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Gregor Sander ist ein großer Erzähler menschlicher Schicksale. Die Geschichte beginnt heute in einem heruntergekommenen Luxushotel in Budapest. Zu ihrem vierundvierzigsten Geburtstag hat Astrid diesen Kurzurlaub von ihrer neuen Liebe, Paul, geschenkt bekommen. Ein paar Tage ohne ihre Kinder und ohne seine Arbeit. Mit dieser Reise will Paul auch einen Blick in ihre Vergangenheit riskieren - und bekommt mehr zu sehen, als ihm vielleicht lieb ist. Denn diese Geschichte beginnt auch vor fünfundzwanzig Jahren in der DDR auf einer wilden Künstlerparty, als sich Astrid Hals über Kopf in Julius…mehr

Produktbeschreibung
Gregor Sander ist ein großer Erzähler menschlicher Schicksale. Die Geschichte beginnt heute in einem heruntergekommenen Luxushotel in Budapest. Zu ihrem vierundvierzigsten Geburtstag hat Astrid diesen Kurzurlaub von ihrer neuen Liebe, Paul, geschenkt bekommen. Ein paar Tage ohne ihre Kinder und ohne seine Arbeit. Mit dieser Reise will Paul auch einen Blick in ihre Vergangenheit riskieren - und bekommt mehr zu sehen, als ihm vielleicht lieb ist. Denn diese Geschichte beginnt auch vor fünfundzwanzig Jahren in der DDR auf einer wilden Künstlerparty, als sich Astrid Hals über Kopf in Julius verliebte. Und ganz ist dieser Julius aus ihrem Herzen nie verschwunden. Plötzlich ist alles, wie es nie war. Gregor Sander verschränkt Vergangenheit und Gegenwart, er erzählt von deutschen Lebensläufen, dass einem fast schwindelig wird. Dabei gelingen ihm zarte Bilder voller Überraschungen. Liebe, Freundschaft, Flucht und Verrat. Nichts ist, wie es auf den ersten Blick scheint. Auch nicht auf den zweiten, und nicht einmal auf den dritten.
Autorenporträt
Gregor Sander, geb. 1968 in Schwerin, studierte einige Semester Medizin, Germanistik und Geschichte. Davor schloss er Ausbildungen zum Schlosser und Krankenpfleger ab. Nach dem Besuch der Berliner Journalistenschule lebt er heute als freier Autor in Berlin.2004 wurde er mit dem Förderpreis zum Friedrich-Hölderlin-Preis der Stadt Homburg ausgezeichnet. Sein Romandebüt »Abwesend" wurde für die Longlist des Deutschen Buchpreises nominiert. 2009 erhielt er bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt den 3sat-Preis.Der Erzählungsband »Winterfisch" wurde mit dem Preis der LiteraTour Nord (2012) und dem »Deutschen Erzählerpreis" (2013) ausgezeichnet.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rainer Moritz hebt die große Nüchternheit des Textes hervor. Dass die Geschichten aus einem Vierteljahrhundert, vom Mauerfall bis in die Gegenwart, jedoch alles andere als nüchtern sind, erscheint ihm zunächst charmant und eventuell den vielen miteinander verknoteten und um das Ereignis einer nicht vollends gelungenen Flucht aus der DDR und den damit verbundenen Enttäuschungen geschlungenen Erzählsträngen geschuldet. Damit verbundene Momente der Angst vermag ihm Gregor Sander noch spürbar zu machen. Und dass der Autor das Fortwirken der Vergangenheit nicht behauptet, sondern anhand von Lebensgeschichten sichtbar macht, findet Moritz stark. Die "sinnliche Sprödigkeit" dieser Prosa aber wirkt auf den Rezensenten spätestens in den Sexszenen zu dürftig. Und auch die Sehnsüchte der Figuren ließen sich farbiger malen, findet er.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.02.2014

Herzenssache Vergangenheit

Hätte, hätte, Fahrradkette: Gregor Sander schreibt seine DDR-Geschichte von Flucht, Schuld und Liebeswirrwarr im Konjunktiv II - ein Buch nicht nur für SPD-Kanzlerkandidaten.

