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2 Kundenbewertungen

Der Sommer, in dem alles zum ersten Mal geschah Sommer 1972 in der finnischen Provinz: Als sein Vater erkrankt, wird der 17-jährige Erzähler von einem Tag auf den anderen in die Pflicht genommen - vorbei sind die unbeschwerten Tage seiner Kindheit. Anstatt Krebse zu fangen, verbringt er die Ferienmonate mit dem Bau von Regenrinnen und taucht ein in die bislang fremde und oft raue Welt der Erwachsenen. Doch der Arbeit am Tag folgen lange, warme Abende und Nächte, in denen heimliche Unternehmungen zu Abenteuern ganz anderer Art führen . . . Mit großer menschlicher Wärme, Weisheit und subtilem…mehr

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Produktbeschreibung
Der Sommer, in dem alles zum ersten Mal geschah Sommer 1972 in der finnischen Provinz: Als sein Vater erkrankt, wird der 17-jährige Erzähler von einem Tag auf den anderen in die Pflicht genommen - vorbei sind die unbeschwerten Tage seiner Kindheit. Anstatt Krebse zu fangen, verbringt er die Ferienmonate mit dem Bau von Regenrinnen und taucht ein in die bislang fremde und oft raue Welt der Erwachsenen. Doch der Arbeit am Tag folgen lange, warme Abende und Nächte, in denen heimliche Unternehmungen zu Abenteuern ganz anderer Art führen . . . Mit großer menschlicher Wärme, Weisheit und subtilem Witz erzählt der preisgekrönte Autor Olli Jalonen in seinem neuen Roman von einem finnischen Sommer in den Siebzigern, in dem Piratensender ihre Hochphase erleben, die ganze Welt von den Olympischen Spielen in München redet - und der unvergessliche Held der Erzählung zum Mann wird.

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Autorenporträt
Olli Jalonen, 1954 in Helsinki geboren, zählt zu den bedeutendsten Autoren Finnlands. Sein Werk wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Finlandia Prize, und in verschiedene Sprachen übersetzt. Bei mare erschien zuvor sein Roman "Vierzehn Knoten bis Greenwich" (2010).
Rezensionen

buecher-magazin.de - Rezension
buecher-magazin.de

Wortkarg sind die Finnen. Und auch Jalonens 17-jähriger Ich-Erzähler macht diesem Ruf mit seinem knappen "Joo" alle Ehre. Umso lauter und komplexer geht es in seiner Gedankenwelt zu. Es ist faszinierend, wie glaubwürdig sich Olli Jalonen in diesen namenlosen Jungen hineinversetzt, der im Sommer 1972 ganz plötzlich die Welt mit anderen Augen sieht. Durch innere Monologe, aufsteigende Erinnerungen und zwiespältige Gefühlswallungen ist der Leser hautnah dabei, wenn er sich in seinem Job als Hilfsarbeiter mit dem rauen Ton der Bauarbeiter anfreunden muss oder seine erste große Liebe lange nicht erkennt, weil sie ihm so nahe ist. Es ist ein Sommer, der alles verändert. Als Einser-Schüler, der durch das Herzleiden des Vaters abrupt in einer harten Männerwelt landet, muss er seinen Weg alleine finden und studiert das Verhalten der einfach gestrickten Arbeiter ebenso genau wie die hitzigen politischen Debatten um die eigenmächtige Amtsverlängerung des Präsidenten. Selbst in der finnischen Provinz weht ein Hauch des Kalten Krieges und die Olympiade in München wird live übertragen. Als sein Freund Yukka, mit dem er seit Jahren freie Radiostationen abhört, einen Piratensender aufziehen will, ist die große weite Welt plötzlich zum Greifen nah und der ruhige Junge findet seine eigene Stimme.

© BÜCHERmagazin, Tina Schraml (ts)

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In Olli Jalonens Finnland geht es in jedem Fall "normaler" zu als bei den Kaurismäki-Brüdern, stellt Rezensentin Kristina Maidt-Zinke nach der Lektüre fest. Beeindruckt vermerkt die Kritikerin, mit welch "dokumentarischem" Realismus Jalonen die sehr eigene Atmosphäre Finnlands vor der Globalisierung abbildet. Sie liest hier die im Sommer 1972 spielende Geschichte um einen achtzehnjährigen Ich-Erzähler, der sich gegen das Abitur und für die Verantwortung für seinen herzkranken und arbeitslosen Vater entscheidet. Wie der Autor die Solidarität und das Mitgefühl in dem kleinen südfinnischen Dorf schildert, findet die Rezensentin "warmherzig". Vor allem bewundert sie, wie subtil Jalonen John Steinbecks "Von Mäusen und Menschen" als literarischen Bezugspunkt in seine Erzählung einflicht. Und so hat sie diesen nüchternen, angenehm "spröden" und witzigen Roman mit großem Vergnügen gelesen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.11.2016

Vom Ausschwitzen der Jugend
Mit Fichtennadelduft: Olli Jalonens tiefenentschleunigter Roman über das Erwachsenwerden, wie es einmal war

Beneidenswerte siebzehn Jahre ist er alt, der namenlose Ich-Erzähler dieses finnisch entspannten, nostalgisch realistischen Romans, der mit Liebe zum Detail den Sommer des Jahres 1972 auferstehen lässt. Wenn man noch erfährt, dass der Held sich in ein Mädchen verliebt, mit diversen Autos herumbraust, ohne den Führerschein zu besitzen, und unter Anleitung eines Freundes den Reiz des Verbotenen entdeckt - in diesem Fall den Betrieb eines Piratensenders -, dann sind die Erwartungen vollends auf die falsche Spur gesetzt. Denn mit "Tschick" verbindet das ohne viel Lakonie erzählte Buch kaum etwas. Olli Jalonens Held, der während des besagten Sommers zum Mann heranreift, hat mit der Welt einfach kein Hühnchen zu rupfen. Während Wolfgang Herrndorf die kurze, rasante Form wählte, wodurch der Abenteueraspekt der jugendlichen Reise zum eigenen Ich in den Vordergrund trat, konzentriert sich der in Finnland wohlbekannte Autor in seinem autobiographisch grundierten, tiefenentschleunigten Werk auf die ganz normale Wirklichkeit.

