werde ihm schon nichts geschehen - dann weiß jeder in der Klasse, dass darauf nicht zu bauen ist. Oder wenn im Aufklärungsunterricht die Fürsorge für ein anderes Wesen geübt wird, indem jeder und jede ein rohes Ei erhält, das an die Stelle eines Säuglings tritt (Gregs Mutter macht unwissentlich Rührei aus dem Schützling ihres Sohns), dann lobt die Lehrerin diejenigen, die am nächsten Tag das Ei unversehrt wieder in die Klasse bringen, und entsorgt anschließend die Ersatzkinder vor aller Augen in einen Mülleimer.
Es sind groteske Szenen wie diese, die eine Kinderbuchserie vor Niedlichkeit bewahren können und zugleich für mitlesende Eltern interessant halten. Dabei ist Gregs Welt, ganz wie es der Zeitungscomic-Ästhetik entspricht, in einer Art Zeitblase gefangen: Greg, so scheint es, bleibt mit allen Verwandten und Freunden immer gleich alt, und nichts geschieht, was über die Bandgrenzen hinweg großartige Folgen hätte: "Um ehrlich zu sein, kommt es mir vor, als würde ich schon mein ganzes Leben lang auf die Mittelschule gehen", heißt es entlarvend im zehnten Band. Für Kinney, der sein erstes Greg-Buch mit 28 Jahren begann, damals noch kinderlos, heißt das, von einer angehaltenen Zeit zu erzählen, während ihm selbst zwei Söhne geboren wurden, von denen der erste mittlerweile dreizehn Jahre alt ist. Er wisse schon, sagt Kinney, dass seine Kinder eines Tages der Greg-Welt entwachsen werden. "Ich werde ein Buch schreiben, das sie nicht lesen werden, und es wird mir vorkommen, als ließen sie mich zurück. Ich muss sie wohl ermutigen, möglichst schnell eigene Kinder zu kriegen", sagt er.
So rettete sich einst auch J. M. Barries ewig junger Peter Pan durch die Einsamkeit, wenn ihm - wie seine Freundin Wendy - wieder mal eine Spielgefährtin an die Welt der Erwachsenen abhandengekommen war. Kinder wachsen schließlich nach und spiegeln sich in ihren Eltern wie Greg in seinem Vater. Das bislang letzte Buch von Kinneys Reihe trägt die Widmung: "Für Dad".
TILMAN SPRECKELSEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Serielle Kunst: "Gregs Tagebuch" ist eine der erfolgreichsten Kinderbuchserien der Welt. Gerade ist der zehnte Band erschienen. Eine Begegnung mit dem Autor Jeff Kinney.
Diesmal droht ihm sein wütender Vater nicht wie sonst gern mit dem Drill der Militärschule. Diesmal ist er zum Glück verreist, als seinem Sohn das Unglück mit dem Auto passiert, in dem sich Greg versteckt, versehentlich die Handbremse löst und den Wagen so in den Graben bugsiert. Aber weil der Vater schon bald zurückkommen wird, meldet sich Greg doch noch zur Klassenfahrt in die wegen ihrer spartanischen Ausstattung gefürchtete "Schweiß-und-Fleiß-Farm" an. Nach einer Woche, so kalkuliert er, wird der Zorn des Vaters über die verbeulte Stoßstange verraucht sein. Und begibt sich damit in eine Hölle, aus der ihn dann erst sein Vater wieder rettet, ohne es recht zu wollen.
Die Kinderbuchserie "Diary of a Wimpy Kid" (auf Deutsch: "Gregs Tagebuch"), geschrieben und gezeichnet von dem amerikanischen Autor Jeff Kinney, ist beispiellos auf dem aktuellen Buchmarkt für junge Leser. Nicht nur wegen der Absatzzahlen: Von den bisherigen Bänden, einschließlich des gerade erschienenen zehnten, wurden weltweit 160 Millionen verkauft, davon etwa dreizehn Millionen in Deutschland. Das sind zwar noch nicht die Dimensionen der "Harry Potter"-Serie, deren Gesamtauflage 450 Millionen beträgt, aber die ist vor acht Jahren an ihr vorläufiges Ende gekommen, während "Gregs Tagebuch" noch aufholen kann.
