Bei uns sind Sie in guten Händen....
Schon seit Tagen nimmt ein übler Geruch allen Hausbewohner:innen den Atem, aber niemand kümmert sich darum. Lina geht auf die Barrikaden, doch jede Hilfe kommt zu spät. Was anfänglich nach einer natürlichen Todesursache aussieht, entpuppt sich beim nähren
Hinsehen als ein Fall für Brodbecker und Meister. Die beiden Ermittlenden stecken knietief in den Akten,…mehrBei uns sind Sie in guten Händen....
Schon seit Tagen nimmt ein übler Geruch allen Hausbewohner:innen den Atem, aber niemand kümmert sich darum. Lina geht auf die Barrikaden, doch jede Hilfe kommt zu spät. Was anfänglich nach einer natürlichen Todesursache aussieht, entpuppt sich beim nähren Hinsehen als ein Fall für Brodbecker und Meister. Die beiden Ermittlenden stecken knietief in den Akten, als ein entscheidender Hinweis kommt. Ein Pflegedienst soll zur Insulingabe bei der Seniorin gewesen sein. Als sich weitere Todesfälle ereignen, glaubt niemand mehr an einen Zufall....
Nicole Eick fasst mit "Wenn der Engel kommt" ein ganz heißes Eisen an und und nimmt die aktuelle Diskussion bezüglich Fachkräftemangel im Allgemeinen und Pflegenotstand im Besonderen zum Anlass, um daraus einen sozialkritischen Krimi zu stricken, der unter die Haut geht. Scheinbar zufällig begegnen sich Täter und Opfer, es entsteht eine gewisse Abhängigkeit und die unaufhaltsame Katastrophe nimmt ihren Lauf.
Die anhaltenden Perspektivenwechsel ermöglichen einen ungeahnt tiefen Einblick in die komplexe Handlung und sorgen für dauerhafte Spannung und Nervenkitzel. Die Schilderungen stimmen ganz schön nachdenklich und mittendrin Lina, die ich ganz zu Beginn des Buches in eine Schublade gesteckt habe, in die sie definitiv nicht gehört. Die Wandlung, die das Mädchen vollzieht, wird von der Schreibenden authentisch und nachvollziehbar beschrieben. Ich ziehe meinen Hut vor dem Mädchen, denn sie schafft es aus eigenem Antrieb, sich von dem Stigma der sozial Benachteiligten zu befreien und ihrer Zukunft eine neue Perspektive zu geben.
Die von Eick erdachte Handlung wirkt wie aus dem Alltag gegriffen und genau das zermürbt beim Lesen der Kapitel und macht tief betroffen. Unerbittlich und schonungslos tritt die Autorin die Gedankenwelt ihrer Charaktere ein und lässt aus den Gedanken Taten werden . Gerade in Bezug auf die Figur Kimmi ist eine subtile Bösartigkeit, Niedertracht und eine unterschwellige Bedrohung dauerpräsent und löst so eine grausame Faszination aus - es ist wie bei einem Unfall: Man will nicht hinschauen, tut es aber trotzdem unweigerlich. Und genauso ist es auch hier: Die Taten schockieren, die Kaltherzigkeit und Abgebrühtheit lässt das Blut in den Adern gefrieren und genau das wirkt zugleich verstörend, provokativ und jederzeit spannend.
Die beiden Ermittelnden sind ein gut eingespieltes Team, bekommen Zuwachs - und das im wahrsten Sinne des Wortes - und der ein oder andere liebevolle Seitenhieb tut der Freundschaft keinen Abbruch. Auch wenn einige traurige Sequenzen vorhanden ist, so verlieren Brodbecker und Meister nie das Wesentliche aus den Augen.
Die Handlungsstränge verflechten sich ineinander die wie die Strähnen eines Zopfes und ergeben zum Schluss ein sehr stimmiges, wenn auch unglaublich emotionales Gesamtbild. Wer ein erstklassig inszeniertes Rache-Epos lesen möchte, der ist mit diesem Buch bestens beraten.
Liebevolle Pflege im Alter soll keine leere Phrase sein und dieser Roman trägt dazu bei, auf die schwierige Pflegesituation aufmerksam zu machen, die Sichtweisen zu überdenken und zu ändern, Pflegenden und Gepflegten auf Augenhöhe zu begegnen und sich gegenseitig Respekt und Anerkennung zu zollen.