Warum ausgerechnet diese Frau nicht fortgehe, während er doch seine bisherigen Freundinnen nach ein paar Monaten oder wenigen Jahren stets dazu gebracht habe, ihn zu verlassen? Paul muss eine Weile über diese Frage seiner Psychologin nachdenken, und der Leser tut dies mit ihm, nicht nur weil Astrid, genannt Assi, dem ersten Anschein nach von ähnlicher Liebenswürdigkeit ist wie ihr Spitzname. Die Frage bleibt präsent, denn Verlassen und Verlassenwerden ist das zentrale Motiv des Romans "Was gewesen wäre". Gregor Sander, wie stets in unaufgeregter Tonlage, lotet dieses Motiv erzählerisch aus.

Wie schon in seinem Debütroman "Abwesend" und in verschiedenen seiner Erzählungen betreibt Sander auch diesmal literarische Archäologie. Der Gegenstand, den der 1968 in Schwerin Geborene freilegt, ist bekannt: die DDR. In "Was gewesen wäre" verschneidet Sander das Leben der neunzehnjährigen Astrid im ostdeutschen Neubrandenburg der achtziger Jahre mit ihrem heutigen Dasein als mittlerweile geschiedene Mutter von zwei Kindern und Ärztin. Ihr Fachgebiet: Herzkrankheiten.

Paul, ihr neuer Freund, hat Astrid zum vierundvierzigsten Geburtstag eine Reise nach Budapest geschenkt, nicht zuletzt, weil er hofft, auf diesem Wege ein wenig mehr über ihre Vergangenheit zu erfahren. Während der westdeutsche Mann begeistert ist von dem maroden Charme des Gellert-Hotels, in dem beide absteigen, reagiert Astrid allergisch auf jedes Überbleibsel des Ostens, das sie hier zu entdecken meint. Als sie noch dazu gleich am ersten Abend im Hotelrestaurant ihre Jugendliebe Julius erblickt, ergreift Astrid nachgerade panisch die Flucht, zumindest für diesen Abend.

Gregor Sander legt die Spuren so, dass die Annahme naheliegt, in den Kapiteln aus Astrids Ost-Geschichte werde sich nach und nach der Grund für ihre Abwehr all dessen offenbaren, was mit dieser Vergangenheit zusammenhängt. Allerdings geschieht das nicht. Zumindest nicht auf eine Weise, die Astrids Verhalten plausibel erscheinen lassen würde.

Ihre Liebe zu dem eigensinnigen Julius, dem Sohn einer in der DDR mit Ausstellungsverbot belegten Künstlerin, mag keine glückliche gewesen sein, so dass Astrid sich schließlich für die Beziehung mit einem einigermaßen drögen Kommilitonen entschieden hat. Das allerdings hatte, so wie Sander es erzählt, keinen Einfluss auf ihre Haltung der DDR gegenüber, die durchaus positiv war.

Mit aller Entschiedenheit hat Astrid damals die Möglichkeit ausgeschlagen, von einem Westbesuch bei der mittlerweile in die Bundesrepublik ausgewiesenen besten Freundin nicht zurückzukehren. Und das ausgerechnet an dem Tag, als Julius von seinem in der Bundesrepublik lebenden Halbbruder in einem Campingmobil über Ungarn und Jugoslawien aus der DDR geschmuggelt werden sollte.

Dass Astrid ihn im Westen nicht erwartet, wird in "Was gewesen wäre" als eine Schuld ausgegeben, die sie bis zu dem Moment, wo sie Julius fünfundzwanzig Jahre später im Gellert-Hotel wiedersieht, mit sich trägt. Sander entwickelt in seiner erzählerischen Konstruktion allerdings ein schwerwiegendes Knirschpotential: Warum sollte Julius, der, abgesehen von ein paar sporadischen Plänkeleien, ganz offensichtlich längst kein Interesse mehr an Astrid hatte, ihretwegen in den Westen gekommen sein? Und warum sollte sie, die doch um diesen Umstand weiß, sich Julius gegenüber verantwortlich fühlen?