Vor allem aber ist die Serie ein Phänomen der Leseförderung. Eltern, Buchhändler und Lehrer berichten von eigentlich wenig buchaffinen Kindern, die über diese Bände doch noch zum Lesen kommen. Ein Grund liegt sicher darin, dass "Gregs Tagebuch" eine Mischung aus Comic und erzähltem Text ist, was Kinney durchaus kalkuliert einsetzt: "Die Kinder schwimmen im Text", sagt er im Gespräch, "und dann finden sie in den Bildern eine Insel." Ziemlich viele Inseln, pro Doppelseite unterbrechen drei bis vier Zeichnungen des Autors den Lesefluss. Dabei illustrieren sie nur in den seltensten Fällen das, was man gerade gelesen hat, sondern erzählen die Geschichte weiter: Der Tagträumer Greg malt sich dort beispielsweise aus, wie er eine ungünstige Situation für sich ins Gegenteil wenden kann, oder er spinnt umgekehrt bildkräftig aus, welchen Schrecken er aus einer bestimmten Konstellation erwartet.
Das Konzept wurde vielfach kopiert, seit Kinney nach achtjähriger Arbeit daran 2007 den ersten Band von "Gregs Tagebuch" publizierte - eigentlich sollte es ein Comic-Roman für Erwachsene über seine eigene Kindheit werden, aber er ließ sich vom Verleger überzeugen, dass die eigentliche Zielgruppe für diesen Humor und diese Erzählweise jünger sei. Kinney, der als sein großes Vorbild den legendären Dagobert-Duck-Zeichner Carl Barks nennt, beließ es aber beim Namen der Hauptfigur, die dem eigenen auffällig ähnelt: Greg Heffley.
Und er gab seiner Serie eine Reihe von Stacheln mit, die mit seiner pointenorientierten Erzählweise eine für die Kinderliteratur seltene Symbiose eingehen: Sein Held, gebeutelt von je einem älteren und einem jüngeren Bruder, erzählt seine Geschichte aus einem Universum ausgesprochen unzuverlässiger Erwachsener. Nicht nur Gregs Vater predigt Enthaltsamkeit und lässt sich von seinem Sohn nachts im Keller beim Diebstahl von Süßigkeiten erwischen. Auch Gregs Mutter führt einerseits einen Feldzug gegen elektronische Geräte und stattet andererseits ihren Sohn zur besseren Überwachung mit einem GPS-Chip aus. Gregs Großvater führt sich wie ein Teenager auf, der die sturmfreie Bude zum Feiern nutzt und dafür von Gregs Vater in die Ecke gestellt wird. Und gar die Lehrer: Verspricht einer, dass es bei der Aufklärung einer Untat nur darauf ankomme, dass sich der Schuldige dazu bekenne, es werde ihm schon nichts geschehen - dann weiß jeder in der Klasse, dass darauf nicht zu bauen ist. Oder wenn im Aufklärungsunterricht die Fürsorge für ein anderes Wesen geübt wird, indem jeder und jede ein rohes Ei erhält, das an die Stelle eines Säuglings tritt (Gregs Mutter macht unwissentlich Rührei aus dem Schützling ihres Sohns), dann lobt die Lehrerin diejenigen, die am nächsten Tag das Ei unversehrt wieder in die Klasse bringen, und entsorgt anschließend die Ersatzkinder vor aller Augen in einen Mülleimer.
Es sind groteske Szenen wie diese, die eine Kinderbuchserie vor Niedlichkeit bewahren können und zugleich für mitlesende Eltern interessant halten. Dabei ist Gregs Welt, ganz wie es der Zeitungscomic-Ästhetik entspricht, in einer Art Zeitblase gefangen: Greg, so scheint es, bleibt mit allen Verwandten und Freunden immer gleich alt, und nichts geschieht, was über die Bandgrenzen hinweg großartige Folgen hätte: "Um ehrlich zu sein, kommt es mir vor, als würde ich schon mein ganzes Leben lang auf die Mittelschule gehen", heißt es entlarvend im zehnten Band. Für Kinney, der sein erstes Greg-Buch mit 28 Jahren begann, damals noch kinderlos, heißt das, von einer angehaltenen Zeit zu erzählen, während ihm selbst zwei Söhne geboren wurden, von denen der erste mittlerweile dreizehn Jahre alt ist. Er wisse schon, sagt Kinney, dass seine Kinder eines Tages der Greg-Welt entwachsen werden. "Ich werde ein Buch schreiben, das sie nicht lesen werden, und es wird mir vorkommen, als ließen sie mich zurück. Ich muss sie wohl ermutigen, möglichst schnell eigene Kinder zu kriegen", sagt er.
