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Auf Augenhöhe mit unseren Pferden Isabell Werth erzählt kenntnisreich und persönlich von den wichtigsten Pferdepersönlichkeiten ihrer langen Karriere. Sie beschreibt, wie Pferde und Reiterin einander prägen, verweist auf die zahlreichen Charaktereigenschaften und Abenteuer, die diese mit sich bringen, sowie die Wege der Problembewältigung. Denn jedes Pferd ist anders. Es gibt keine Schablone, die für alle gültig ist. Es gibt Pferde, die richtig schlecht gelaunt auf Schnee reagieren, andere werden sauer, wenn man vor ihnen ein anderes Tier streichelt. Denn wie wir Menschen, merken auch sie sofort, ob sie die Nummer eins sind.…mehr

Produktbeschreibung
Auf Augenhöhe mit unseren Pferden Isabell Werth erzählt kenntnisreich und persönlich von den wichtigsten Pferdepersönlichkeiten ihrer langen Karriere. Sie beschreibt, wie Pferde und Reiterin einander prägen, verweist auf die zahlreichen Charaktereigenschaften und Abenteuer, die diese mit sich bringen, sowie die Wege der Problembewältigung. Denn jedes Pferd ist anders. Es gibt keine Schablone, die für alle gültig ist. Es gibt Pferde, die richtig schlecht gelaunt auf Schnee reagieren, andere werden sauer, wenn man vor ihnen ein anderes Tier streichelt. Denn wie wir Menschen, merken auch sie sofort, ob sie die Nummer eins sind.
Autorenporträt
Isabell Werth, geboren 1969, ist die erfolgreichste Reiterin der Welt. Allein bei Olympischen Spielen hat sie sechs Goldmedaillen gewonnen, und ihre Karriere ist noch nicht zu Ende. Größtes Ziel sind jetzt die Olympischen Spiele 2020 in Tokio. Sie ist weltbekannt im Reitsport, im Dressurreiten orientieren sich auch etablierte Konkurrenten an ihr, für Hobbyreiter ist sie ein Idol. Niemand hat es geschafft, den Reitsport so lange zu prägen wie sie – ihr Aufstieg begann Ende der 1980er Jahre.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.05.2024

Zwischen Genie und Wahnsinn

Isabell Werth hat mehr Pferde in den großen Sport gebracht als jeder andere Reiter. Und jedes hat seine eigene Persönlichkeit. In ihrem neuen Buch "Was für ein Mensch ist mein Pferd?" beschreibt die hochdekorierte Dressurreiterin zusammen mit F.A.Z.-Autorin Evi Simeoni einige dieser extremen Charaktere.

BELLA ROSE, zum Star geboren

Als Via Bellani, das erste Fohlen von Bella Rose, noch ganz klein war, brachten wir Mutter und Kind tagsüber immer auf die Weide, die direkt vor unserem Wohnzimmerfenster liegt. Wenn ich zu Hause war, konnte ich Mutter und Sohn nach Herzenslust beobachten. Und das tat ich ausgiebig. Was für eine Freude das war! Nicht, dass ich dabei eine neue Bella Rose kennengelernt hätte. Im Gegenteil: Sie hat das Muttersein genau mit derselben Grazie und Souveränität gemeistert wie zuvor ihre Aufgaben im Leistungssport. Aber alles, was ich sah, wirkte vollkommen stimmig. In ihrer aktiven Zeit war sie für mich das perfekte Dressurpferd gewesen. Nun war sie die perfekte Mutter. Es erfreute mich, dieses wunderbare Pferd, meine Bella Rose, in ihrer neuen Rolle zu sehen. Ich sah: Sie war angekommen.

Ihre Trächtigkeit verlief völlig problemlos. Und selbst mit dem Geburtstermin nahm sie Rücksicht auf mich. Der errechnete Termin fiel eigentlich genau auf das Weltcupturnier in s'Hertogenbosch, bei dem ich mit Quantaz am Start war. Natürlich hatte ich in ihrer Box eine Kamera installiert und einen Geburtenwächter, ein Gerät, das bei den ersten Anzeichen Alarm gibt. Und so konnte ich vom Turnier aus das Geschehen ständig mitverfolgen. Aber es tat sich noch nichts. Es schien, als hätte sie gewartet, bis ich wieder da war.

