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In Lena Hachs Buch "Was Wanda will" planen Jugendliche einen Einbruch. Und wissen sich dabei auf der richtigen Seite.
Von Anna Vollmer
Von Anna Vollmer
Wanda ist Ärger gewöhnt. Ärger mit ihrem Vater, Ärger in der Schule. Oder besser: in den Schulen, denn sie hat einige besucht. Kaum in der neuen angekommen, sitzt sie deshalb gleich zum Einstand im Zimmer der Rektorin, die ihr einbläut, sich ja nicht schon wieder etwas einzubrocken. Wanda könnten Schuldirektorinnenmonologe wie dieser nicht egaler sein. Sie macht sowieso ihr Ding. Einen guten Eindruck will sie aber trotzdem hinterlassen, denn sie hat einen Plan, bei dessen Umsetzung sie Lehrer, die es auf sie abgesehen haben, nicht brauchen kann: Sie will in die Villa am Stadtpark einbrechen. Doch das schafft sie nicht allein. Sie braucht ein Team.
Lena Hachs Gaunergeschichte "Was Wanda will" ist trotz aller Spannung mehr die Geschichte einer Freundschaft als die Geschichte dieses Einbruchs. Sie erzählt davon, wie Wanda fünf Mitschüler, die vorher nichts miteinander zu tun hatten, zu einer Gruppe macht. Da ist der Meister, den zwar jeder in der Schule kennt, aber - bis Wanda kommt - keine engeren Freunde zu haben scheint, Kai, der coole gut aussehende Sportler mit den teuren Markenklamotten, Lynn, die gesellschaftskritische Künstlerin, Schulze, der vor allem durch seine Unauffälligkeit auffällt, und die Einzelgängerin Desiree. Ein Talent hat jeder und jede von ihnen. Es ist Wanda, die es erkennt. Und die versteht, was der Roman zumindest am Anfang nicht verrät.
Denn "Was Wanda will" erzählt vieles nicht. Hach lässt Leerstellen und Raum, sich den Rest der Geschichte selbst zu denken. Zwar kennen die Leser schon bald Wandas Plan. Und auch was es mit der Villa auf sich hat, in die die Gruppe einbrechen soll, ahnen sie schnell. Andere Fragen bleiben unbeantwortet. Was genau ist zwischen Wanda und ihrem Vater vorgefallen, außer dass dieser, nun ja, ein Arschloch ist? Wo ist Wandas Mutter, deren Nachnamen sie trägt? Und warum ist Wanda von so vielen Schulen geflogen?
Diese Ungewissheit trägt zur Spannung bei. Doch sie hat auch einen inhaltlichen Grund. Hachs Buch handelt auch von Vorurteilen jeglicher Art und davon, wie sie uns täuschen können. Bevor sie sich besser kennenlernen, wissen die Figuren in "Was Wanda will" gar nicht so genau, wen sie eigentlich vor sich haben. Erst nach und nach kommt heraus, wie falsch einige ihrer Annahmen übereinander waren: Kai ist nicht der coole Markenproll, als der er sich gibt, Desiree nicht so gern allein, wie sie tut. Und der Meister nimmt seine Trennung nicht so locker, wie er behauptet. Wandas Stärke besteht darin, zu beobachten. Hinter die Fassade ihrer Mitschüler zu blicken und sich dabei nicht von Äußerlichkeiten täuschen zu lassen. Vielleicht gelingt ihr das deshalb so gut, weil sie selbst so wenig von sich preisgibt. Von allen Figuren bleibt sie, die Hauptfigur, die rätselhafteste.
An vielen Stellen erinnert Hachs Krimi an die Bücher von Erich Kästner: Da ist die bunt gemischte Clique wie in "Emil und die Detektive", die hier zwar selbst stiehlt, sich aber auf der moralisch richtigen Seite befindet. Und da gibt es sowohl ein kesses, von seinem reichen Vater offenbar vernachlässigtes junges Mädchen wie Pünktchen, als auch einen Jungen wie Anton, der die Schule vernachlässigt, um sich um seine kranke Mutter kümmern. An diesen Stellen, in denen es um Kais Geschichte geht, deutet Hach nicht mehr nur an: "Kann dir jemand garantieren, dass dein Vater dich und deine Mutter nicht von einem Tag auf den anderen sitzen lässt? Dass deine Mutter einen Job bekommt, der angemessen bezahlt wird? Oder dass nicht ständig irgendwelche Leute mit geringerer Qualifikation vorgezogen werden, nur weil sie weiß sind? Ich glaube kaum!" Nötig gewesen wäre diese Eindeutigkeit nicht, ist doch schon früh klar, dass Kai nicht der herzlose Proll ist, für den ihn alle halten.
Abgesehen von der Gesellschaftskritik, die "Was Wanda will" vermittelt, ist der Roman eine spannende Einbruchsgeschichte, die durch diverse Pleiten und Pannen sehr unterhaltsam wird. Denn beim Pläneschmieden ist es ja wie sonst im Leben: Nichts läuft immer genau so, wie man sich das gedacht hat.
Lena Hach: "Was Wanda will". Roman.
Verlag Mixtvision, München 2023. 192 S., geb, 16,- Euro. Ab 11 J.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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