Was heißt das eigentlich: einen literarischen Text interpretieren? Was ist das Reden über Literatur überhaupt für eine Tätigkeit? Womit hat man es zu tun, wenn man es mit literarischer Qualität zu tun bekommt? Hat das Gerede von "Tod des Autors" irgendeinen Sinn und geht es bei Literatur um anderes als um Schönheit? Jan Philipp Reemtsma entwirft in diesem Buch eine radikale Theorie der Lesekompetenz. Lange gab es keine derart virtuose Einführung in die Grundlagen der Literaturwissenschaft. Wer den Literaturwissenschaftler und public intellectual Jan Philipp Reemtsma kennt, der weiß, dass seine Urteile über Texte ob sie von Heinrich von Kleist stammen oder von Stephen King vor allem eines sind: nie langweilig. Sie zeigen nicht nur by the way, was, wie und warum man lesen sollte. Sie verknüpfen auch mühelos Theorie und hermeneutische Praxis, E und U, Germanistik, Philosophie und Polemik. Reemtsmas Grundkurs im Gebrauch von Skalpell und Tupfer im Literatur-OP hat den bestmöglichen Effekt: Man will danach lesen. Besser lesen.
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Rezensent Johan Schloemann attestiert Jan Philipp Reemtsma Buch in jedem Fall sehr lesenswerte Passagen. Der Kritiker verschweigt zwar, ob er Reemtsmas Urteil über die professionelle Germanistik, die aufgrund ihrer Theoriemoden nur verspottet werden könne, während das feuilletonistische Schreiben über Literatur zu "fußgängerisch" sei, dazuzählt. Vielmehr folgt er der ganz eigenen Herangehensweise des Autors, der sich vielleicht ein wenig zu hollywoodesk als romantischer und einzelgängerischer Literaturprofessor inszeniert, dabei aber doch nach Ansicht Schloemanns interessante Beobachten und Einsichten über den literarischen Diskurs hervorbringt. Bei all den noch so erfrischenden Textstellen, in denen der Autor das Lektüre-Erlebnis als Ausgangspunkt allen Diskutierens über Literatur hervorhebt, vermisst Schloemann doch Aussagen zur Literatursoziologie und Rezeptionstheorie. Außerdem ist es für den Kritiker während der Lektüre nicht immer leicht zu entscheiden, ob Reemtsma gerade Literatur interpretiert oder doch über das Interpretieren schreibt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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