Die Tatsache, dass sich diese Flucht im Nachhinein als von der Stasi eingefädelte Aktion entpuppen sollte, in der fatalerweise auch Astrids Freundin eine unschöne Rolle gespielt hat, mag der Flucht von Julius einen bitteren Beigeschmack verleihen. Und deshalb liegt vermutlich doch eben hier der Grund für Astrids Abwehr gegenüber allem, was an Erinnerungen, an Gerüchen, an Fragen aus dieser Zeit in die Gegenwart hinüberschwappt. Sie möchte an nichts erinnert werden, das mit Schmerz oder Bedauern verbunden ist.

Tatsächlich nämlich ist Astrid diejenige, die immerzu verlassen worden ist in ihrem Leben, ohne je selbst in der Lage gewesen zu sein auszubrechen. Vielleicht ist es das, was sie so harsch hat werden lassen. Und vielleicht ist ihr abgeklärter Ärztinnenblick nur der Schutzschild, den sie sich zugelegt hat, um die Trauer über diese Verluste erträglicher erscheinen zu lassen. Der Ausweg, um alle Sentimentalität im Keim zu ersticken.

Wohl deshalb hat der Konjunktiv II, der sich im Titel des Romans findet, in Astrids Denken keinen Platz. Im Gegenteil haben gerade die Kapitel aus ihrer Neubrandenburger Jugend über weite Strecken nachgerade den Duktus von Protokollen, in denen möglichst nüchtern noch einmal das Geschehene nachgezeichnet wird und bewusst kein Raum für Spekulationen darüber bleibt, wie das eigene Leben anders hätte verlaufen können. Das fällt umso mehr ins Auge, als diese Kapitel in der ersten Person erzählt werden, während die Passagen aus dem heutigen Budapest in der dritten Person stehen und noch dazu - etwas inkonsistent - zwischen Paul und Astrid abwechseln. Astrid mag Herzspezialistin sein. Gegen ihre eigenen Verengungen, die des Herzens und die der Perspektive, kommt sie nicht an, weil sie nicht physiologischer Natur sind. Symptomatisch ist eine Szene, in der Astrid, die während ihrer Budapest-Reise schließlich doch noch mit Julius zusammentrifft, von dessen Affäre mit der Frau eines Künstlers erfährt. Die beiden Frauen sitzen zusammen. Die andere gesteht ihr: "Mein Herz schlägt für ihn. Mehr, als mir lieb ist", woraufhin Astrid ihr einen kleinen Vortrag über die Funktionen und Schlagfrequenzen dieses Muskels hält, den man Herz nennt. Die andere Frau ist konsterniert.

Der Leser, der Astrid schon eine Weile begleitet hat, ist es zu diesem Zeitpunkt schon längst nicht mehr. Die Kombination dieser spröden Heldin mit der äußerst zurückgenommenen Sprache Gregor Sanders, die in diesem Roman alles in allem doch etwas blass geraten ist, lässt den Leser eher desillusioniert zurück.

WIEBKE POROMBKA

Gregor Sander: "Was gewesen wäre". Roman.

Wallstein Verlag, Göttingen 2014. 236 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 11.03.2014