So erfahren wir eine Menge über das Lebensgefühl im Finnland der siebziger Jahre, das mit dem fragwürdigen Dauerregenten Urho Kekkonen einen eigenen Weg zwischen den einander frostig gegenüberstehenden Systemen suchte. Mit seinem west-östlichen Kurs brachte der Staatspräsident rechte wie linke Kritiker ebenso gegen sich auf wie mit seinen undemokratischen Sondergesetzen, die ihm etwa die Verlängerung der Amtszeit ohne Wahlen sicherten. Und doch ging alles seinen Gang. Das Leben, so stellt unser jugendlicher Held denn auch fest, besteht vor allem aus ewiger Wiederkehr: "Früher ist mir die Unveränderlichkeit nicht so aufgefallen, jedenfalls nicht so deutlich wie in diesem Jahr." Nun aber sieht er sich auf einen Schlag an die Stelle des Vaters gesetzt, der krank und arbeitslos nicht mehr als Stütze der Familie fungieren kann.

Der Erzähler nimmt die Verantwortung an, ohne zu murren. Und so haben wir den seltenen Fall eines Initiationsromans vor uns, bei dem alles glattgeht. Mit einem Ferienjob in der Sanitärfirma eines weitläufigen Verwandten zahlt der Protagonist die Schulden des Vaters ab und lernt zugleich, wie man in der Arbeitswelt seinen Platz einnimmt und kleine Konflikte regelt. Ihm wird bewusst, dass Erwachsenwerden auch bedeutet, all die vermeintlichen Regeln - "ein Mann unterwirft sich nicht einfach dem, was ein anderer ihm sagt"; "kein Mann weint im Kino" - auf ihren Gehalt zu prüfen und bei Bedarf zu verwerfen.

Mit dem geistig zurückgebliebenen, aber bärenstarken Rekku, dem unehelichen Sohn seines Arbeitgebers, verbindet den Helden schnell eine Freundschaft, zumal es zu einem unverhofften sexuellen Abenteuer mit Rekkus junger Tante kommt. In seiner Freizeit renoviert der Erzähler die heimische Sauna, hängt mit seinem technikaffinen Jugendfreund Jukka herum und verliebt sich immer mehr in dessen Schwester Karina. Viel mehr geschieht hier eigentlich nicht, aber dem Autor gelingt es, dieses von Solidarität geprägte Leben in der Provinz mit einfachen Worten als das darzustellen, was es ist: als keineswegs selbstverständliches Glück. Das fällt umso mehr auf, wenn man bedenkt, welche Sprachlosigkeit in jenen Jahren hierzulande zwischen den Generationen herrschte.

Wie es sich für einen finnischen Roman gehört, kommt dem Saunieren eine zentrale Bedeutung zu. Man kann (und soll vielleicht) auf den Gedanken kommen, dass in einer immer wieder gemeinsam dampfgegarten Bevölkerung der Gesellschaftsvertrag einfacher einzuhalten ist. Und man könnte selbst die Poetik eine wellnessorientierte nennen. Es gibt die kurzen erzählerischen Anschwitzphasen, wenn etwa die spaßeshalber zu sinnlosen Interviews zusammengeschnittenen und über die selbstgebastelte Station "Radio Satan" versendeten Reden des Präsidenten von einer hysterischen Presse als umstürzlerische Aktion bewertet werden. Es gibt die Momente plötzlicher Abkühlung, wenn Jalonens Alter Ego beispielsweise feststellen muss, dass die Entdeckung eines einzigen Knutschflecks zu heftigen Reaktionen führen kann. Aber den Großteil des Buches machen ausgedehnte Ruhephasen aus, in denen über viele Seiten hinweg allenfalls ein paar Dachrinnen angebracht werden: ein wohliges Dösen des Lesers in behaglicher Katastrophenferne.

Etwas bemüht wirkt allerdings, dass Jalonen auf intertextueller Ebene einen Gegenpol eingebaut hat. Allzu unsubtil (bis in den Titel hinein) sind die Bezüge zu John Steinbecks Erzählung "Von Mäusen und Menschen", in der zwei Wanderarbeiter von einem festen Platz im Leben träumen, aber am amerikanischen Kapitalismus scheitern. Zwar haben sie ihre Kameradschaft, doch die führt bekanntlich nur dazu, dass der Protagonist den bärenstarken, geistig zurückgebliebenen Lennie, der im Affekt einen Mord begangen hat, erschießt, bevor die Meute ihn lynchen kann. Dem Erzähler ist dieses Ende des Geschichte zuwider ("Ich weiß nicht, warum, verdammt"), und tatsächlich überschreibt er es mit seinem eigenen Lebensroman. Auch Rekku wird schließlich gewalttätig, aber niemand reagiert auf seine Wutanfälle mit Wut. Das Zivilisatorische hat über das Instinkthaft-Animalische gesiegt. Einer so direkten Botschaft hätte es gar nicht mehr bedurft, denn sie war all den Seiten zuvor längst eingeschrieben.

OLIVER JUNGEN.

Olli Jalonen: "Von Männern und Menschen". Roman.

Aus dem Finnischen von Stefan Moster. Mare Verlag, Hamburg 2016. 544 S., geb., 24,- [Euro].

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