Evangelische Christen erhoffen sich von den gottesdienstlichen Schriftlesungen Orientierung und Perspektiven für die Lebensgestaltung. Deshalb kommt ihrer Auswahl und Gestaltung große Bedeutung zu. Der renommierte Münsteraner Theologe Christian Grethlein legt eine praktisch-theologische Theorie der Schriftlesungen vor, die einen zusammenfassenden Rückblick auf die bisherige Entwicklung und die Analyse gegenwärtiger Veränderungen im Hören biblischer Texte voraussetzt. Die daraus folgenden hermeneutischen Einsichten und bibeldidaktischen Erkenntnisse erweisen eine zentrale Perikopenrevision als problematisch. Denn sie verfehlt den situativen Grundcharakter der Kommunikation des Evangeliums. Demgegenüber empfiehlt Grethlein, die Auswahl der Schriftlesungen als pastorale Aufgabe zu profilieren. Ihre Gestaltung wird durch den personalen Charakter des Vorlesens bestimmt.