Nach einem schönen Tag auf der Wiese ging es los. Abends um neun, also wieder sehr rücksichtsvoll. Die Fruchtblase ging auf, plötzlich schaute ein Beinchen heraus, und ich habe die Tierärztin gerufen, außerdem meinen Vater, der unbedingt schauen musste, ob alles richtig war. Ich wurde ganz nervös - aber die Geburt verlief wie im Bilderbuch.

Bella Rose hat mit neunzehn Jahren ein neues Leben angefangen, und ich schaue nun hauptsächlich zu. Natürlich denke ich, wenn sie ganz gelassen auf der Wiese grast, auch immer wieder an unsere frühen Jahre zurück. An den Beginn unserer langen und intensiven Beziehung, die besonders emotionsgeladen war, sehr eng und symbiotisch. Wir sind zusammen durch Höhen und Tiefen gegangen, mein Herzenspferd und ich.

QUANTAZ, der Macho

Die Zweierbeziehung zwischen Quantaz und mir ist eine ganz besondere Affäre. Sie hat, gelinde gesagt, etwas Prickelndes. Wir sind sehr eng verbunden, aber wir hatten auch schon eine ernsthafte Beziehungskrise, die darin gipfelte, dass er mich im Dressurviereck, mitten in der Prüfung, an meine Grenzen brachte. Aber, so viel möchte ich jetzt bereits verraten: Wir haben wieder zusammengefunden, und heute harmonieren wir besser denn je.

Es geschah im Sommer 2022, beim letzten Sichtungsturnier für die Weltmeisterschaft in Kronberg. Unsere Beziehung eskalierte, als er in einem Moment seinen Dominanzanspruch ausspielte, in dem ich nichts dagegen tun konnte. Er demonstrierte mir ganz klar, dass er in der Lage war, mich in die Ecke zu drängen - und das vor aller Augen. Der Konflikt hatte sich schon im Vorfeld angebahnt, ich spürte, dass er ein bisschen angesäuert war, deshalb hatte ich versucht, ihn vorsichtig durch die Prüfung zu lavieren. Doch das gelang mir nicht. Sein Verhalten fand seinen Höhepunkt in der Piaffe. Er wollte sich nach links drehen, was er nicht sollte. Ich habe nur eine kleine Korrektur vorgenommen, habe mit dem Zügel rechts eingewirkt, nur ein kleines bisschen. Es war aber, als hätte er nur darauf gewartet, um mir sagen zu können: Nee, meine Liebe, jetzt wird gemacht, was ich sage. Er hat seine Macht ausgespielt, ist richtiggehend ausgestiegen und machte einen ordentlichen Satz nach vorn. Es war wie ein Showdown, er wollte endgültig klarstellen, dass er hier der Chef im Ring ist. Und ich muss zugeben: Diese Runde ging wirklich an ihn.

Natürlich sucht man als Reiter den Fehler immer bei sich selbst. Aber was ich da erlebt habe, war ein cleveres Entziehen, ein Auflehnen gegen meine Autorität. Richtig gekonntes Wissen, wie man so etwas macht. Er war vollkommen davon überzeugt, dass die Zeit gekommen war, nun die Rolle als Chef zu übernehmen. Ein echter Macho eben. Ich war erst einmal ratlos, und das wenige Wochen vor den Weltmeisterschaften.

GIGOLO, der Athlet

Gigolo war in vielen Dingen genau wie ich zu Beginn meiner Karriere. Unsere ganz große, aber längst nicht die einzige Gemeinsamkeit war unser Ziel: Wir wollten Leistung bringen. Wir hatten eine sehr intensive Beziehung. Am besten kann man sie mit einem Bruder-Schwester-Verhältnis beschreiben. Wir waren total aufeinander fixiert und kannten einander in- und auswendig. Mit ihm habe ich noch viele Dinge alleine gemacht, die heute die Pferdepflegerin übernimmt. Wir haben also sehr viel Zeit miteinander verbracht und vieles zusammen zum ersten Mal getan, auf Turnieren oder auf Reisen. Er war das erste Pferd, mit dem ich gemeinsam im Flugzeug geflogen bin. Es war keine Frage: Wir konnten uns in jeder Situation aufeinander verlassen. Wir strebten zusammen nach Erfolg. Und das ist uns gelungen. Er ist es, der für meine erste, überwältigende Phase im Sport steht. Der Kern von Gigolos Persönlichkeit drückte sich in seiner Leistungsbereitschaft aus. So wurde er zum erfolgreichsten Dressurpferd der Geschichte - ein Rekord, den bis heute, obwohl ich ihn schon im Jahr 2000 verabschiedet habe, niemand überboten hat.

