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5784 Jahre Denkgeschichte für die Zukunft Shitstorms, Sex, Selbstbestimmung – ein ungewöhnlicher Blick auf aktuelle Themen: Wenn es heute um jüdisches Leben geht, dreht sich die Diskussion – insbesondere in Deutschland – meist um den Holocaust, den arabisch-israelischen Konflikt oder Antisemitismus. Dabei ist das Judentum die älteste der monotheistischen abrahamitischen Religionen, das bedeutet eine jahrtausendealte Kultur und Philosophie. Mirna Funk greift in ihrem aktuellen Buch acht Theorien der jüdischen Ideengeschichte auf, und bringt sie in Dialog mit dem »Jetzt«. Dazu gehört z. B.…mehr

Produktbeschreibung
5784 Jahre Denkgeschichte für die Zukunft Shitstorms, Sex, Selbstbestimmung – ein ungewöhnlicher Blick auf aktuelle Themen: Wenn es heute um jüdisches Leben geht, dreht sich die Diskussion – insbesondere in Deutschland – meist um den Holocaust, den arabisch-israelischen Konflikt oder Antisemitismus. Dabei ist das Judentum die älteste der monotheistischen abrahamitischen Religionen, das bedeutet eine jahrtausendealte Kultur und Philosophie. Mirna Funk greift in ihrem aktuellen Buch acht Theorien der jüdischen Ideengeschichte auf, und bringt sie in Dialog mit dem »Jetzt«. Dazu gehört z. B. »lashon hara«, das Verbot der üblen Nachrede, oder »tikkun olam«, die Pflicht, die Welt zu verbessern. So eröffnet Funk eine neue Perspektive auf politische Debatten, Streitkultur und Persönlichkeitsentwicklung: lebensnah, philosophisch fundiert und einzigartig. »Vieles, was heute diskutiert wird, als sei es ein Novum, haben Juden schon lange besprochen. Let's learn from it.« Mirna Funk
Autorenporträt
Mirna Funk, geboren 1981 in Ostberlin, studierte Philosophie und arbeitet heute als Autorin sowie freie Journalistin u.a. für ›FAZ‹, ›SZ‹ und ›Die Zeit‹. Seit 2021 erscheint ihre monatliche Sex-Kolumne in der ›Cosmopolitan‹ und seit 2018 schreibt sie über jüdisches Leben bei ›Vogue online‹. Ihr Debüt wurde mit dem Uwe-Johnson-Förderpreis ausgezeichnet, das Sachbuch »Who Cares« wurde ein sofortiger Bestseller.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur 9punkt-Rezension

Der an der Columbia University lehrende amerikanisch-palästinensische Historiker Rashid Khalidi hat gerade das Buch "Der Hundertjährige Krieg um Palästina" veröffentlicht. Im großen FR-Gespräch mit Hanno Hauenstein teilt er aus: Die Proteste an amerikanischen Universitäten seien keineswegs antisemitisch, findet er. Israel verurteilt er als "siedlungskoloniales Projekt". Außerdem müssten die Israelis Verhandlungen mit der Hamas führen, die sei schließlich demokratisch gewählt worden: Die Hamas habe von der windelweichen PLO "Die Fackel des bewaffneten Kampfes" übernommen. "Hätte die PLO erreicht, was sie anstrebte - einen palästinensischen Staat auf einem winzigen Teil von etwa 20 Prozent Palästinas - dann gäbe es die Hamas heute nicht. Die Hamas hat sich diesem Prozess widersetzt und war erfolgreich, auch weil ein unabhängiger, souveräner palästinensischer Staat im Rahmen des Oslo-Prozesses unter keinen Umständen verwirklicht werden konnte. Dieser Prozess führte zu einer Verstärkung der israelischen Besatzung und Kolonisierung, zu einer Verelendung des palästinensischen Volkes, zu einer Zerstückelung des Westjordanlandes in kleine Bantustans. Das ist es, was die Hamas zur Volksbewegung gemacht hat."

