Die lukanische Geburtsgeschichte ist weit mehr als eine Weihnachtsidylle. Sie bezieht kritisch Stellung zu den politischen Realitäten ihrer Zeit. Um dies aufzuweisen, bezieht sich die vorliegende Arbeit auf den politischen Zeitkontext der frühen römischen Kaiserzeit. Methodisch folgt sie einem rezeptionsgeschichtlichen Ansatz, der das Augenmerk auf die zeitgeschichtlichen Bedingungen und Möglichkeiten des Verstehens richtet. Erkennbar werden spezifische formale und inhaltliche Bezüge der Geburtsgeschichte zur Konzeption des Goldenen Zeitalters. Mit dieser utopische Züge tragenden Konzeption preisen römische Literaten die Segnungen der Herrschaft des Augustus für das Imperium Romanum. Die Vorstellung erfährt als politisches Zeichensystem weite Verbreitung und wirkt über die unmittelbare Zeit des Augustus hinaus herrschaftsstabilisierend. Textvergleiche zeigen, wie Lukas auf zentrale Formen und Themen des Goldenen Zeitalters Bezug nimmt und dieses gleichzeitig durch seine eigene Konzeption der Gottesherrschaft im neugeborenen Messias Jesus grundlegend in Frage stellt. Es schließt sich die Frage nach Konsequenzen für die Einschätzung der politischen Haltung, die aus dem lukanischen Doppelwerk erkennbar wird, an. Mit der Einsicht in die kritische Position des Lukas gegenüber dem römischen Imperium wird die vorherrschende Forschungsmeinung revidiert. - Ein umfangreicher Anhang bietet die antiken Quellentexte zum Goldenen Zeitalter aus der frühen römischen Kaiserzeit und stellt so die Textbasis für weiteres religionsgeschichtliches Arbeiten zur Verfügung.
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