DON JOHNSON, der Revolverheld

Ich sage jetzt einen Satz, der Insider erstaunen wird: Ich bin nie, wirklich kein einziges Mal, von Don Johnson heruntergefallen. Ich wage das nur zu sagen, weil Don Johnson schon lange vom Sport verabschiedet ist und dieses "Versäumnis" nicht mehr nachholen kann. Jeder weiß es: Dieser braune Wallach hat gebockt wie verrückt, und zwar vom ersten bis zum letzten Tag seiner Laufbahn. Jeder, der Dressurturniere verfolgt, hat irgendwann mal gesehen, wie Don Johnson bei der Prüfungsvorbereitung blitzschnell den Kopf herunternahm, den Rücken rund machte und loslegte mit Springen und Schaukeln - aber wie gesagt, er ist mich nie losgeworden, und ich glaube, dass er das nur höchst selten wollte. Normalerweise habe ich gesagt: Der will nur spielen. Er tat es aus reinem Übermut.

Wenn er zu seinen Bocksprüngen ansetzte, kam jede Maßnahme zu spät, ich saß oben und konnte nichts machen, so schnell war er. Selbst wenn ich vorbereitet war, war Johnny schneller. Doch je länger ich ihn kannte, desto besser konnte ich dieses Phänomen in unsere Abläufe integrieren. Ich konnte es sogar herauskitzeln, und das tat ich. Ich wusste, er musste auf dem Abreiteplatz einmal bocken, sonst tat er es hundertprozentig im Viereck und verdarb damit die Prüfung - auch das kam vor, wenn ich den Moment nicht erwischt hatte. Bis zum Läuten der Glocke musste er sich buchstäblich ausgebockt haben. Ich fühlte, wann es reichte, nur noch kurz mit dem Bein zu treiben, und schon ging es los: In Windeseile war der Kopf unten - es fühlte sich so an, als befände sich der Kopf dabei nicht nur zwischen den Beinen, sondern schaute hinten wieder raus. Unglaublich. Vor allem: was für eine Beweglichkeit und Elastizität!

WARUM NICHT, der Hysteriker

Warum nicht, im Stall nur Hannes genannt, war eine mächtige Portion Pferd, ein Riese, 1,85 Meter Stockmaß. Und es war nicht allein die Höhe, die beeindruckte: Alles an ihm war ein bisschen überdimensioniert, er war auch sehr lang, er hatte von allem zehn Zentimeter mehr als alle Pferde, die ich vorher gekannt hatte. Und die Schlappohren! Diese langen Ohren richtete er wie ein starres Teleskop nach vorne. Ich habe immer gesagt, der hat in den Ohrspitzen noch ein zweites Paar Augen wie ein Außerirdischer. Und mit denen lauerte er auf Gefahren, von denen nur er wusste, dass sie uns drohten. Kurz, er war glotzig. So nennt man das in der Umgangssprache der Pferdeleute. Das soll heißen, er hatte eine extrem überempfindliche Wahrnehmung. Ein glotziges oder auch guckiges Pferd stellt für einen Reiter eine ziemliche Nervenprobe dar. Aber natürlich sind Probleme da, um gelöst zu werden.

Hannes hatte Angst vor allem Unbekannten, was sich unter seinen Füßen bewegte. Solch bodenscheue Pferde können sich schon vor einem Lichtflecken fürchten, manche sind dermaßen ängstlich, dass sie über eine solche Stelle nicht drübergehen und zur Seite springen. Diese Angst vor unbekannten Phänomenen verschlimmerte sich, je weiter wir uns in die Turnierwelt hineinwagten. Ein Auslöser war ein Erlebnis in der Bremer Stadthalle. Es passierte nicht beim Reiten, sondern beim Führen in den Stallbereich. Auf dem Boden lagen große Teppichstücke, die aber noch nicht ganz verklebt waren. Plötzlich fingen diese Teppiche an zu rutschen. Hannes rastete aus. Er sprang wie ein Wahnsinniger von links nach rechts, die Teppiche flogen durch die Luft, und die Situation wurde wirklich gefährlich.