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 17.02.2024

Es tut auch gar nicht weh
Während der Antisemitismus aus den Löchern gekrochen kommt, liest Mirna Funk die großen jüdischen Denker.
Nichtjuden haben sich über Juden in den vergangenen 2500 Jahren ja allen möglichen Irrsinn zusammengereimt. Seit dem 7. Oktober 2023 wuchert der Wahnwitz wieder. Die Lage scheint hoffnungsloser denn je. Ausgerechnet jetzt kommt die streitbare jüdische Schriftstellerin Mirna Funk mit einem total verrückten Vorschlag daher: Warum nicht mal versuchen, von den Juden zu lernen? So richtig ratgebermäßig, persönlich, aber gerne im weltumspannenden Maßstab! From the Havelriver immer Richtung Westen back to the Wannsea sozusagen.
Ja, es ist schockierend. Der Trigger sind hier einfach zu viele: Mirna Funk! Juden! Lernen! Wir sehen die armen Studis vor uns, wie sie hyperventilierend über ihre Kufijas made in China stolpern. Seit Monaten scheuen sie keine Unkosten, um vom Kuchen bis zur Limo in leuchtendem Matchagrün ihre Solidarität mit der palästinensischen Sache zu zeigen. Und jetzt konfrontiert man sie mit so einem Buch!
Von einer Frau, die ihr Judentum sehr selbstbewusst lebt, auch die scharfe Debatte nicht scheut und als Publizistin wie im Netz bissig derzeit als links geltende Positionen kritisiert. Es ist zum Haareraufen! Deshalb an dieser Stelle eine riesengroße, flauschigweiche Triggerentwarnung: Man muss „Von Juden lernen“ nur aufschlagen und zu lesen beginnen, dann findet sich alles ganz von allein. Es tut wirklich nicht weh, sondern ist sogar ziemlich lustig!
Mirna Funk, durch unzählige Social-Media-Battles gestählt, mit allen Wassern der Vogue gewaschen, reißt uns mit in ihre Reflexionen über den jüdischen Glauben. Okay, aber warum denkt sie darüber eigentlich nach? Nun, sie hat „nur“ einen jüdischen Vater. Laut der Halacha, also dem jüdischen Recht (in orthodoxer Anwendung), wird die jüdische Identität aber über die Mutter weitergegeben. Sogenannte Vaterjuden gelten nicht. Nicht so richtig jedenfalls. Funk hat sich entschlossen, diese Frage durch ordentliche Konversion für sich zu klären. Also vertiefte sie sich in religiöse Studien. Und präsentiert uns ein Best-of der gewonnenen Erkenntnisse. In jedem Kapitel wird ein jüdisches Denkprinzip vorgestellt. Die Struktur ist dabei immer die gleiche: Einstieg mit einer der Krisen des Alltags aus dem Leben einer Freiberuflerin und alleinerziehenden Mutter, schmissig geschildert mit einer gerade unterhalb der Nervschwelle bleibenden, leicht ironisch wirkenden Prise englischer „phrases“. Simple as that. Wie man als international orientierte, internetaffine Person unter fünfzig halt so redet. Die Alltagserfahrung konfrontiert sie dann mit einer Idee aus dem jüdischen Traditionsbestand und entwickelt daraus ebenso abenteuerlich wie stimmig ihre eigene jüdische Lehre.
Zum Beispiel tikkun olam. Weltverbesserung auf jüdisch sozusagen. Was den Grundsatz in Funks Auslegung vom in Wohlstandsländern ja durchaus modischen Weltrettungsfuror unterscheidet? Dass es nicht ums Retten geht. Eher ums Reparieren. Man könnte es auch tatkräftigen Pragmatismus nennen. Das Böse wird nicht verschwinden, wir bekommen es nicht aus uns selbst heraus. Also sollte man es anerkennen, damit umgehen, nach bestem Gewissen am Guten arbeiten, ohne sich einzubilden, man wüsste stets genau, was das Gute ist.
