Warum bilden ausgerechnet Geschwisterbeziehungen den Schauplatz für Dramen, die eher zu den Eltern gehören als zu ihnen? Das fragt sich Kati, als zwischen ihr und ihrer jüngeren Schwester Eva aus kleinstem Anlass der Graben alten Schweigens wieder aufreißt. Zwar ist Eva mit Kati eng verbunden, aber sie steht anders zu den gemeinsamen Eltern. Dass Kati seit längerem der mit Krieg und Flucht verbundenen Geschichte des verstorbenen Vaters nachforscht, scheint den Graben eher zu vertiefen: Wer ist woran schuld? Und – geht es überhaupt um »Schuld«? Kann es in Familien unbelastete Nähe geben? Gibt es einen Weg aus dieser Blockade? Der Roman erzählt in prägnanter, empathischer Sprache ein Jahr in einer Familie, in die Geschichten aus vier Generationen hineinwirken.
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Sigrid Brinkmann schätzt an Bernadette Conrads Romandebüt die sensible Annäherung der Autorin an schwierige emotionale Fragen. Die Protagonisten Kati Claassen hat den Kontakt zu ihrer Familie abgebrochen. Als Kind wurde sie von ihrem Vater missbraucht und sucht nun in dessen Vergangenheit nach den Gründen für seine geschädigte Psyche, schreibt die Rezensentin. Die Erzählung wird von Reflexionen und inneren Monologen unterbrochen, berichtet sie. In der Art wie Conrad mit wenigen Sätzen die Aura eines Ortes einfangen kann, spiegelt sich ihre Erfahrung mit Reisereportagen wieder, erkennt Brinkmann. Ihr gefallen die komplexen Charaktere und Conrads kluger Blick auf menschliche Beziehungen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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