SATCHMO, zwischen Genie und Wahnsinn

Als ich Satchmo zum allerletzten Mal live sah, stand er fröhlich am Zaun und wieherte - immer gegen zwölf Uhr mittags wollte er von der Wiese in den Stall, kam schon ans Tor und verlangte lautstark danach, abgeholt zu werden. Dieses Wiehern - es blieb das Wiehern eines jungen Pferdes, auch als er bereits uralt war. Wenn mir heute jemand eine Aufnahme mit seinem Wiehern vorspielen würde, könnte ich sofort sagen, das ist Satchmo, mein genialer Satchmo, der mir einst so viele Sorgen und so viel Freude bereitet hat. Seit er in sportliche Rente gegangen war, stand er zusammen mit seiner kleinen Kameradin Kelly auf der Wiese an unserem Haus, ich freute mich immer über seinen Anblick. Er hatte als altes Pferd eine ganz besondere Ausstrahlung - wie ein Buddha. Er blieb der kleine braune Knubbel, der er stets war, kugelrund und speckig auch im hohen Alter, nicht wie manche Pferde, die so rippig werden oder bei denen der Hüftknochen herausspringt und die Kruppe einfällt. Satchmo hatte sich eng an Kelly angeschlossen, eine Shettie-Stute. Sie teilten sogar zusammen im Stall eine Box und waren wie siamesische Zwillinge - Satchmo war nie weiter als zehn Meter von ihr entfernt. Zum Glück war Kelly immer die Unabhängigere und kommt alleine zurecht. Aber sie war todtraurig, als er 2022 mit fast neunundzwanzig Jahren starb. Und ich ebenfalls.

Als ich in jenem Sommer mittags losgefahren bin ins Trainingslager, war noch alles in Ordnung mit ihm. Einen Tag später bekam ich jedoch einen Anruf, dass es ihm nicht gut gehe. Morgens beim Füttern hatte er in der Box gelegen, und sie konnten ihn nicht zum Aufstehen bewegen. Der Tierarzt sei da. Meine Mitarbeiterin Merry hat mir ein Video geschickt, um mir zu zeigen, wie er dort lag. Er wirkte zufrieden und ruhig und fraß das Heu, das vor ihm lag. Ich war sehr unglücklich, dass ich nicht bei Satchmo sein konnte, und habe ständig mit dem Tierarzt telefoniert, und es stellte sich immer klarer heraus, dass die Situation dramatisch war. Der Tierarzt sagte, er habe ihm alles gegeben an Schmerzmitteln und Infusionen, was ihm zur Verfügung steht, nun könnten wir nur warten, ob er sich wieder erholt und aufsteht. Wenn nicht, müssen wir der Tatsache ins Auge blicken, dass es mit ihm zu Ende geht. Er sagte, lass uns in zwei Stunden noch einmal telefonieren. Da ahnte ich schon, was in zwei Stunden sein würde.

Ich war fünf Autostunden entfernt, und es hätte nichts gebracht, das Pferd auf mich warten, also länger leiden zu lassen als nötig, nur weil ich mich persönlich von ihm hätte verabschieden wollen. Auf keinen Fall wollte ich irgendetwas auf seine Kosten erzwingen. Ich habe dann über FaceTime mit meiner Mitarbeiterin Merry telefoniert und mich auf diesem Wege von Satchmo verabschiedet. Das war herzzerreißend. Er hat mich gehört und gesehen. Ich hatte den Eindruck, dass er meine Stimme erkannt hat.

Was für ein Mensch ist mein Pferd?

Diva, Macho, Teufelsbraten: 15 starke Charaktere - und was sie uns lehren.

Von Evi Simeoni und Isabell Werth, Piper,

208 Seiten, Euro 20,00 [D], erscheint an diesem Freitag.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Unterhaltsam - nicht nur für Pferdefreunde« HÖRZU 20240531