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Eigentlich fängt alles ganz harmlos an: Fünf Jugendliche fahren in ein Haus auf dem Land, um dort fürs Abi zu lernen. Auf dem Weg nehmen sie einen jungen Anhalter mit, der ihnen schon bald auf die Nerven geht. Kurzerhand lassen sie ihn an der nächsten Tankstelle stehen, seine Tasche werfen sie später einfach aus dem Fenster. Ein verhängnisvoller Fehler. Denn am nächsten Morgen steht der Anhalter plötzlich vor ihrer Tür - in Begleitung zweier junger Männer. Sie dringen ins Haus ein und fangen an, die Jugendlichen zu tyrannisieren. Ein perfides Spiel um Macht, Gewalt und Angst beginnt ...

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Produktbeschreibung
Eigentlich fängt alles ganz harmlos an: Fünf Jugendliche fahren in ein Haus auf dem Land, um dort fürs Abi zu lernen. Auf dem Weg nehmen sie einen jungen Anhalter mit, der ihnen schon bald auf die Nerven geht. Kurzerhand lassen sie ihn an der nächsten Tankstelle stehen, seine Tasche werfen sie später einfach aus dem Fenster. Ein verhängnisvoller Fehler. Denn am nächsten Morgen steht der Anhalter plötzlich vor ihrer Tür - in Begleitung zweier junger Männer. Sie dringen ins Haus ein und fangen an, die Jugendlichen zu tyrannisieren. Ein perfides Spiel um Macht, Gewalt und Angst beginnt ...

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Autorenporträt
Martin Muser ist freier Autor, Dramaturg und Dozent und lebt in Berlin. Neben Drehbüchern für das deutsche Fernsehen schreibt er besonders gerne Kinderbücher. Bei Carlsen erschien 2018 sein hochgelobtes Debüt »Kannawoniwasein - Manchmal muss man einfach verduften«, für das er mehrere Auszeichnungen bekam.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Kathrin Hörnlein ist Zeit-Redakteurin und zugleich Vorsitzende des Luchs-Preises, der diesen Roman zum besten Jugendbuch des vergangenen Jahres auszeichnete. Insofern ist es wenig überraschend, dass sie ihren Besuch beim Autor in Kreuzberg mit einer lobenden Besprechung flankiert. Erst jenseits der fünfzig avancierte der Ex-taz-Redakteur und Drehbuchschreiber zum Kinderbuchautor. Mit "Weil" liegt inzwischen sein zweiter Roman vor - und der hat es in sich, versichert die Kritikerin. Erzählt wird die Geschichte von fünf Jugendlichen, die im idyllischen Ferienhaus auf dem Land fürs Abi lernen wollen, nach einer wenig rühmlichen Begegnung mit einem Anhalter aber bald von plötzlich auftauchenden Schlägertypen zu einem sadistischen Spiel gezwungen werden, das mit einem zertrümmerten Knie und Waffengewalt lange nicht endet. Er habe die "Angst vor dem radikal Bösen" beschreiben wollen, erläutert Muser der Kritikerin im Gespräch. "Genau das richtige Buch für diese Zeit", zitiert Hörnlein die Luchs-Jury.

© Perlentaucher Medien GmbH
""Weil" ist ein spannender und gedankenanregender Roman über Macht, Gewalt und Moral. Ein beklemmendes Kammerspiel, das an eingefahrenen Denkmustern rüttelt und uns immer wieder mti der Frage konfrontiert: "Was würde ich tun?"" Anne Simon Solinger Tageblatt 20230720

