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Hass auf die Welt und den Sonntagsausgehwalkjanker: Harald Darers Debütroman beschreibt jemanden, der im glücklichen Österreich ganz unglücklich ist.
Eine Kindheit auf dem Land in Österreich, in der Steiermark. Bauernhofkind, dann mit etwa zehn Jahren von der Mutter auf Betreiben des Pfarrers ins Heim gegeben, und zwar nicht bloß in die Nachbarstadt, nein, gleich über den Semmering hinaus, nach Wien. Ganz zufrieden mit der neuen Situation gewesen, erst Lehrling bei der Bundesbahn, dann Fahrer der Straßenbahn - Tramway oder Bim, wie man hier sagt - geworden. Und jetzt, nach einem ziemlich schlimmen Verkehrsunfall, ausgelöst durch menschliches Versagen, wie es heißt, daheim sitzen und auf eine Entscheidung der Behörden warten. Nur der Hund bleibt zum Reden. Menschliche Kontakte? Fehlanzeige!
Das sind so ungefähr die Eckdaten im Leben von Norbert, Herrn Norbert, wie ihn Harald Darer nennt und damit gleich ein bisschen auf Distanz hält. Darers Debütroman "Wer mit Hunden schläft" besticht vom ersten Satz an durch seine eigenwillige lakonische Schreibweise. Ein wenig erinnert Darer damit an Albert Drach und dessen Protokollstil. "Wie jeden Freitag sitzt der Herr Norbert bei seiner vom Gericht verordneten Therapiesitzung im kleinen Therapieraum der ihm zugewiesenen Männerberatungsstelle auf dem abgewetzten Drehsessel." Aber anstatt mit seinem Therapeuten zu reden, erzählt er alles dem Kreisky. Das ist sein Hund, benannt nach dem mittlerweile geradezu legendären österreichischen Bundeskanzler Bruno Kreisky. Oft beendet er eine Schilderung mit den Worten "Wirklich wahr" oder auch mit der wohl an die gesamte Menschheit gerichteten Aufforderung, sich geschlossen auf die Toilette zu verziehen. Nett ist das nicht.
Aber man kann ihn verstehen. Das Landleben oder gar das im Kinderheim, mutmaßlich in den siebziger und achtziger Jahren, war, zumal für uneheliche Kinder, alles andere als idyllisch. Auch in Wien, Graz, Innsbruck und so fort tauchen in jüngster Zeit immer neue Vorwürfe auf, untersuchen Kommissionen Missbrauchsfälle, die noch nicht alle verjährt sein dürften. Nichts wirklich Strafbares schildert Harald Darer, nur den deprimierenden Alltag und eine Stimmung, die letztlich die wirklich schlimmen Fälle gleichmütig hingenommen, wenn nicht gar begünstigt hat: Grausamkeiten der Väter und Erzieher, die sich im Tierequälen durch die Kinder fortsetzen, lockerer Umgang mit dem Beichtgeheimnis beim Frühschoppen nach der Messe bis hin zu erzwungenen Abtreibungen.
Harald Darer, 1975 in Mürzzuschlag, einer kleinen Industriestadt in der Obersteiermark, geboren, schreibt konsequent leidenschaftslos, schildert bisweilen witzig-sarkastisch all diese Widrigkeiten und Zumutungen (den Sonntagsausgehwalkjanker in Hellblau, den Norbert hasst), beschönigt nicht die kleinen und auch großen Fehler seines Protagonisten. Sympathisch ist der nicht, aber man darf mit ihm mitfühlen. Und man kann dieses Buch lesen, wirklich wahr.
MARTIN LHOTZKY
Harald Darer: "Wer mit Hunden schläft". Roman.
Picus Verlag, Wien 2013. 223 S., geb., 19,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
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