Die drei Erzählungen der Autorin handeln von Männern, die gestrandet sind. Nicht wortwörtlich, sondern viel mehr metaphorisch, gestrandet in ihrem Leben, dass sie nicht mehr begreifen, dessen Herr sie nicht mehr sind. Sie sehen sich zwischen ihren Ehefrauen und Kindern, ihren Berufen und Freunden
und suchen ihren Platz, obgleich sie alle nicht mehr jung sind. Ihre eigene Männlichkeit stellen sie…mehrDie drei Erzählungen der Autorin handeln von Männern, die gestrandet sind. Nicht wortwörtlich, sondern viel mehr metaphorisch, gestrandet in ihrem Leben, dass sie nicht mehr begreifen, dessen Herr sie nicht mehr sind. Sie sehen sich zwischen ihren Ehefrauen und Kindern, ihren Berufen und Freunden und suchen ihren Platz, obgleich sie alle nicht mehr jung sind. Ihre eigene Männlichkeit stellen sie infrage, indem sie ihre Welt infrage stellen.
Der Ehemann, der eine geradezu kafkaeske Verwandlung mitmacht und sich selbst nicht mehr erkennt. Er zweifelt an sich und überträgt diesen Zweifel auf seine Ehefrau, die er nicht verstehen kann, weil sie seiner Welt so fremd scheint. Erst ihre Dominanz kann ihm sein Selbst, seine Männlichkeit wiedererkennen lassen und ihn nicht nur zu sich selbst, sondern auch zu ihr zurückführen. Oder der Vater, dessen engelgleicher Sohn verschwunden ist, und der in sich ein schuldvolles Geheimnis trägt. Weil er den „verweichlichten“ Jungen zum Mann machen wollte, ihn retten wollte und dessen Selbst nicht in sein Bild vom Mannsein einordnen konnte, tut er etwas, was selbst ungesagt bleibt und dessen Schrecklichkeit nur erahnt werden kann. Erst die Frage nach der eigenen Position in dieser Männlichkeitsdebatte lässt ihn seinen Fehler einsehen – zu spät zwar, aber erkennbar. Und der Suchende, der ewig sich selbst und seinen Platz sucht, der weder wirklich Ehemann sein kann, noch Vater, und es auch nicht will. Zuletzt lebt er mit der Erinnerung seiner Fehler und allem, was hätte sein können, im Wissen, was er verloren hat.
Die dritte Geschichte finde ich persönlich am Schwächsten. In der Ich-Perspektive geschrieben entsteht für mich wenig Identifikationsfläche und die Erzählerfigur verblasst. Auch die Handlung selbst finde ich weniger stark, als die vorangegangenen. Die erste Geschichte dagegen pendelt zwischen einer kühlen Beschreibung und einer lebhaften Liebesgeschichte, gerade so, dass Spannung erzeugt wird, aber keine erschlagende. Die Suche nach sich selbst, die erst im Finden des Anderen Erfolg hat, ist hier wundervoll erzählt, die dazugehörige Wandlung des Protagonisten und die stille Natürlichkeit der Frau ist beinahe schon an eine weibliche Naturmythologie geknüpft. Kultur gegen Natur, Kopf gegen Herz, ein scheinbarer Kampf, der doch so einfach zu lösen ist. Bewegend auch die zweite Geschichte, die des Vaters, dessen Sohn ihm zu wenig männlich vorkommt. Das dunkle Geheimnis wird in Wellen aufgedeckt und kreist mit wiederholenden Formeln durch die Geschichte.
Allen Erzählungen gleich ist dabei die Verknüpfung von eigenen Erlebnissen der Protagonisten und ihren Handlungen. Die Wiederholung der Taten der Väter beispielsweise, das Zugehörigkeitsgefühl zum Männerbund der Freunde, das über die Verbundenheit zur Frau hinaus geht. Und immer wieder die Suche nach dem eigenen Platz und das Erkennen, dass genormte Werte im Wandel stehen und alte Regeln nicht mehr gelten.
Etwas fragwürdig bleibt für mich, dass eine Autorin hier versucht, die Empfindungen von älteren Männern einzufangen und dabei am Rande des Klischees agiert. Der gelungene Stil und die tiefgreifenden Charaktere vertrösten darüber hinweg, dass die Figuren zu Beginn der Erzählungen sehr eindimensional sind und sich erst durch den Verlauf entfalten können. Vielleicht finde ich auch darum die letzte Geschichte am schwächsten. Der Ich-Erzähler ist bereits geläutet und steht quasi abseits seiner eigenen Fehler, was den Wandlungsgedanken in den Hintergrund setzt.
Ein interessantes Buch, dass die Suche nach der Männlichkeit zwar nicht mit neuen Motiven ergänzt, aber durch drei gelungene Erzählungen es schafft die Vielseitigkeit dieser Suche aufzugreifen.