Das Leben in der modernen Welt verlangt zu viel: tägliche Anwesenheit am Arbeitsplatz, inklusive Engagement und freundlichem Gesicht, die Benutzung von Verkehrsmitteln und den Besuch von Supermärkten. Und dann auch noch das Privatleben. Unausweichlich kommt der Moment, in dem ein Mann nicht mehr weiterweiß - und ehe man sich's versieht, sind es statt einer sogar drei Frauen. Ach, wenn wir doch Tiere wären und die täglichen Zumutungen einfach übersehen könnten! Wilhelm Genazino erzählt ironisch, witzig und böse von einem Mann, der den Alltag nur ertragen kann, indem er das ordentliche Regelwerk durchbricht.
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.08.2013NEUE TASCHENBÜCHER
Brüste
sind schön
Wie könnte es bei Wilhelm Genazino anders sein? Das Leben ist auch dem Ich-Erzähler im jüngsten Roman wieder ein unverständliches Rätsel. Sicher ist für den Architekten, den die Frage ,Festanstellung oder Freiheit‘ beutelt, nur: Brüste sind schön. Er begehrt die von Freundin Maria, die von Karin, der Frau des verstorbenen Arbeitskollegen. Ja, im Grunde die jeder Frau: die „großen, schweren“ der Marktverkäuferinnen, „die auf- und abwippenden“ der Radlerinnen.
Gegen die stetig anwachsende „innere Bodenlosigkeit“ verspricht Halt lediglich der Instinkt – eine leere Versprechung. Menschen sind zwar Mängelwesen, aber keine Tiere. Das weiß natürlich auch der beschädigte Erzähler: „Wieder sehnte ich mich nach einer Lebenseinfalt, die es nicht gab.“ Die ist der Ente vorbehalten, die mitten in der Stadt auf nur einem Fuß seelenruhig schläft. Ihr Anblick und die daraus resultierende Phantasie, selbst ein Tier zu sein, beschert einen Moment des Glücks im „Verwurstungsbetrieb des Lebens“. Wie sangen einst die Comedian Harmonists: „Ich wollt’, ich wär’ ein Huhn (...) ich brauchte nie mehr ins Büro, ich wäre dämlich, aber froh“.
FLORIAN WELLE
Wilhelm Genazino: Wenn wir Tiere wären.
dtv, München 2013.
160 S., 8,90 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Brüste
sind schön
Wie könnte es bei Wilhelm Genazino anders sein? Das Leben ist auch dem Ich-Erzähler im jüngsten Roman wieder ein unverständliches Rätsel. Sicher ist für den Architekten, den die Frage ,Festanstellung oder Freiheit‘ beutelt, nur: Brüste sind schön. Er begehrt die von Freundin Maria, die von Karin, der Frau des verstorbenen Arbeitskollegen. Ja, im Grunde die jeder Frau: die „großen, schweren“ der Marktverkäuferinnen, „die auf- und abwippenden“ der Radlerinnen.
Gegen die stetig anwachsende „innere Bodenlosigkeit“ verspricht Halt lediglich der Instinkt – eine leere Versprechung. Menschen sind zwar Mängelwesen, aber keine Tiere. Das weiß natürlich auch der beschädigte Erzähler: „Wieder sehnte ich mich nach einer Lebenseinfalt, die es nicht gab.“ Die ist der Ente vorbehalten, die mitten in der Stadt auf nur einem Fuß seelenruhig schläft. Ihr Anblick und die daraus resultierende Phantasie, selbst ein Tier zu sein, beschert einen Moment des Glücks im „Verwurstungsbetrieb des Lebens“. Wie sangen einst die Comedian Harmonists: „Ich wollt’, ich wär’ ein Huhn (...) ich brauchte nie mehr ins Büro, ich wäre dämlich, aber froh“.
FLORIAN WELLE
Wilhelm Genazino: Wenn wir Tiere wären.
dtv, München 2013.
160 S., 8,90 Euro.
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