So rettete sich einst auch J. M. Barries ewig junger Peter Pan durch die Einsamkeit, wenn ihm - wie seine Freundin Wendy - wieder mal eine Spielgefährtin an die Welt der Erwachsenen abhandengekommen war. Kinder wachsen schließlich nach und spiegeln sich in ihren Eltern wie Greg in seinem Vater. Das bislang letzte Buch von Kinneys Reihe trägt die Widmung: "Für Dad".
TILMAN SPRECKELSEN
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.11.2011Schöne neue Helden
retten die Welt
Tomi Ungerer, gerade achtzig Jahre alt geworden und kein bisschen weise, wurde zu seinen Kinderbüchern inspiriert in einer Zeit, in der die Literatur noch nicht dem Pisa-Wahn geopfert wurde: „Ich will mit meinen Büchern den Kindern beibringen, die Welt der Erwachsenen auszulachen. Sie sollen sehen, wie idiotisch wir sind.“
Ein solch ironischer Blick hinter die pädagogischen und moralischen Kulissen gelingt nur selten, dabei ist er auch heute noch ein sehr erfolgreiches Lockmittel für männliche Lesemuffel, wie eine der international bekanntesten Serien für junge Leser zwischen neun und zwölf beweist, Gregs Tagebuch von Jeff Kinney (Baumhaus Verlag). Mit dem ersten Band Von Idioten umzingelt – damit sind nicht nur Freunde oder Klassenkameraden gemeint sondern auch die liebe Familie – beginnt ein Sisyphus-Kampf um Selbstbehauptung, werden die Erziehungszumutungen von Eltern und Schule mit gesundem Egoismus und verrückten Einfällen ausgehebelt. Ein Lesespaß, auch für Mädchen, schließlich können sie gar nicht früh genug erfahren, wie Jungs ticken, und dazu haben sie in der aktuellen Jugendliteratur viele Gelegenheiten.
Ein Autor aber lässt dann doch Zweifel anklingen, ob man clevere und multimedial verrückte Jungs für Bücher aktivieren kann, wenn er in einer ungewöhnlich komischen Auseinandersetzung zwischen einer Jungs- und einer Mädchenclique die Reisevorbereitungen seiner Akteure vorstellt. Sie werden auch Bücher einpacken, das macht bei den Eltern einen guten Eindruck. Am besten sind Comics, „vor allem große Hefte, Asterix und Obelix zum Beispiel. Da kann man nämlich prima seinen Gameboy reinlegen und so tun, als ob man liest“. Martin Klein zieht in Jungsspaßund Mädchenpanik (Tulipan Verlag) mit großem Vergnügen auch die Eltern durch den Kakao, – die Mutter eines der Hauptakteure bringt aus Frust, dass sie ohne Freund öde Wochen an der Ostsee verbringen muss –, regalweise Bücher ins Auto. „Das Ganze sah so ähnlich aus wie ein riesiger Ziegelstein. Die Gesamtausgabe von Goethe, … die wollte ich immer schon mal im Urlaub dabei haben“, ist ihr Kommentar. Das übliche hierarchische Gefälle zwischen den Generationen löst sich auf, und gibt dieser Kindergeschichte neben der heiteren Stimmung einen versöhnlichen Anstrich.
Doch Humor und Ironie haben es weiterhin schwer, die Lesewelt ist immer noch von Phantastischen Erzählungen besetzt. Während sich weibliche Heldinnen mit immer ausgefalleneren Identitäten durch aussichtslose Liebesgeschichten schmachten, müssen die männlichen Helden in aberwitzigen Dystopien sich und die Welt retten. Als aktuelle Versionen von Schöne neue Welt erzählen diese Bücher von Gesellschaften, in denen die digitalen und sozialen Medien diktatorisch die Herrschaft übernommen haben. Der Kampf gegen sie entwickelt sich zu einem Forum der Auseinandersetzung mit den Ängsten der Moderne.
