Es ist nicht zuviel gesagt, wenn man behauptet, die Wagnerforschung habe eben erst begonnen. Das hat zunächst mit der so außergewöhnlichen Fülle des überlieferten Materials zu tun. Dabei scheint der Strom der immer noch hinzukommenden Dokumente einstweilen gar nicht abreißen zu wollen. Entsprechend ist sehr vieles unerforscht und ungeklärt. Dass ein Ende nicht abzusehen ist, liegt weiterhin im besonderen Wesen der Kunst Richard Wagners begründet. Die Idee des Gesamtkunstwerks stellt uns vor das Problem, wie und mit welcher Methode diesem Phänomen beizukommen sei: wohl nur mit einem Verfahren, das ähnlich übergreifend ist wie Wagners eigenes. Schließlich gilt es, noch eine andere spezifische Eigenheit der Wagnerschen Kunst zu betrachte: ihre Vieldeutigkeit. Zwar zeichnet es alle große Kunst aus, dass sie verschiedene Deutungsmöglichkeiten zulässt, doch im Wagnerschen Werk ist dies zum Prinzip erhoben. Es kann also gar kein Ende des Deutens geben. Die hier vorgelegten Aufsätze aus 25 Jahren Beschäftigung mit Richard Wagner sind Versuche, diese Herausforderungen in die Tat umzusetzen. Als leitender Faden kann dabei das Bemühen gelten, Ergebnisse der Forschung so zu vermitteln, das sie in die künstlerische Praxis zu wirken und auch den Wagnerliebhaber und interessierten Laien zu erreichen vermögen.
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