Bachelorarbeit aus dem Jahr 2020 im Fachbereich Theaterwissenschaft, Tanz, Note: 1,7, Ruhr-Universität Bochum (Theaterwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Das Motiv der unschuldigen, tugendhaften Tochter, die am Ende ihr Leben zur Einhaltung der bürgerlichen Konventionen lassen muss, wird von Lessing jedoch nicht nur auf Sara Sampson beschränkt: Mit Emilia Galotti entsteht ein weiteres bürgerliches Trauerspiel, welches durch den Tod eines Mädchens zwecks Rettung ihrer Tugend bei den Zuschauenden Mitleid auslösen und eine sittliche Besserung erzielen soll. Und Lessing ist nicht der einzige, der zu diesem Mittel greift: Große Ähnlichkeiten zu Sara und Emilia weist Schillers Luise in Kabale und Liebe auf. Zwar geht es hier – im Gegensatz zu den beiden Stücken von Lessing – um eine standesübergreifende Liebesbeziehung, welche jedoch auch aufgrund der Tugendhaftigkeit Luises scheitert und in den Tod der Liebenden mündet. Doch treten diese drei weiblichen Figuren immerzu tugendhaft auf? Und darf ein Mädchen, dass den damals vorherrschenden Normen einer bürgerlichen, von allen Lastern freien Frau entspricht, überhaupt auf einer Bühne des 18. Jahrhunderts erscheinen? Um diesen Fragen nachzugehen erscheint es sinnvoll, neben einer genaueren Beleuchtung der drei Protagonistinnen einen genaueren Blick auf die theatrale Operation des Auftritts zu werfen und einen Bezug zwischen ebendiesem und dem Auftreten in der damaligen Gesellschaft herzustellen. Auch kommt in den drei zu betrachtenden Dramen nicht nur das Bild der tugendhaften Frau, sondern scheinbar auch das genaue Gegenteil auf: Die Figuren Marwood, Orsina und Lady Milford verkörpern die jeweils eifersüchtigen, ehemals geliebten Nebenbuhlerinnen von Sara, Emilia und Luise. Erzielt das Auftreten dieser Negativ-Beispiele somit eine abschreckende Wirkung, die das Mitgefühl der Zuschauenden für die tugendhaften Mädchen verstärkt? „Die bewährte Tugend muß Gott der Welt lange zum Beispiele lassen, und nur die schwache Tugend, die allzu vielen Prüfungen vielleicht unterliegen würde, hebt er plötzlich aus den gefährlichen Schranken.“ - Dies sind einige der letzten Worte, die Sara Sampson vor ihrem Tod spricht und mit denen sie auf eine wichtige, vor allem von den Frauen im 18. Jahrhundert geforderte Eigenschaft hinweist: die Tugend. Diese steht für Lessing in unmittelbarem Zusammenhang mit dem „Mitleiden“ - der für ihn wichtigsten Funktion des bürgerlichen Trauerspiels, welches er mit Miss Sara Sampson in Deutschland einführte.