Der Auftakt der Demi-Monde-Reihe ist durchwachsen-holprig. Keine ganz alltägliche Geschichte, obwohl die Grundidee nicht neu ist. Aus finanziellen Gründen geht die junge Ella darauf ein, die entführte Tochter des Präsidenten zu retten. Der Einsatz wird erschwert, weil Nora in eine andere Welt
gebracht wurde. Diese ist im Grunde genommen ein virtuelles Experiment der Regierung. Von Wissenschaftlern…mehrDer Auftakt der Demi-Monde-Reihe ist durchwachsen-holprig. Keine ganz alltägliche Geschichte, obwohl die Grundidee nicht neu ist. Aus finanziellen Gründen geht die junge Ella darauf ein, die entführte Tochter des Präsidenten zu retten. Der Einsatz wird erschwert, weil Nora in eine andere Welt gebracht wurde. Diese ist im Grunde genommen ein virtuelles Experiment der Regierung. Von Wissenschaftlern geschaffen, um Soldaten möglichst realistisch auf kriegerische Ernstfälle vorzubereiten. Zeit und Raum sind ausgehebelt.
Das Glossar im Buch deutet durch seinen Umfang an, dass Demi Monde vielschichtig sein muss. Gleich von Anfang an wird man dann auch im Roman mit Informationen überschwemmt. Das ist notwendig, um Zusammenhänge zu begreifen und im Grund entsteht so eine dichte, düster-bedrohliche Atmosphäre. Doch die Informationsfülle war mir zu viel, weshalb ich immer wieder unterbrechen musste. Das Nachlesen nicht erklärter Begriffe im Glossar gestaltete sich umständlich. Wortspielereien (HimPerialismus, etc.) störten mich zunehmend. Hinzu kommt: Wenn ich davon ausgehe, dass ein virtuelles Wesen in der virtuellen Welt des 19. Jahrhunderts lebt, muss ich auch davon ausgehen, dass es nicht mit Begriffen aus der neueren Zeit um sich wirft, weil es sie gar nicht kennen kann. Oder nehmen wir die Wissenschaftler. Sie konzipieren Demi Monde und bauen sogar einen Schutzmechanismus ein. Allerdings einen, der die Rassisten rot sehen lässt? Und während Ella, die im realen Leben eigentlich nur eine Sängerin ist, einiges bewirken kann, müssen die genialen Wissenschaftler tatenlos zusehen?
Rees beschreibt mehrere Erzählstränge aus verschiedenen Perspektiven und mit diversen Erzählern. So entsteht eine erschreckend-bedrohliche Welt. Doch der ständige Wechsel ließ lange keinen rechten Lesefluss aufkommen. Erst nach etwa 150 Seiten steigerten sich Tempo und Spannung. Dabei wirkt Ella zwar clever, doch zu perfekt. Wie soll sich jemand weiterentwickeln, der bereits so ist? Neben ihr gibt es noch andere Charaktere, die mehr oder weniger sympathisch, jedoch überzeugender als Ella wirken und auch tatsächlich eine Entwicklung durchlaufen. Sie polarisieren mit ihren Grundsätzen, doch wirklich überzeugt hat mich keine der Figuren.
Wenn man davon einmal absieht, teilt sich Rees‘ virtuelle Welt verschiedene Bereiche, wovon einer stark an das Dritte Reich erinnert. Wie in der realen Welt sind die Bewohner von Demi Monde unterschiedlicher ethnischer, religiöser oder politischer Herkunft, womit Konflikte vorprogrammiert sind. Sie sind teils die gespiegelten Existenzen realer Menschen und können in beiden Welten sterben. Gleichzeitig gibt es in Demi Monde Diktatoren und Machthaber, die in der Realität bereits tot sind. Die virtuelle Welt ist so hoch entwickelt, dass sie sich zu verselbstständigen droht.
Die Beschreibung der virtuellen Welt mit den machtpolitischen Bestrebungen der unterschiedlichen Gruppierungen ist gelungen. Auch weil der Autor auf historische Ereignisse und Personen Bezug nimmt und so vor Augen führt, zu welchem Wahnsinn Menschen fähig sind. Gewalt spielt in dem Buch eine große Rolle. Flucht ebenso. Demi Monde steckt voller Fanatiker und Rassisten aber auch Sexisten, denen jedoch erfreulicherweise auch menschliche Werte gegenüberstehen.
Wie in vielen anderen Reihen auch werden Fragen aufgeworfen, ohne dass alle beantwortet werden. Die Mission ist nicht in sich abgeschlossen, sodass bereits jetzt absehbar ist, dass das Lesen der einzelnen Bände in der Reihenfolge der Erscheinung notwendig ist. Obwohl mir nicht durchweg alles logisch erschien und mich keiner der Charaktere überzeugt hat, bin ich neugierig auf den Fortgang der Geschichte. Insgesamt möchte ich der Geschichte allerdings nur schwache drei von fünf Punkten geben, da mich die Umsetzung der an sich spannenden Grundidee nicht richtig überzeugen konnte.
2013 Antje Jürgens (AJ)