Studienarbeit aus dem Jahr 1999 im Fachbereich Germanistik - Neuere Deutsche Literatur, Note: 1,0, Humboldt-Universität zu Berlin (Institut für deutsche Literatur), Veranstaltung: Antigone, Sprache: Deutsch, Abstract: Walter Hasenclever schrieb sein Drama Antigone im Jahre 1916, mitten im Ersten Weltkrieg. Es erschien 1917 in mehreren Auflagen. Die erste Aufführung war für 1917 geplant, unterlag aber einem Verbot der Zensur und fand möglicherweise erst 1919 statt. Das Stück wurde vom Publikum begeistert aufgenommen, unterlag aber ab 1920 erneut öffentlichen Sanktionen 1 . Diese Rezeption des Antigone-Mythos, angelehnt an die antike Vorlage Sophokles‘, fand also starke Resonanz beim Publikum seiner Zeit: Begeisterung von der einen, Verbote von der anderen Seite. Hasenclevers Antigone scheint den wunden Punkt seiner Zeit genau getroffen zu haben - kaum etwas anderes ist solch ein präziser Seismograph für die kritische Aktualität eines Textes wie das Verbot durch die Zensur, einem Instrument staatlicher Gewalt und Kontrolle. Wir haben in u nserem Referat über Hasenclevers Antigone (17./24. 06. 99) versucht, den Umgang mit einem Mythos am Beginn des 20. Jahrhunderts in Verschränkung mit Bezügen zur Aktualität, zur Wirklichkeitserfahrung dieser Zeit darzustellen. Dazu bedurfte es der Synthese zweier Perspektiven auf den Text: Zum einen der Analyse der literarischen Methoden und Mittel einer Mythosrezeption, die in das antike Muster vielschichtige Diskurstraditionenen deutet. Zum anderen der Einbettung des Werkes in sein literaturgeschichtliches, historisches, intellektuelles Umfeld, um so auch die Fluchtpunkte der Aktualisierung des Mythos einzubinden. Ich möchte mich in den folgenden Ausführungen auf die erstere Perspektive, also die Umdeutung bzw. literarische Rezeption des antiken Mythos konzentrieren, und verweise für den zweiten Aspekt unserer Darstellungen auf die Ausführungen meiner Mitreferentin, Annegret Hoffmann. Ich werde mich für Belege meiner Thesen und Interpretationen aus Gründen des Umfangs auf exemplarische Zitate, auf Szenenverweise und Motivkomplexe beschränken müssen.