Und wenn sich die bildungsbeflissenen und verunsicherten Erwachsenen fragen, für welches Alter das alles gedacht ist, antwortet ihnen der Maler und Erzähler Shaun Tan: „Als Künstler versuche ich, Erfahrungen zu vereinfachen, von den Besonderheiten der Story wegzukommen, den emotionalen Fluss zu finden, und darauf reagieren die Kinder. Sie sind es außerdem gewohnt, nicht alles zu verstehen. Sie lesen die Sachen erst auf die Emotionen hin, und das ist die richtige Art zu lesen“. ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
Zeichnung:
Christian A. Fischbacher
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
retten die Welt
Tomi Ungerer, gerade achtzig Jahre alt geworden und kein bisschen weise, wurde zu seinen Kinderbüchern inspiriert in einer Zeit, in der die Literatur noch nicht dem Pisa-Wahn geopfert wurde: „Ich will mit meinen Büchern den Kindern beibringen, die Welt der Erwachsenen auszulachen. Sie sollen sehen, wie idiotisch wir sind.“
Ein solch ironischer Blick hinter die pädagogischen und moralischen Kulissen gelingt nur selten, dabei ist er auch heute noch ein sehr erfolgreiches Lockmittel für männliche Lesemuffel, wie eine der international bekanntesten Serien für junge Leser zwischen neun und zwölf beweist, Gregs Tagebuch von Jeff Kinney (Baumhaus Verlag). Mit dem ersten Band Von Idioten umzingelt – damit sind nicht nur Freunde oder Klassenkameraden gemeint sondern auch die liebe Familie – beginnt ein Sisyphus-Kampf um Selbstbehauptung, werden die Erziehungszumutungen von Eltern und Schule mit gesundem Egoismus und verrückten Einfällen ausgehebelt. Ein Lesespaß, auch für Mädchen, schließlich können sie gar nicht früh genug erfahren, wie Jungs ticken, und dazu haben sie in der aktuellen Jugendliteratur viele Gelegenheiten.
Ein Autor aber lässt dann doch Zweifel anklingen, ob man clevere und multimedial verrückte Jungs für Bücher aktivieren kann, wenn er in einer ungewöhnlich komischen Auseinandersetzung zwischen einer Jungs- und einer Mädchenclique die Reisevorbereitungen seiner Akteure vorstellt. Sie werden auch Bücher einpacken, das macht bei den Eltern einen guten Eindruck. Am besten sind Comics, „vor allem große Hefte, Asterix und Obelix zum Beispiel. Da kann man nämlich prima seinen Gameboy reinlegen und so tun, als ob man liest“. Martin Klein zieht in Jungsspaßund Mädchenpanik (Tulipan Verlag) mit großem Vergnügen auch die Eltern durch den Kakao, – die Mutter eines der Hauptakteure bringt aus Frust, dass sie ohne Freund öde Wochen an der Ostsee verbringen muss –, regalweise Bücher ins Auto. „Das Ganze sah so ähnlich aus wie ein riesiger Ziegelstein. Die Gesamtausgabe von Goethe, … die wollte ich immer schon mal im Urlaub dabei haben“, ist ihr Kommentar. Das übliche hierarchische Gefälle zwischen den Generationen löst sich auf, und gibt dieser Kindergeschichte neben der heiteren Stimmung einen versöhnlichen Anstrich.
Doch Humor und Ironie haben es weiterhin schwer, die Lesewelt ist immer noch von Phantastischen Erzählungen besetzt. Während sich weibliche Heldinnen mit immer ausgefalleneren Identitäten durch aussichtslose Liebesgeschichten schmachten, müssen die männlichen Helden in aberwitzigen Dystopien sich und die Welt retten. Als aktuelle Versionen von Schöne neue Welt erzählen diese Bücher von Gesellschaften, in denen die digitalen und sozialen Medien diktatorisch die Herrschaft übernommen haben. Der Kampf gegen sie entwickelt sich zu einem Forum der Auseinandersetzung mit den Ängsten der Moderne.
Und wenn sich die bildungsbeflissenen und verunsicherten Erwachsenen fragen, für welches Alter das alles gedacht ist, antwortet ihnen der Maler und Erzähler Shaun Tan: „Als Künstler versuche ich, Erfahrungen zu vereinfachen, von den Besonderheiten der Story wegzukommen, den emotionalen Fluss zu finden, und darauf reagieren die Kinder. Sie sind es außerdem gewohnt, nicht alles zu verstehen. Sie lesen die Sachen erst auf die Emotionen hin, und das ist die richtige Art zu lesen“. ROSWITHA BUDEUS-BUDDE
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"Eine unglaublich witzige Mischung aus Kinderbuch und Comic." Spiegel Online "Zum Glück gibt Greg nie auf, kämpft weiter gegen die Idioten in seiner Umgebung, die den wahren Greg nicht erkennen wollen - und so haben die jungen Leser (und Leserinnen) viel Gelegenheit, über dieses grandiose Buch laut zu lachen." Frankfurter Allgemeine Zeitung "Gregs Tagebuch macht aus Lesemuffeln garantiert begeisterte Leseratten." Süddeutsche Zeitung