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.08.2023

Vom Ursprung der Gewalt
Warum quälen Menschen einander? Martin Musers Jugendroman „WEIL.“ ist ein Psychothriller über Ethik und Moral
Schon das Cover ist ein Hingucker: „WEIL.“ steht da in blutroten, glänzenden Großbuchstaben, dahinter ein Punkt. Der wird wichtig werden. Aber zuerst einmal erinnern die drei mal drei Kästchen an Objektträger, wie sie unters Mikroskop gelegt werden, um etwas genau zu untersuchen. Tatsächlich ist der erste Jugendroman von Martin Muser eine Versuchsanordnung, eine Denk-Konstruktion, die das „Warum?“-Spiel aus Kindertagen zum unerbittlichen Lehrstück über moralphilosophische und gesellschaftspolitische Fragen zuspitzt: Warum? Darum. Warum? Weil.
Neun Personen treten auf: die Schulfreunde Esther, Manuel, Selin, Knut, Philipp, außerdem Liam, den die Clique ein Stück im Auto mitnimmt und darum „den Anhalter“ nennt, später dessen älterer Bruder Henk mit Kumpel Arne, und Herr Hanika, ein Nachbar und pensionierter Musiker mitsamt seinem Hund Telemann. Die Clique ist unterwegs ins Wochenendhaus von Esthers Eltern. Sie wollen dort fürs Ethik-Abi lernen. Dass daraus ein unerbittlicher Praxistest auf graue Theorie werden könnte, ahnen sie nicht, erst recht nicht, wie katastrophal das Ganze endet.
Weil Liam nervt, lassen Esther und die anderen ihn an der nächstbesten Tankstelle stehen, seine Tasche werfen sie aus dem Fenster, später baden sie im See, reden, rauchen, lachen – was man eben so macht, wenn man jung und unbeschwert ist. Bis am nächsten Morgen an die Tür gehämmert wird. Bis Henk, Arne und im Schlepptau Liam die Tasche zurückfordern. „Wir haben jetzt ein Problem“, sagt Henk. „Ein ethisches. Aber das ist ja genau euer Ding.“
Die Drei dringen ins Haus ein, sie stören, verstören die Jugendlichen. Deren Versuch, sich freizukaufen, scheitert, sie werden gequält und zu Tode geängstigt: Henk hat ein Gewehr dabei. Je bedrohlicher die Situation wird, je systematischer und grausamer der Terror, desto mehr zerlegt es die Gruppe in Einzelkämpfer. Die zeigen unter Hochdruck ihr wahres, oder vorsichtiger, ihr auch mögliches Gesicht.
Martin Muser, bisher als Autor von Drehbüchern und Kinderromanen („Kannawoniwasein“) in der Tradition von Erich Kästner bekannt, entwickelt seine knappe Erzählung konsequent, treibt sie dialogstark und mit schnellen Perspektivwechseln konzentriert voran, beobachtet und seziert, was passiert. Die Figuren wissen nicht, wie ihnen geschieht und warum. Weil sie sich als Teil einer Versuchsanordnung lesen lassen, agieren sie verschiedene Verhaltensmuster aus: Sie sind vernünftig, mutig, angepasst, feige, sie begehren auf, knicken ein, fallen um. Manuel vermittelt, Philipp will Hilfe holen, Esther versucht zu fliehen, Selin wehrt sich, der alte Hanika schaut aus sicherer Entfernung weg und verweigert jede Unterstützung. Er ist der typische Mitläufer. Weil ihn die Jugendlichen geärgert haben? Warum? Darum. Warum? Weil.
Gewalt und deren Entstehung, Mechanismen, Folgen erzählend zu durchdringen, hat eine lange Tradition. Romane wie „Herr der Fliegen“ von William Golding oder „NICHTS“ von Janne Teller haben beleuchtet, wie (junge) Menschen in Extremsituationen reagieren. Der Drehbuchautor Martin Muser bezieht sich auf Film-Vorbilder, das zeigen zwei Zitate zu Beginn seines Buches. Einer davon ist „Funny Games“ des österreichischen Regisseurs Michael Haneke aus dem Jahr 1997. Als Horrorfilm, Psychothriller, Medienkritik oder Gewaltorgie rezipiert, war er hoch umstritten. Auch „WEIL.“ folgt dem Muster einer Eskalation. Aggressionen werden exzessiv ausgelebt, jedes Ringen um Lösungen scheitert, alternative Optionen gibt es nicht. Muser folgt der Fatalität der griechischen Tragödie, nur ohne Katharsis. Helden gibt es keine, Opfer- und Täterrollen verschwimmen, unschuldig ist hier niemand, aber jede Verhältnismäßigkeit aufgehoben: Tötungsphantasien, weil einer versetzt worden ist? Kaputte Kindheiten als Rechtfertigung?
Solche Gedanken und Fragen bleiben wie auf einer Bühne stehen und lassen sich anschauen. Sie erweisen sich als das, was sie sind: nutzlos. Kausalzusammenhänge ergeben sich immer erst aus der Rückschau. Sie sind dem Wunsch nach Erklärung, womöglich Schutz, geschuldet. Muser aber erzählt etwas anderes. Das Ergebnis seines Versuchs nimmt schon das Cover vorweg: Hinter „WEIL.“ steht ja kein Fragezeichen, kein Gedankenstrich, nichts, was Offenheit signalisiert. Der finale Punkt sagt: Es gibt keinen Grund, keine Begründung, es gibt nur das, was passiert. „Es gehört zu den Zumutungen des Buches, dass es am Ende keine Antwort gibt“, schreibt Muser im Nachwort.
Damit bricht der Autor nicht nur mit der jugendliterarischen Erzählkonvention, nach der am Ende einer Geschichte so etwas wie eine Perspektive stehen muss. In Zeiten, in denen ständig der gesellschaftliche Ausgleich gesucht wird, an Absprachen und Verabredungen gearbeitet wird – und dann trotzdem so etwas wie der russische Angriff auf die Ukraine passiert, hat eine solche Denk-Konstruktion politische Dimension.
„WEIL.“ ist ein radikaler Störenfried, weil das Buch ein alt bekanntes, aber immer wieder optimistisch in Frage gestelltes Menschenbild fortschreibt und die Konsequenzen unerbittlich aufzeigt: Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Ein Blick aufs Weltgeschehen, auf aktuelle Kriege oder in jüngster Zeit auf Kinder, die Kinder töten, beweist: Menschen können immer alles sein, gut und böse, Täter, Opfer, beides zugleich. Angst und Abgründe sind in allen. Und so ist die Lehre dieses Lehrstücks, dass es keine Lehre gibt. Dafür aber jede Menge Denkanstöße: Unbequem, dunkel, spannend machen sie Ambivalenzen sichtbar. Warum es Gewalt gibt? „WEIL.“.
CHRISTINE KNÖDLER
Menschen können immer
alles sein, gut und böse,
Täter, Opfer
Martin Muser, geboren 1965, ist mit der „Kannawoniwasein“-Kinderbuchreihe bekannt geworden. In „WEIL.“ geht es nun wesentlich düsterer zu. Foto: Mina Binder/IJB
Martin Muser: WEIL.. Carlsen, Hamburg 2023. 128 Seiten, 13 Euro.
Ab 14 Jahren.
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