Kammerspiel mit Kopfwehwein
Die Vergangenheit am Spieß der Gegenwart rösten: Gregor Sanders neuer Roman „Was gewesen wäre“
Der Tollensesee ist beides, er ist zum Verrücktwerden und er ist schön. Dass Gregor Sander eine Schlüsselszene seines Romans hier spielen lässt, südlich von Neubrandenburg, mitten in der Mecklenburger Seenplatte, hat zugleich landschaftliche und sprachliche Gründe. „Was gewesen wäre“ beschwört die Endzeit der DDR herauf, die Sehnsucht nach entlegenen Räumen, aber es spielt ebenso in der unmittelbaren Gegenwart. Manchmal weiß man nicht, in welcher Zeit man sich gerade befindet, aber das gehört mit zum Spiel und entspricht all den Tollheiten, mit denen der Roman aufwartet. Der Titel lässt in seinem konjunktivischen Sog die Zeiten programmatisch verschwimmen. 24 Jahre schnurren auf einen einzigen Punkt zusammen. Es geht um die DDR und um ihr Verschwinden, und es geht um die große Liebe der Ich-Erzählerin Astrid, Julius, den sie nach 24 Jahren zufällig wieder trifft.
  Obwohl große Räume überbrückt werden, wirkt der Roman zunächst wie ein Kammerspiel. Er bleibt sehr nah bei den Figuren. Zwei Zeitebenen laufen dabei aufeinander zu: In der Erinnerung spricht Astrid von den Achtzigerjahren in der DDR und der Zeit unmittelbar nach 1989, in der Gegenwart dagegen übernimmt nicht ohne Grund die dritte Person Singular das Kommando, die Szene wird objektiviert und kühl beleuchtet, in nüchternem Präsens statt des erinnerungssatten Präteritums der Ich-Erzählung.
  In der Jetztzeit fährt Astrid zusammen mit ihrem neuen Freund Paul nach Budapest. Dort holt sie, in einem unerwarteten Sog, der Osten wieder ein. Dadurch, dass sich die beiden Erzählstränge abwechseln, entsteht ein merkwürdiger Schwebezustand: So selbstverständlich und eindeutig, wie Astrid ihre Erlebnisse schildert, scheinen sie im Rückblick gar nicht zu sein, und man weiß zum Schluss weitaus weniger, als Astrid am Anfang glaubt.
  Mitte der Achtzigerjahre macht sich
die junge Astrid mit ihrer Freundin Jana auf zu einem Fest aufs Land. Es findet in und um ein alleinstehendes Häuschen im Wald statt, und es trifft sich ein Teil der charakteristischen Ostberliner Kulturbohème: Man gibt sich exaltiert, legt großen Wert auf abgefahrene, individuelle Erscheinungsweisen, näht sich die Kleider aus alten überkommenen Stoffen selbst.
  Dabei wird ein Schwein am Spieß gegrillt und extrem viel getrunken, zwischen all den Bieren und Schnäpsen und neben den rumänischen und bulgarischen Kopfwehweinen auch mühsam gehorteter Cabernet-Sauvignon aus Algerien. Dieses Genrebild gleich zu Anfang fängt suggestiv die Stimmungslage der späten DDR-Jahre ein. Hier stimmt jedes Detail, nichts ist überanstrengt oder mühsam herbeigeholt. Zum Heraufbeschwören eines versunkenen Milieus gehört, dass ein Frank-Castorf-Wiedergänger, ein nach Anklam verbannter wilder Jungregisseur, Astrid an den Hintern greift.
  Bei diesem Fest lernt Astrid Julius kennen, und er wird eine Leitfigur ihres Lebens werden – trotz Tobias, den sie heiratet und mit dem sie zwei Kinder hat, und trotz Paul, ihres neuen Freundes, nachdem sie sich von Tobias getrennt hat. Thematisiert wird das nur indirekt, durch Blicke, kleine Szenen; große Gefühle werden hier nicht intoniert.
  Auch, was Astrid an Julius so fasziniert, erschließt sich nur mittelbar, dennoch erscheint das Ganze in einem klaren, kristallinen Glanz. Je länger die beiden Erzählstränge, Perspektiven und Zeitachsen aufeinander zulaufen, desto deutlicher werden die Beziehungen, in denen sich die Personen befinden – aber sie werden im selben Moment undurchsichtiger und verworrener. Astrid fährt als 44-Jährige mit Paul nach Budapest, sie ist Ärztin und Herzspezialistin, der aus Westfalen stammende Paul Radiomoderator auf der Morgenstrecke, wo er Politikern auf den Zahn fühlt.
