Im Jahr 1891 hat die Welt wie wir sie bisher nicht kannten einen Weltenriss hinter sich, der die Kontinente auseinander riss und jedes Teil in ein anderes Zeitalter schleuderte. Einige Zeitalter gingen dabei verloren, so dass Regionen wie Südamerika, Kanada, Teile Russlands und die Arktis/Antarktis
nicht entdeckt werden konnten; denn die Entdecker wurden gar nicht erst geboren. Solch ein…mehrIm Jahr 1891 hat die Welt wie wir sie bisher nicht kannten einen Weltenriss hinter sich, der die Kontinente auseinander riss und jedes Teil in ein anderes Zeitalter schleuderte. Einige Zeitalter gingen dabei verloren, so dass Regionen wie Südamerika, Kanada, Teile Russlands und die Arktis/Antarktis nicht entdeckt werden konnten; denn die Entdecker wurden gar nicht erst geboren. Solch ein Zeitphänomen hätte z. B. dazu führen können, dass die Ostküste Nordamerikas nicht von Weißen besiedelt wird – aber dann wäre dieses Buch nicht geschrieben worden. Aktuell gibt es in der Neuwelt, die nach dem Weltenriss aus den Oststaaten der heutigen USA besteht, eine xenophobe Bewegung, die die Grenzen schließen und alle Fremden ausweisen lassen will. Die Abgrenzung des Landes soll dem Schutz vor Räuber- und Piratenbanden dienen. In einer Gemeinschaft, die schon immer Sklaven aus anderen Ländern kaufte und mit Fremden vertraut war, sind das sonderbare Ziele. Für Sophia, die Heldin der geplanten Trilogie, hätte die Abkapselung ihres Landes dramatische Folgen. Ihre Eltern sind auf einer Forschungsreise verschollen und sie ist sich nicht sicher, ob sie Ausweispapiere und die vorgeschriebene Lebensuhr besitzen. Sollten ihre Eltern überlebt haben, wäre ihnen die Rückkehr verwehrt. Später im Buch wird klar, dass der Zeitenriss an den Küsten und in den Häfen viele Arbeitsplätze vernichtet hat, eine deutliche Parallele zu den ökologischen Problemen der Gegenwart.
Das Mädchen lebt in Boston bei seinem Onkel Shadrack. Shadrack arbeitet als Kartologe, Entdecker, Geschichtsschreiber und ist als berühmter Professor so in seine eigene Welt versponnen, dass Sophia ungestört ihren eigenen Interessen nachgehen kann. In der Neuwelt existieren Karten in den abenteuerlichsten Varianten, auf Glas, Holz, Ton, Seife und auf Gemüsezwiebeln. Zeit ist ebenso kartierbar wie die Erinnerungen der Menschen. Auch dynamische Karten existieren, in denen verschiedene Zeitalter miteinander verwoben wurden.
Sophia verfügt außer ihrer unstillbaren Neugier über die Eigenheit, dass sie kein Zeitgefühl besitzt. In einer für ihren Orientierungssinn und ihr Zeitgefühl berühmten Familie ist sie also eine krasse Außenseiterin, der keine große Entdecker-Karriere bevorsteht. Im Laufe der Handlung könnte sich herausstellen, dass eine vorgebliche Schwäche ebenso eine Stärke sein kann.
Als Shadrack entführt wird und seine wissenschaftlichen Unterlagen zerstört werden, macht sich Sophia auf der Suche nach ihrem Onkel auf ins Ungewisse, unterstützt von Theo. Der elternlose Theo hat als Kind bei Räubern gelebt, später beim Zirkus, verkörpert also genau das Fremde, vor dem die Neuwelt sich schützen will.
Mit dem Zeitphänomen verschwundener Zeitalter hat S. E. Grove eine fantastische, originelle Welt geschaffen mit einer alternativen Geschichtsschreibung. Sophia als früh erwachsen gewordene Außenseiterin eignet sich perfekt für die abenteuerliche Mission in einer phantastischen Welt, ihre Persönlichkeit ist in der Jugendliteratur jedoch nicht sonderlich neu. Das Zeitphänomen finde ich für eine Zielgruppe ab 12 sehr komplex, für diese Altersgruppe fehlt dem Buch m. A. eine klare Spannungskurve, die auch Leser mit wenig Leseerfahrung in das Buch hineinziehen kann. Grove zeigt sich hier nicht als ausgesprochene Jugendbuchautorin, sondern phantastische Stoffe scheinen sich auf dem Young Adult-Buchmarkt einfacher vermarkten zu lassen. Verlag und Autor müssen dann weniger auf eine zielgruppengerechte Sprache achten (z. B. keine Satzkonstruktionen mit 6 Nebensätzen, keine exaltierten Ausdrücke). Der deutsche Text hätte passend zur Zeit der Handlung gern auf Modernismen und Anglizismen verzichten können, die im 18. Jahrhundert nicht üblich waren.
Eine originelle Idee, eine anfangs noch farblose Heldin und ein für die jugendliche Zielgruppe zu wenig spannender Plot.