Wie handelt man richtig, wenn das moralische »Richtig« dem gesetzlichen »Richtig« widerspricht? Wie reagiert man auf Missachtungen der Menschenrechte durch höchste Regierungsinstanzen? Wie können wir urteilen über die, in deren Haut wir nicht stecken? Mit diesen Fragen, die Hannah Arendt bereits vor über 50 Jahren beschäftigten, werden wir heute wieder verstärkt konfrontiert. Damals wie heute gilt: Persönliche Verantwortung muss sich von politischer Verantwortung unterscheiden. In Arendts klarer und bestechender Sprache gibt dieser wiederentdeckte Aufsatz Antworten auf die häufigsten Fragen unserer Zeit.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 13.11.2018NEUE TASCHENBÜCHER
Persönlichkeit
und Diktatur
In unmittelbarer Nachbarschaft zu „Eichmann in Jerusalem“, dem „Report über die Banalität des Bösen“, schrieb Hannah Arendt 1964/65 jenen Vortrag in englischer Sprache, dessen Manuskript sich im Nachlass der politischen Philosophin befand. Arendt nimmt die Begriffe des „Persönlichen“ und der „Diktatur“ in den Dienst ihrer ungeheuer freien, zugleich konzentrierten Sprache und dichten Beweisführung. Und kommt gegen Ende zu einer bis heute akuten Unterscheidung: „Totalitäre Herrschaftsformen und gewöhnliche diktatorische Herrschaftsformen sind nicht dasselbe.“ Die Frage stellt sich: Wie träte Arendt den autoritären, repressiven Politikern, Staaten und ihren „gehorsamen“ Dienern im Heute entgegen? Sie ist überzeugt, dass es, anders als in der Religion, „in politischen und moralischen Angelegenheiten so etwas wie Gehorsam nicht gibt“. Die Frage müsse immer lauten: „Warum hast du Unterstützung geleistet?“ Herausgeberin Marie Luise Knott sucht „eine neue politische Moral“ gegen alle Bedrängnis aktueller „Fake News“, halb illusionär, halb optimistisch, im Menschen als dem „frei handelnden Wesen“. WOLFGANG SCHREIBER
Hannah Arendt: Was heißt persönlicher Verantwortung in einer Diktatur? Piper Verlag, München 2018.
98 Seiten, 10 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Persönlichkeit
und Diktatur
In unmittelbarer Nachbarschaft zu „Eichmann in Jerusalem“, dem „Report über die Banalität des Bösen“, schrieb Hannah Arendt 1964/65 jenen Vortrag in englischer Sprache, dessen Manuskript sich im Nachlass der politischen Philosophin befand. Arendt nimmt die Begriffe des „Persönlichen“ und der „Diktatur“ in den Dienst ihrer ungeheuer freien, zugleich konzentrierten Sprache und dichten Beweisführung. Und kommt gegen Ende zu einer bis heute akuten Unterscheidung: „Totalitäre Herrschaftsformen und gewöhnliche diktatorische Herrschaftsformen sind nicht dasselbe.“ Die Frage stellt sich: Wie träte Arendt den autoritären, repressiven Politikern, Staaten und ihren „gehorsamen“ Dienern im Heute entgegen? Sie ist überzeugt, dass es, anders als in der Religion, „in politischen und moralischen Angelegenheiten so etwas wie Gehorsam nicht gibt“. Die Frage müsse immer lauten: „Warum hast du Unterstützung geleistet?“ Herausgeberin Marie Luise Knott sucht „eine neue politische Moral“ gegen alle Bedrängnis aktueller „Fake News“, halb illusionär, halb optimistisch, im Menschen als dem „frei handelnden Wesen“. WOLFGANG SCHREIBER
Hannah Arendt: Was heißt persönlicher Verantwortung in einer Diktatur? Piper Verlag, München 2018.
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