Rom war einer der ganz großen Gewinner der Renaissance: Zu Beginn des 15. Jahrhunderts hatte die Stadt kaum 20000 Einwohner, weite Teile der antiken Siedlungsfläche lag in Ruinen und wurde auch nicht mehr bewohnt. Nur die Päpste (und deren gab es damals bis zu drei gleichzeitig) hielten Rom die
Treue und sie waren es auch, die die „Wiedergeburt“ bald einleiten sollten.
Nachdem er bereits ein…mehrRom war einer der ganz großen Gewinner der Renaissance: Zu Beginn des 15. Jahrhunderts hatte die Stadt kaum 20000 Einwohner, weite Teile der antiken Siedlungsfläche lag in Ruinen und wurde auch nicht mehr bewohnt. Nur die Päpste (und deren gab es damals bis zu drei gleichzeitig) hielten Rom die Treue und sie waren es auch, die die „Wiedergeburt“ bald einleiten sollten.
Nachdem er bereits ein Buch über die Renaissance in Florenz verfasst hat, widmet sich Tobias Roth diesmal der „zweiten Generation“, indem er die Entwicklung in Rom darstellt. Seine Methode ist ziemlich einmalig, indem er nicht nur die (kultur)geschichtlichen Fakten inhaltlich aufarbeitet, sondern nach jedem Kapitel einen oder zwei Originaltexte beisteuert, die einen direkten Bezug haben. Das können Schlüsseltexte zur Wiederentdeckung der antiken Kultur in Rom sein oder auch Tagebücher und Briefe von Reisenden und Gesandten, die ihr Entsetzen oder auch ihre Bewunderung zum Ausdruck bringen. Roth übersetzt die Quellen alle neu, angepasst an heutige Sprachgewohnheiten, sehr lebendig und ganz ohne historischen Staub. Ich war mehr als einmal überrascht, wie persönlich und für Menschen der Gegenwart nachvollziehbar die Autoren damals schrieben, so als wären 500 Jahre Distanz ohne Bedeutung. Aber dass ihre Gefühle und Gedanken den unseren so ähnlich sind, liegt nicht zuletzt daran, dass unsere heutige Gesellschaft auf den Werten dieser Humanisten gründet.
Wie schon in „Florenz“ hat mich sehr beeindruckt, mit welcher Eleganz Tobias Roth Fakten aufbereitet. Seine historischen Abrisse sind von einer Informationsdichte, die einen erschlagen könnte, wenn sie nicht so raffiniert komponiert wären. Ein guter Krimiautor kann eine Person in drei Zeilen charakterisieren und der Leser hat sofort einen lebendigen Menschen vor Augen. Tobias Roth macht das ähnlich. Er verbindet die großen geschichtlichen Linien und Entwicklungen mit interessanten, oft anekdotenhaften Ereignissen, die die jeweiligen Protagonisten lebendig werden lassen. Diese Schlüsselpersonen tauchen auch in der Folge immer wieder auf, indem sie zu Ankerpunkten für neue Personen werden. So entsteht das Bild eines endlosen Netzwerks, in dem alle mit allen irgendwie verbunden sind. Dass Tobias Roth gleichzeitig ein brillanter Stilist ist, mit einem Faible für „schöne Sprache“, ohne dass er jemals auch nur andeutungsweise akademisch verkopft klingt, ist ein angenehmer Nebeneffekt.
„Rom“ wird in diesem Buch zu einem brodelnden Energiezentrum, in dem sich viele herausragende Persönlichkeiten zu einem gemeinsamen Ziel versammeln: Die Ewige Stadt wieder zu dem zu machen, was sie einmal war. Kunst und Wissenschaften blühen, aber auch der Nepotismus, Ämterkauf und Korruption. In dieser unübersichtlichen Gemengelage schafft Tobias Roth den Durchblick. Aufgeräumt, sprachgewandt und mit einem überbordenden Detailwissen gesegnet. So lebendig kann Geschichte sein.
(Das Buch wurde mir vom Verlag kostenfrei zur Verfügung gestellt. Auf meine Rezension wurde kein Einfluss genommen, der Inhalt stellt meine persönliche Meinung dar.)