Leni Behrendt nimmt längst den Rang eines Klassikers der Gegenwart ein. Mit großem Einfühlungsvermögen charakterisiert sie Land und Leute. Über allem steht die Liebe. Leni Behrendt entwickelt Frauenschicksale, wie sie eindrucksvoller nicht gestaltet werden können. Bimmelnd schlängelte sich die Kleinbahn die schmalen Schienen entlang, bis sie wieder eine der vielen Haltestellen erreicht hatte und mit grellem Pfiff und scharfem Ruck stehenblieb. Den beiden Reisenden blieb kaum Zeit auszusteigen, als das Bähnlein sich auch schon wieder prustend und stöhnend in Bewegung setzte. Es war stockdunkel; dazu regnete es in Strömen. »Albrecht, wo bist du?« ließ sich eine ängstliche Stimme vernehmen. »Man kann hier ja nicht die Hand vor den Augen sehen!« Eine Taschenlampe blitzte auf, ihr Schein traf eine weibliche Gestalt, die von einem Regenmantel verhüllt war. »Fürchtest du, daß ich heimlich still und leise verschwinden könnte?« kam es neckend zurück. »Komm nur und halte dich an meinem Rockzipfel fest. Ich kann dich nicht führen, da ich die Koffer tragen muß.« »Kann das nicht der Kutscher besorgen? Bring mich so lange in den Wartesaal.« »Den gibt es hier nicht, Kindchen. Eine Wellblechbude ist alles, was die Haltestelle an Unterschlupf zu bieten hat.« »Das ist ja entsetzlich! Albrecht, huh – ich trat eben auf etwas. Ich glaube, es war ein Tier!« »Natürlich! Es war sicherlich ein Wolf, wie sie bei uns hier oben frisch und frech herumlaufen«