Studienarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Soziologie - Recht und Kriminalität, Note: 1,3, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg (Institut für Soziologie), Veranstaltung: Hauptseminar: Massengewalt, Recht und Moral, Sprache: Deutsch, Abstract: Die von einem Völkermord betroffenen Gesellschaften müssen diverse Probleme bewältigen: Es geht konkret um Strafe und Verzeihen, Ausgleich und Wiedergutmachung, aber auf einer abstrakteren Ebene auch um die Identität der Gemeinschaft, der Täter wie der Opfer, gegenüber sich selbst und gegenüber Außenstehenden, auf der Grundlage spezifischer Interpretationen der eigenen Geschichte. In der mittlerweile breit geführten innerdeutschen Debatte wurden für diese Problembereiche die Begriffe Vergangenheitspolitik und Erinnerungskultur geprägt, der Terminus „identity politics“ aus der Forschungsdebatte über Ruanda nach dem Genozid hingegen kann als spezifische Form der Beeinflussung des gesellschaftlichen Vergangenheitsdiskurses verstanden werden. Vergleicht man die Ausgangskonstellationen in Deutschland und Ruanda, wird man feststel-len, dass sich vorallem die Täter-Opfer-Konstellation deutlich unterscheidet. So verschiebt sich das Vergleichsziel hin zu Fragen der Identitätsbildung und Vergangenheitsinterpretation nach außen wie nach innen, die in einem sich gegenseitig beeinflussenden System Bedingung und Folge konkreter vergangenheitspolitscher Maßnahmen sind. Dabei soll es, entsprechend dem frühen Zeitpunkt der post-genozidalen Geschichte Ruandas, um eine Darstellung verschiedener Aspekte in der Bewältigung der Vergangenheit gehen, so dass zwi-schen den jeweiligen Aspekten wiederum Parallelen gezogen werden können. Dies soll genutzt werden, um festzustellen, welche Ge-meinsamkeiten der Erinnerungslogiken vorliegen, welche gemachten Annahmen nicht zutref-fen, und welche Rückschlüsse dies auf zukünftige Entwicklungen in Ruanda oder allgemeine Regelmäßigkeiten der Erinnerung nach Genozid und gesellschaftlichem Zusammenbruch zu-lassen. Dabei soll das Augenmerk auch auf den unterschiedlichen internationalen strukturellen Rahmenbedingungen liegen, um Belege für die These zu finden, dass in einer weiter zusammengewachsenen und gleichzeitig sensibilisierten Weltöf-fentlichkeit heute mehr – direkter oder indirekter – Einfluss auf die Entwicklungen in einer post-genozidalen Gesellschaft genommen wird, als das nach dem zweiten Weltkrieg der Fall war. Dies sollte modellhaft gedacht zu einer Beschleunigung von vergangenheitspolitischen Prozessen führen.