Aus dieser Lesart der rabbinischen Literatur spricht durchaus eine gewisse Wut auf woke Wichtigtuende. Wer damit nicht umgehen kann, ärgert sich nach spätestens zwei Kapiteln matchagrün. Das wäre aber schade, weil ihm dabei die doch beachtliche philosophische Koheränz und hermeneutische Substanz der Ausführungen entginge. Damit sind nicht so sehr die Bits an Basiswissen Philosophie gemeint, die mal als integraler Bestandteil der argumentativen Logik, mal eher als etwas willkürlich eingestreute Spolien verfallener bildungsbürgerlicher Autorität im Text auftauchen. Man lasse sich auch vom popgängigen Kolumnentonfall nicht täuschen.
Klar wird die ein oder andere gewagte Parallele gezogen und ohne viel Federlesens aus dem (Paradies-)Apfel auf die feministische Birne geschlossen. Tatsächlich spinnt sich Funk aber nicht einfach ihr Privatjudentum zusammen. Die meisten ihrer Thesen lassen sich seriös aus der jüdischen Tradition begründen. Etwa dass Juden keinen Sündenfall kennen, ist keineswegs die wilde Behauptung eines Berlin-Mitte-Girls, sondern schlicht Realität.
Auch deshalb haben die meisten Strömungen des Judentums kein so verklemmtes Verhältnis zum Sex wie die Kirche (zumindest, solange er in der Ehe stattfindet). Funk zitiert Maimonides: Der Mann hat die Pflicht, die Frau zu befriedigen. So abseitig ist es also nicht, die Geschichte von Adam und Eva als Feier der menschlichen Entscheidungsfreiheit und nicht zuletzt der weiblichen Klugheit zu lesen.
Oder die Offenheit für hybride Genderrollen. Auch die französische Rabbinerin Delphine Horvilleur geht in ihrem schmalen, aber sehr klugen Band über den Antisemitismus darauf ein, wo sich „feminine Männer“ in der jüdischen Überlieferung finden und wie sehr sich Nichtjuden davon provoziert fühlten.
Der gemeinsame Nenner von Mira Funks Gedanken über das Judentum ist ein leidenschaftlicher Individualismus, gepaart mit einer tiefen Skepsis gegen einen wohlfeilen Utopie-Glauben. Sie argumentiert dabei nicht nur gesellschafts-, sondern auch wirtschaftsliberal, wenn sie etwa „Zedaka“ beziehungsweise die „Hilfe zur Selbsthilfe“ als Lob des Unternehmertums versteht. Zu einem FDP-Parteiprogramm mit jüdischem Anstrich verkommt „Von Juden lernen“ aber zum Glück nicht. Bevor sie ihrerseits allzu arg ideologisieren könnte, ist Funk immer schon beim nächsten Einfall. Man darf ihr getrost glauben, dass sie die malochet, die jüdische Streitkultur, verinnerlicht hat.
Und damit Sie, geneigter Leser, nicht aus dieser Rezension auftauchen, ohne schon etwas ganz Praktisches gelernt zu haben, hier — im Wortlaut nach Mirna Funk — ein instruktiver Witz: „Was macht ein Jude, der wie Robinson auf einer einsamen Insel strandet? Er baut zwei Synagogen. Und was sagt der einsame Jude, wenn man ihn nach Jahren endlich findet? Die erste Synagoge ist für mich. Die zweite ist die, in die ich niemals gehen würde.“ Also, frisch ans Werk!
JULIANE LIEBERT
Wieso baut ein Jude auf
einer einsamen
Insel zwei Synagogen?
Mirna Funk:
Von Juden lernen.
Dtv, München 2024.
160 Seiten, 18 Euro.
Die jüdische Streitkultur verinnerlicht: die Schriftstellerin Mirna Funk.
Foto: D. Dayan
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Nicht nur ein lehrreiches, sondern auch ein brandaktuelles Werk. Franziska Wolfinger Augsburger Allgemeine 20240316