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Perlentaucher-Notiz zur Dlf-Rezension
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Erfahren im Showgeschäft der Literatur: Connie Palmens Essayband "Vor allem Frauen"
Beim Gastlandauftritt der Niederlande und Flanderns jüngst auf der Leipziger Buchmesse war die zierliche, aber immer leicht verwegen wirkende Connie Palmen die Grande Dame der Delegation. Kein Wunder: Wo immer sie auftritt, hat man schnell das Gefühl, einer Pressekonferenz mit einem großen Rockstar beizuwohnen, wobei nicht alle Rockstars so souverän und gewitzt sind wie sie. Palmen strahlt aus, dass sie nichts mehr beweisen muss, und gerade in Deutschland hat die 1955 in der niederländischen Provinz Limburg Geborene, die mit vollem Namen Aldegonda Petronella Huberta Maria Palmen heißt, ihr Literaturstudium mit einer Arbeit über Cees Nooteboom abschloss und 1991 als Schriftstellerin debütierte, ein dankbares Publikum. Sie gehört, nach der Generation von Hugo Claus, Willem Frederik Hermans, Harry Mulisch und eben Nooteboom, zu den Namen niederländischer und flämischer Schriftsteller, die man auch im deutschsprachigen Raum kennt, wurde von Anfang an im Zürcher Verlag Diogenes übersetzt und ist für diesen auch zu einem Aushängeschild geworden.
Zuletzt hatte Palmen den Roman "Du sagst es" (2016) veröffentlicht, der die Beziehung des Dichterpaars Sylvia Plath und Ted Hughes behandelt und an ihm auf teils ironische Weise die Frage, wie sehr man für die Kunst leiden muss. Auf diese beiden Galionsfiguren ihres Lebens und Schreibens kommt Palmen auch in ihrem neuen Essayband mit dem Titel "Vor allem Frauen" noch einmal zurück - neben Ted Hughes ist Philip Roth der einzige darin thematisierte Mann. An ihren Vorbildern hebt Palmen jeweils eine Eigenschaft besonders hervor: etwa Virginia Woolfs Autonomie, Sylvia Plaths Wahrhaftigkeit, Joan Didions Unnahbarkeit. An Roth lobt Palmen vor allem das Rebellische - scheint ihn auch gegen jegliche Anwürfe verteidigen zu wollen, die zuletzt laut wurden: Roth sei "nicht k. o. gegangen, niemand hat ihn untergekriegt".
Als im Literatur-Showgeschäft Erfahrene stellt Palmen in ihren Essays besonders die Frage nach der Unterscheidung von Aufrichtigkeit und Rollenspiel im Schreiben, gerade dem vermeintlich autobiographischen. In Bezug auf Didion spricht sie noch von der Hoffnung, das Schlimmste möge nicht eintreten, wenn man nur "so schön wie möglich" dagegen anschreibe. In einem Fazit-Essay kommt Palmen aber noch einmal auf Plath und Hughes zu sprechen - und auf den traurigen Punkt, dass Hughes wohl nicht mehr erkennen konnte, wie ernst die Frau, die er für eine andere verließ, es mit ihren Ankündigungen meinte, sich das Leben zu nehmen. "Das Paradox von Hughes, Plath, eines jeden Schriftstellers liegt darin, dass das möglicherweise übermäßige Verlangen nach Echtheit die Triebfeder für die Schöpfung einer fiktionalen Welt ist, dass das Verlangen, eine Wahrheit aufzudecken, die sich hinter der sichtbaren Wirklichkeit versteckt, nur in einem künstlichen, literarischen Körper eine Form erhalten kann." Daraus zieht Palmen den drastischen Schluss, wer die Fiktion nicht ertrage, ertrage das Leben nicht. JAN WIELE
Connie Palmen:
"Vor allem Frauen". Essays.
Diogenes Verlag, Zürich 2024. 160 S., geb., 22,- Euro.
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