  Alles scheint so weit im Reinen zu sein, Astrids Ehe mit dem noch in der DDR aufgegabelten, und als langweilig empfundenen Tobias ist ad acta gelegt, nach Budapest lädt Paul Astrid ein, weil er etwas von ihrer Ostvergangenheit erhaschen will. Wie ein Schatten legt sich jedoch über das Geschehen, dass Astrid als 20-Jährige schon einmal in Budapest war – eigentlich mit ihrem Mann Tobias, aber sie hat damals heimlich Julius für eine halbe Nacht im Hotel getroffen, und die Existenz dieses Julius verschweigt sie Paul erst einmal.
  Neben den psychologischen und politischen Verästelungen existiert auch eine kriminalistische Linie in diesem Roman, von der man nicht zu viel preisgeben sollte. Es gibt Geheimnisse, die Astrid erst allmählich enthüllt und die im heutigen Budapest langsam wieder verhüllt werden. Die persönliche, intime Geschichte ist untrennbar mit der Zeitgeschichte verwoben, die Zäsur des Jahres 1989 spielt für die in der DDR aufgewachsenen Personen hier auf ungeahnte Weise eine Rolle. Verblüffend an diesem Roman ist, dass trotz der komplexen Bezüge nichts konstruiert wirkt.     Die großen politischen Themen und die einschneidenden persönlichen Erfahrungen tauchen fast beiläufig auf, da wird nicht, wie in den auftrumpfenden Genres „Zeitroman“, „Familienroman“, „Coming- of-Age-“ oder „Berlin-Roman“ mit Effekten hantiert, mit zitierfähig Spektakulärem. Gregor Sanders Sprache ist leise, nichts ist überflüssig, besonders auffällig sind die präzisen, realistischen Dialoge und die unverwechselbar gezeichneten Personen. Umso konsequenter ergibt sich im Lauf der Lektüre, dass dieser Roman subkutan all dies enthält, was man auf den ersten Seiten gar nicht vermuten würde – es ist ein Zeit- und ein Berlinroman, und ein Entwicklungsroman erst recht. Und es gibt unvergessliche Nebenfiguren, die sich genauso filmisch in die Erinnerung einschleichen wie die Hauptfiguren, etwa Katharina, die auf dem DDR-Achtziger-Jahre-Fest als Künstlerin, die offiziell Ausstellungsverbot hat, eine einschlägige Punk-Performance hinlegt, zwanzig Jahre später in der Neuen Nationalgalerie ihr Gesamtwerk ausstellt, aber an Leukämie erkrankt ist, weil sie in der Stasi-Haft Bestrahlungen ausgesetzt wurde.
  Und eine andere Stasi-Geschichte, die im Laufe der Handlung mitschwingt, zeigt sehr differenziert das Verhängnis, wie man unschuldig schuldig werden kann und genau dadurch auch später nicht realisiert, was man ausgelöst hat. Dass der Showdown, auf den alles hinausläuft, ganz anders ausfällt, als man dachte, gehört zum System – zu eben jenem ungreifbaren, um das der Roman kreist. Der Schluss „Dann gibt Margarete Gas“ zeigt, so schlicht er auch daherkommen mag, genauestens auf, wie sich die Sehnsüchte verwandeln. Aber sie bleiben.
HELMUT BÖTTIGER
Gregor Sander: Was gewesen wäre. Roman. Wallstein Verlag, Göttingen 2014. 236 Seiten, 19,90 Euro, E-Book 15,99 Euro.
Das Buch ist ein Zeit- und
ein Berlin-Roman und ein
Entwicklungsroman erst recht
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»'Was gewesen wäre' besticht durch eine kluge Konzeption, die das Fortwirken der Vergangenheit nicht behauptet, sondern durch ein Geflecht von biografischen Überlappungen offenbart« (Rainer Moritz, Neue Zürcher Zeitung, 18.06.2014) »Gregor Sanders Sprache ist leise, nichts ist überflüssig« (Helmut Böttiger, Süddeutsche Zeitung, 11.03.2014) Gregor Sander »ist ein konsequenter, großartiger Geschichtsum- und aufschichter.« (Elmar Krekeler, Die Literarische Welt, 01.02.2014)
Gregor Sander kann Szenen schreiben, die so plastisch sind, dass man in ihnen spazieren gehen kann. Deutschlandradio Kultur